Ronald Pofalla: In Merkels Maschinenraum
Ronald Pofalla ist im schwarz-gelben Kabinett der Mann fürs Grobe. Ihre Macht verdankt die Kanzlerin größtenteils ihm. Nun könnte Schluss sein.
Angela Merkel verdankt ihre Macht zu einem großen Teil einer Idee von Ronald Pofalla. Der hatte im Wahlkampf 2009 die sogenannte asymmetrische Demobilisierung angewandt, damals noch als CDU-Generalsekretär. Das Konzept besagt: Schläfere die Wähler des Gegners ein, indem du dessen Themen übernimmst und Polarisierung vermeidest. Damit ist Merkel bis heute sehr erfolgreich.
Pofalla, 54, geboren in Weeze, Nordrhein-Westfalen, ist seit 2009 Chef des Kanzleramts und Minister für besondere Aufgaben. Er ist dafür zuständig, die Nachrichtendienste zu koordinieren und ihr geheimes Wissen in die Regierung einzuspeisen.
Das ist der Grund, warum sich die Opposition in der Abhöraffäre derzeit so auf Pofalla einschießt. Wenn es gelingt, dem engen Vertrauten Merkels Fehler nachzuweisen, rückt die Affäre gefährlich nahe an die Kanzlerin heran.
Im Feuer stehen
Pofalla ist es durchaus gewohnt, im Feuer zu stehen, und er selbst ist auch nicht immer zimperlich. Geradezu legendär war sein Angriff auf einen Parteifreund. Als der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach 2011 ankündigte, gegen den Ausbau des Eurorettungsfonds – damit gegen die Parteilinie – zu stimmen, beschimpfte Pofalla ihn unflätig („Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!“). Er entschuldigte sich zwar umgehend. Aber das Image des Mannes fürs Grobe blieb ihm erhalten – auch wenn er im kleinen Kreis ein angenehmer und nachdenklicher Gesprächspartner sein kann.
Kein leichter Job: Als Kanzleramtschef muss er ständig zwischen tief zerstrittenen Ministerien verhandeln und die Koalitionsparteien zu gemeinsamen Gesetzen bewegen, obwohl die sich gegenseitig als Gurkentruppe beschimpften.
Pofalla ist der Mann in Merkels Maschinenraum, und genau das könnte ihm nun zum Verhängnis werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin