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Rohstoffabkommen Ukraine-USAEin guter Deal – außer Trump ändert seine Meinung

Anastasia Magasowa
Kommentar von Anastasia Magasowa

Die USA und die Ukraine haben sich auf ein Rohstoffabkommen geeinigt. Das ist eine Überraschung – nach dem Eklat im Oval Office im Februar.

Für die Wirtschaft der USA sehr wertvoll: Rohstoffe aus der Ukraine Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

N ach dem historischen Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj Ende Februar im Oval Office befanden sich die politischen und diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf einem historischen Tiefpunkt. Damals schien es, als seien die Beziehungen irreparabel und die USA würden die Ukraine zu einer schnelleren Kapitulation drängen.

Vor diesem Hintergrund wurde die zuvor von Selenskyj vorgeschlagene Idee des Rohstoffdeals zu einer kühnen Absicht der Trump-Regierung, sich wertvollste Ressourcen der Ukraine anzueignen. So schlug die amerikanische Seite in der ersten Version des Abkommens unter anderem ein fünfköpfiges Gremium zur Verwaltung eines gemeinsamen Investitionsfonds für den Wiederaufbau der Ukraine vor, mit einem Vetorecht durch die USA, aber ohne Sicherheitsgarantien für die Ukraine.

Nun liegt seit dem 1. Mai ein neues Abkommen vor. Ob es an der wundersamen Luft in Rom beim Papstbegräbnis lag oder an der Mammutarbeit der ukrainischen Diplomaten – dieses Abkommen enthält keinerlei Anzeichen dafür, dass die Ukraine für Generationen in kolonia­ler Sklaverei versinken wird.

Der Deal sieht vor, dass die Ukraine sowohl Besitz als auch Kontrolle über ihre Bodenschätze behält. Darüber hinaus müssen die Einnahmen aus der Rohstoffförderung in den ersten zehn Jahren in die Ukraine investiert werden. Zudem soll die Trump-Administration Waffenexporte im Wert von mindestens 50 Millionen Dollar an die Ukrai­ne genehmigt haben – zum ersten Mal in Trumps zweiter Amtszeit.

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Wenn das Abkommen keine versteckten Details enthält, könnte es der wirtschaftlichen Entwicklung der Ukraine einen Schub geben. Gleichzeitig profitieren schon jetzt beide Seiten davon. Die Ukrainer haben erneut gezeigt, dass sie ihre Interessen auch gegenüber einem Land wie den USA unter der Führung von Donald Trump zu verteidigen wissen. Zudem eröffnet das Abkommen der Ukraine etwas, das gerade enorm wichtig ist: die Perspektive auf weitere Waffenankäufe aus den USA.

Der amerikanische Präsident seinerseits hat ein konkretes Dokument in der Hand, mit dem er seine Versprechen in den ersten hundert Tagen und seine Rolle als hochrangiger Dealmaker unter Beweis stellen kann. Gleichzeitig gibt es keine Garantie dafür, dass der Effekt dieses Abkommens von Dauer ist und den unberechenbaren US-Präsidenten davon abhält, weitere Schritte zu unternehmen, um den Wünschen des russischen Präsidenten Wladimir Putins entgegenzukommen.

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Anastasia Magasowa
Anastasia Rodi (Magazova) ist 1989 auf der Krim (Ukraine) geboren. Studium der ukrainischen Philologie sowie Journalismus in Simferopol (Ukraine). Seit 2013 freie Autorin für die taz. Von 2015 bis 2018 war sie Korrespondentin der Deutschen Welle (DW). Absolventin des Ostkurses 2014 und des Ostkurses plus 2018 des ifp in München. Als Marion-Gräfin-Dönhoff-Stipendiatin 2016 Praktikum beim Flensburger Tageblatt. Stipendiatin des Europäischen Journalisten-Fellowships der FU Berlin (2019-2020) in Berlin. 2023 schloss sie ihr Studium am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin ab. Sie hat einen Master of Arts (Politikwissenschaft). Als Journalistin interessiert sie sich besonders für die Politik in Osteuropa sowie die deutsch-ukrainischen Beziehungen. Von den ersten Tagen der Annexion der Krim bis heute hat sie mehrere hundert Reportagen über den Krieg Russlands gegen die Ukraine geschrieben.
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6 Kommentare

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  • Ich hoffe das dieser "Rohstoffdeal" dazu führt das die USA der Ukraine jetzt mehr Waffen liefern. Egal ob geschenkt, geliehen, verkauft. Spielt alles keine Rolle solange es hilft.

    Und auch der Rest der demokratischen Welt sollte mehr liefern. Da hoffe ich das Merz wenigsten bei diesem Versprechen und den markigen Worten Taten folgen läßt.

    Da ein gerechter Friede nie in Reichweite war sondern nur die quasi Kapitulation der Ukarine ist das für mich keine Enttäuschung sondern ein Grund zur Erleichterung!

    Ich wünsche mir keinen Waffenstillstand, kein Einfrieren und keine Anerkennung der russisch besetzten Gebiete! Ich wünsche mir mehr, oder zumindest genug, Waffenlieferungen damit die Ukraine solange durchhalten kann bis sie dadurch gewinnt das Russland aufgibt.

    Und an die "Geh doch an die Front" "Wieviel Millionen Ukrainer willst du noch opfern?" Fraktion:

    Ihr Russentrolle versteht rein gar nichts. Die Haltung der Ukraine ist ganz klar: Sie will mehr Waffen und sie will Russland aus ihrem Land werfen! Wieviel Opfer sie dafür in Kauf nehmen will ist allein Sache der Ukraine!

    Je weniger Waffen wir liefern umso mehr Opfer wird das auf ukrainischer Seite bedeuten.

  • Auch hier wird die Sprache - meiner Meinung - des Faschisten einfach so übernommen! Warum ist es so schwer"Abkommen" zu schreiben??



    Hoffentlich hat Selenskyj Sicherheitsgarantien erhalten...Hoffentlich hält sich Trump daran.

  • Ukraine wird die besetzten Gebiete aufgeben müssen.



    Der Rohstoffdeal wird darüber nicht hinwegtäuschen können.



    Sie wird in einen Waffenstillstand hineingezwungen und in den nächsten Tagen wird man sehen, dass Russland ebenfalls Rohstoffdeals mit den USA abschliessen wird und Putin dann in einen dauerhaften Waffenstillstand einwillgen wird ohne irgendwelche weiteren Zugeständnisse.

    Ukraine wird vor unseren Augen gedemütigt, verraten, verkauft und in die Niederlage gezwungen.



    Ein 50Mio Dollar Presentkorb obendrauf.

  • Leider (oder auch zum Glück, je nachdem ob man ihn auf jeden Fall hassen will oder einfach froh ist, wenn es auch mal voran geht) muss man einfach sagen, dass Trump zwar immer wieder völlig bescheuert einsteigt, aber dann flexibler ist als so manche andere. Wenn man wirklich mit ihm handelt und schachert, kommt dabei auch mal etwas für beide Seiten heraus.

    Die Frage ist jetzt natürlich, wie es mit dem Krieg weitergeht. Daran werden alle sich messen lassen müssen.

    • @Mustardman:

      „ Die Frage ist jetzt natürlich, wie es mit dem Krieg weitergeht. Daran werden alle sich messen lassen müssen.“

      Ukraine wird gezwungen sein, die besetzten Gebiete abzuschreiben, sie wird in einen Waffenstillstand gezwungen werden und man wird sich die Sache unter dem Deckmantel eines Friedens schönreden.

    • @Mustardman:

      Der zugunsten der Ukraine modifizierte Inhalt und überhaupt das.Zustandekommen dieses Abkommens können als ukrainischer Etappensieg verbucht werden - die ukrainischen Diplomaten haben gut nachverhandelt.



      Im März sah das bei der Konfrontation Trumps.mit Selenskyi im Oval Office noch ganz anders aus - insofern jetzt also auch eine persönliche Bestätigung für den ukrainischen Präsidenten.



      Das Mineralienabkommen bindet und verpflichtet die USA auch ein Stück weit gegenüber der Ukraine - DAHINTER kann Trump nicht zurück, trotz seines außenpolitisch unberechenbaren Kurses. Und angesichts sinkender Beliebtheitswerte kann er es sich innenpolitisch auch nicht leisten, er braucht jetzt Erfolgsmeldungen in der Ukraine.



      Das ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis.