Rohstoffmangel in der Naturkosmetik: Bio für Haut und Haar wird knapp
Konventionelle Kosmetikfirmen haben Naturprodukte für sich entdeckt. Das verdrängt Branchenpioniere und sorgt für Engpässe bei Pflanzen und Ölen.
Die Branche war in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich stark gewachsen. Während der gesamte Kosmetikhandel in Deutschland zwischen 2012 und 2015 jährlich rund 1 Prozent zulegte, verzeichnete die Naturkosmetik im Jahresmittel Zuwächse von 10 Prozent. Inzwischen hat sie einen Marktanteil von 9 Prozent erreicht.
Der steigende Absatz von Naturkosmetik geht aber nicht allein auf das Wachstum oft mittelständischer Hersteller zurück. Auch konventionelle Kosmetikriesen, wie Unilever und Nestlé, entdecken den Markt für sich. „Das setzt den Rohstoffmarkt zunehmend unter Druck“, sagt die Branchenexpertin Elfriede Dambacher. In der Folge käme es zu einer Verdrängung der Pioniere durch die Zulieferer der Großen.
Der globale Markt für Natur- und Biokosmetik verzeichnete 2015 einen geschätzten Umsatz von 12,5 Milliarden US-Dollar – Tendenz steigend. Besonders stark wächst die Nachfrage in den Schwellenländern Asiens.
Weleda beklagt bei der Beschaffung von Rohstoffen nicht nur die Konkurrenz klassischer Kosmetikfirmen. Rund 1 Milliarde US-Dollar des globalen Naturkosmetik-Umsatzes entfielen 2015 auf die in den USA boomenden Aromatherapie-Firmen. Diese bieten ätherische Öle zur Linderung von Krankheiten und Beschwerden an. Neben den Heilpraktikern zeigen weitere Branchen ein wachsendes Interesse an den Rohstoffen für Naturkosmetika. Dem Trend zu mehr Natürlichkeit folgen zum Beispiel auch die Hersteller von Duft- und Geschmacksstoffen sowie Lebensmittelproduzenten.
Folgen für lokale Produzenten
Weleda, das rund 650 verschiedene Rohstoffe über den Markt bezieht, registriert zudem eine Verknappung des Angebots durch negative Umwelteinflüsse. Es komme immer wieder zur Kontamination durch Schadstoffe, die Ernten unverkäuflich mache. Auch die Auswirkungen des Klimawandels – etwa Stürme und Trockenheit – schmälern die Erträge, so wie jüngst in den Vanilleanbaugebieten Madagaskars.
Noch haben die Pioniere den Vorteil, dass sie über lange bestehende Kontakte in die Anbaugebiete verfügen, sagt Elfriede Dambacher. Doch im Fall von Neuheiten und Trendprodukten hätten sie zunehmend das Nachsehen bei der Erschließung von Lieferquellen. Bei Acaii-Beeren – ein vermeintliches Wundermittel gegen Falten und überflüssige Pfunde –, Marula- und Arganöl seien die Kosmetikgiganten viel schneller gewesen.
Die Verschiebung hinzu den globalen Playern wirkt sich auch auf die lokalen Produzenten aus: Häufig sehen diese sich mit kürzeren Vertragslaufzeiten und schlechteren Preisen konfrontiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich