Rot-grüne Mehrheit im Bundesrat: Gabriel will Herdprämie stoppen
„Nichts ist in der Politik endgültig abgeschlossen“, weiß Sigmar Gabriel – und hat nach dem rot-grünen Wahlsieg in Niedersachsen dem Betreuungsgeld erneut den Kampf angesagt.
BERLIN dpa/dapd | Nach dem Wahlerfolg in Niedersachsen hat der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erbitterten Widerstand gegen das von der Bundesregierung beschlossene Betreuungsgeld angekündigt. Seine Partei werde „alles unternehmen, um dieses irrsinnige Betreuungsgeld zu verhindern“, sagte Gabriel am Montagabend im ZDF-heute-journal. Aus den Reihen der Linkspartei kommt die Mahnung, nur mit ihrer Unterstützung sei eine Mehrheit gegen Schwarz-Gelb im Bundesrat möglich.
SPD und Grüne hatten bereits vor der Niedersachsen-Wahl angekündigt, bei einem Wahlsieg Initiativen zu starten, um das Betreuungsgeld zu stoppen. Beide Parteien wollen nun mit der neuen Mehrheit in der Länderkammer mit eigenen Gesetzesinitiativen den Druck auf die Regierung erhöhen. Bei der Wahl in Niedersachsen erzielte Rot-Grün am Sonntag einen hauchdünnen Vorsprung von einem Landtagsmandat.
Gabriel betonte, es gehe darum, zwei Milliarden Euro dort „reinzugeben, wo wir den größten Bedarf haben, beim Ausbau der Kindertagesstätten und Ganztagsschulen“. Auch das Steuerabkommen mit der Schweiz werde die SPD weiterhin ablehnen.
Der SPD-Vorsitzende betonte, das Betreuungsgeld sei noch längst nicht durch. Dabei hatte das Gesetz Mitte Dezember im Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde genommen. „Nichts ist in der Politik endgültig abgeschlossen“, sagte Gabriel.
Ab August sollen Eltern auf Betreiben der CSU Geld erhalten, die für ihre Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr keinen Kita-Platz oder eine staatlich bezahlte Tagesmutter in Anspruch nehmen. Vorgesehen ist ein Betreuungsgeld von zunächst 100 Euro, später 150 Euro im Monat.
Mindestlohn-Initiative
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier kündigte darüber hinaus auch eine Initiative zur Einführung eines Mindestlohns an. „Wir werden unsere Mehrheit im Bundesrat nutzen, um wichtige Themen zu transportieren, während die Kanzlerin versucht, die Menschen einzulullen.“, sagte Steinmeier der Passauer Neuen Presse am Dienstag.
Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke) warnt SPD und Grüne davor, im Bundesrat über die Wünsche der Linkspartei hinwegzugehen. „Es gibt eine rot-grün-rote Gestaltungsmehrheit“, sagte Markov der Süddeutschen Zeitung am Dienstag. Für eine Mehrheit seien aber auch die vier Stimmen Brandenburgs erforderlich, das von einer Koalition aus SPD und Linkspartei regiert wird. Die Linke wolle nicht nur beim Mindestlohn, sondern auch bei den Themen Spitzensteuersatz, Ehegattensplitting und Erbschaftssteuer im Bundesrat vorankommen.
Von der Leyen: McAllister unverzichtbar
Trotz seiner Abwahl bleibt David McAllister nach Ansicht von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) für die Union unverzichtbar. Im ZDF-Morgenmagazin sagte die ebenfalls aus Niedersachsen kommende CDU-Politikerin am Dienstag über ihren Parteifreund: „Er ist ein wirklich brillanter Politiker, er ist eine unglaublich integrative Kraft, und wir brauchen ihn.“ McAllister müsse jetzt ein paar Tage über die knappe Wahlniederlage schlafen und dann entscheiden, wohin er gehen wolle.
McAllister hatte am Montag angekündigt, nicht den Fraktionsvorsitz im niedersächsischen Landtag übernehmen zu wollen. Er ließ offen, ob er einen Wechsel in die Bundespolitik anstrebt, den er vor der Wahl kategorisch ausgeschlossen hatte. Von der Leyen bescheinigte ihm, fantastisch gekämpft zu haben. „So eine Niederlage ist natürlich wahnsinnig bitter und geht an die Nieren", sagte sie. Niedersachsen wird künftig Rot-Grün regiert. SPD und Grüne haben im neuen Landtag aber nur ein Mandat mehr als Schwarz-Gelb.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“