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Rohingya-Konflikt in BirmaAung San Suu Kyi beklagt Fake News

Der Konflikt im westlichen Rakhine-Staat hat bisher zu 400 Toten geführt. Die Friedensnobelpreisträgerin warnt vor den Lügen der Rohingya-„Terroristen“.

Friedensnobelpreisträgerin, die jetzt die Gewalt des Militärs rechtfertigt: Aung San Suu Kyi Foto: reuters

Berlin taz | Die in Birma (Myanmar) mit dem Militär in einer informellen Koalition regierende Friedensnobelpreistägerin Aung San Suu Kyi hat sich am Mittwoch erstmals öffentlich zur jüngsten Eskalation im Konflikt mit einer bewaffneten Rohingya-Gruppe geäußert. Die De-facto-Regierungschefin wies die internationale Kritik an der Handhabung des Konflikts im westlichen Rakhine-Staat zurück. Der hatte bisher zu mindestens 400 Toten und 123.000 Flüchtlingen geführt. Die Kritik beruhe auf einem „riesigen Eisberg an Falschinformationen“ der Terroristen, erklärte Aung San Suu Kyi per Facebook.

Sie warf dem Ausland vor, mit der Unterstützung für die muslimischen Rohingya den „Interessen von Terroristen“ zu dienen. Im mehrheitlich buddhistischen Birma werden die 1,1 Millionen Rohingya, die oft seit Generationen in dem Land leben, als staatenlose Migranten aus Bangladesch betrachtet. Offiziell werden sie deshalb nur als „Bengalen“ bezeichnet.

Als Reaktion auf den Angriff einer bewaffneten Rohingya-Gruppe vor zwei Wochen geht das Militär massiv gegen muslimische Zivilisten in der Konfliktregion vor. Dies stößt in Birma insbesondere unter Buddhisten auf große Zustimmung. Öffentliche Kritik gibt es kaum.

Doch viele ausländische Beobachter sehen genau in dem brutalen Vorgehen des birmesischen Militärs einen weiteren Grund für die Radikalisierung junger Rohingya. Die Volksgruppe gilt ohnehin schon als die am stärksten diskriminierte Minderheit der Welt.

Keine Kritik an das Militär

Aung San Suu Kyi, die früher eine Ikone der Demokratie und Menschenrechte war, räumte bisher weder Fehler in der Behandlung der Rohingya durch staatliche Stellen ein noch kritisierte sie das ihr nicht unterstehende Militär für dessen brutales Vorgehen. Dabei hatte sie sich früher immer sehr kritisch gegenüber dem Militär geäußert, wenn dies die Menschenrechte unterdrückte.

Laut einem bisher unbestätigten Bericht der Agentur Reuters vom Mittwoch hat Birmas Militär in der Konfliktregion inzwischen die Grenze zu Bangladesch mit Landminen abgesperrt. Damit solle vermutlich die Rückkehr geflohener Rohingya nach Birma verhindert werden, sagten zwei Informanten aus Regierungskreise in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka.

Nach Behördenangaben in Bangladesch ertranken am Mittwoch fünf Kinder beim Versuch von Flüchtlingen, mit Booten den Grenzfluss zu überqueren. Weitere Menschen würden noch vermisst.

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4 Kommentare

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  • "Sogar die notorisch friedlichen Buddhisten ...." Mit Verlaub, das ist Plattitüde. Lebt alles, was in unserem Land CDU wählt nach der Ethik der Bergpredigt!? Nur weil ein Land seit mehreren Jhdt. buddhistisch beeinflusst ist, ist seine Bevölkerung nicht automatisch besser oder weiser. Seit Jahrzehnten steht das Land unter scharfer Kontrolle einer Militärjunta. Gewaltfrei und friedensfördernd tätige Buddhisten wurden massiv verfolgt, inhaftiert und umgebracht. Die Bevölkerung ist verarmt, das Bildungswesen ist verrottet, freie Medien haben es schwer. Wo Bildung und freie Meinungsäußerung fehlen finden Verleumdung, Gerüchteküche und Demagogie leichte Beute. Im Übrigen: Die nationale Sangha-Leitung, die Mehrheit der Mönchs- und Nonnenorden und zahlreiche prominente buddhistische Lehrer haben sich eindeutig von der Gewalt distanziert. Aber von deren Perspektive liest man hier im Westen merkwürdig wenig bis fast nichts.

  • „Friedensnobelpreisträgerin, die jetzt die Gewalt des Militärs rechtfertigt“. Die Bildunterschrift ist eine perfide, extrem verkürzte Falsch-Darstellung der Situation. Frau Suu Kyi hat die Gewalt des Militärs nie „gerechtfertigt“. In einer Rede vor dem Parlament distanzierte sie sich von jeder Gewalt und Vertreibung gegen Muslime in Burma (wie übrigens auch die Mehrzahl der buddhistischen Mönch- und Nonnensanghas und zahlreiche prominente buddhistische Lehrer!). Als „fake news“ bezeichnet sie die zahlreichen Falschmeldungen und anti-buddhistische Hetze im Netz, die tatsächlich v.a. aus islamistischer Richtung kommt. So kursiert z.B. ein Foto, das buddhistische Mönche inmitten eines Leichenberges zeigt. Es wird suggeriert, es handele sich um burmesische buddhistische Mönche nach einem Massaker an Muslimen. Tatsächlich entstand das Bild 2010 in Tibet. Es zeigt tibetische Mönche die Opfer eines verheerenden Erdbebens zur traditionellen Feuerbestattung aufschichten! Das Original stammt von der Fotoagentur Getty Images. Diese Art Bilder kursieren auf zahlreichen islamistischen Webseiten mit Betreibern in Ländern wie Saudi Arabien, Pakistan, Tschetschenien und der Türkei und sollen offensichtlich zu Hass und Vergeltung gegen Buddhisten aufstacheln. Nicht erst seit Trump dürften hiesige Leser etwas mehr Bewusstsein für die Macht von Lüge und Verleumdung bekommen haben. Zu Aung San Suu Kyi: Sie kennt die birmesische Militärjunta besser als gewisse undifferenzierte und selbstgerechte Kommentatoren im Westen. Ihr Vater Aung Sang, Staatsgründer Burmas, der das Land aus der Abhängigkeit vom britischen Empire führte, wurde im Kugelhagel von Militärs ermordet. Sie selbst stand 15 Jahre unter strengem Hausarrest. Die de facto Regierungsmacht in Myanmar liegt nach wie vor in Händen der Generäle. Die unfaire Kritik an der wichtigsten Stütze der gewaltfreien, demokratischen Zivilgesellschaft Burmas spielt den falschen Kräften in die Hände. Pfui taz, schau genauer hin!

  • Ach....

    die früher von der taz hochgeschätzte Friedensnobelpreisträgerin wird plötzlich nicht mehr so gemocht, weil ihre Stellungnahme zur Lage in Birma nicht gefällt.

     

    " Dies stößt in Birma insbesondere unter Buddhisten auf große Zustimmung."

     

    Sogar die notorisch friedlichen Buddhisten ....

  • ach ja, die Friedensnobelpreisträger, Obama ring a bell, Kissinger. Ich würde sagen Aung San Sau Kai reiht sich nahtlos ein.