Disziplinarverfahren gegen LMU-Professor: Beamter im Schwurbelmodus

Gegen Michael Meyen, Ex-Herausgeber der Zeitung „Demokratischer Widerstand“, wird ermittelt. Unter anderem vom Wissenschaftsministerium.

Protestierende mit Schildern, auf einem steht: "Freiheit, ich träum von dir", eine andere Person hält eine Ausgabe der Zeitung "Demokratischer Widerstand" in die Kamera

„Demokratischer Widerstand“ – auf Querdenker-Demos gern gelesen Foto: Stefan Boness/Ipon

Die Herausgeber der Zeitung Demokratischer Widerstand, eine Art Zentralorgan der radikalen Szene aus Querdenkern und Coronaleugnern, wechseln immer wieder. In zwei Ausgaben Ende März und Anfang April dieses Jahres firmierte Michael Meyen, Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft (IfKW) der Ludwig-Maximilians-Universität in München, als solcher.

Die etablierten Medien kritisiert er immer wieder scharf, wirft ihnen vor, ein „Wahrheitsregime“ aufgebaut zu haben. Dafür bekam er mächtig Ärger; das Institut isolierte ihn wegen seiner Haltungen, Bayerns Wissenschaftsministerium und der Landesverfassungsschutz traten auf den Plan. Nun muss er sich als Beamter einem Disziplinarverfahren stellen.

Die Zeitung Demokratische Widerstand bezeichnet Grünen- und SPD-Politiker:innen als „Kriegstreiber, Lügnerinnen, Spritzenmörder“. Die wichtigen Köpfe des in Berlin herausgegebenen Blattes sind die Dramaturgen Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp. Lenz bezeichnete die Corona-Impfungen etwa als „Injektionsgenozid“, Sodenkamp sprach 2021 von einer „beschissenen Pandemielüge“. Der Schulterschluss mit rechtsextremen Akteuren und Publikationen ist vielfach belegt worden.

Münchner Professor bleibt Kolumnist

Michael Meyen ist mit den beiden weiterhin sehr verbunden. Der Münchner Professor veröffentlicht im Demokratischen Widerstand regelmäßig eine „Kolumne Medien“. Er beklagt darin etwa den „Pranger“ gegenüber der Band Rammstein, der mit ihrem Sänger Till Lindemann sexueller Missbrauch von Frauen vorgeworfen wird. Über die Kritik daran meint er: „Bei genauem Hinsehen ist da – nichts.“ Und: „Das darf nicht sein. Mein Herz brennt.“ Die Rundfunkgebühren will er abschaffen, denn: „Mit einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der das liefert, wofür wir ihn bezahlen, hätte es keine Pandemie gegeben und wahrscheinlich keinen Kriegskurs.“

Jetzt ist die bayerische Landesanwaltschaft eingeschritten und ermittelt in einem Disziplinarverfahren gegen Meyen. Die Behörde ist zuständig bei möglichen Verfehlungen von Beamten oder Personen in öffentlichen Ämtern. Das Verfahren sei ihm „bekannt geben und ihm die Möglichkeit einer ersten Stellungnahme eingeräumt“ worden, so die Behörde. Weitere Angaben würden derzeit nicht gemacht. Im Raum stehen verschiedene Disziplinarmaßnahmen, die von einem Verweis bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reichen.

Auf eine taz-Anfrage nach einer Stellungnahme reagiert Michael Meyen wie gewohnt nicht. Im Juni dieses Jahres hat der Berliner Verfassungsschutz den Demokratischen Widerstand und die ihn tragende Gruppierung „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ (KDW) in seinen Bericht über das Jahr 2022 namentlich aufgenommen. Die Zeitung wird als das „wichtigste Sprachrohr von KDW“ bezeichnet. Die Gruppe betreibe „Staatsdelegitimierung“. Ein zentrales Argumentationsmuster sei „die Gleichstellung des demokratischen Verfassungsstaats mit einer Diktatur“. Strafrechtliche Folgen hätten auch „die anhaltende Verbreitung von Falschinformationen“ gehabt.

Für diese Publikation schreibt Michael Meyen weiterhin, gut bezahlt wird er als Professor aus Steuermitteln. Eine wissenschaftliche Kraft, die am IfKW beschäftigt war, ist an die taz herangetreten und möchte sich anonym äußern. Sie sagt: „Mit Corona war eine immer stärkere Radikalisierung von Professor Meyen ganz eindeutig zu sehen.“ Ein anderes Institutsmitglied meint bedauernd: „Eigentlich hat er ja mal als Linker begonnen.“

Richtigstellung: Wir haben ursprünglich an dieser Stelle berichtet, dass Roger Waters Mitherausgeber der Wochenzeitung „Demokratischer Widerstand“ ist. Das stimmt nicht. Der „Demokratische Widerstand“ behauptet dessen Mitherausgeberschaft lediglich und macht das immer noch. Wir haben den Text entsprechend geändert und bitten um Entschuldigung für die Verbreitung der Falschinformation. Die Redaktion

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