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Robert Habecks DeutschlandfondsSo sinnvoll wie aussichtslos

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Habeck will der Wirtschaft ein Konjunkturprogramm verpassen. Das wird zwar an Lindner scheitern, aber es bietet einen ersten Ausblick auf den Wahlkampf.

Habeck bringt Staatsfonds zur Investitionsförderung ins Gespräch Foto: Michael Kappeler/dpa

I mmerhin ist Robert Habecks Modernisierungsagenda ein erster Aufschlag – das ist wichtig. Dass es eine Diskussion braucht, wie es wirtschaftlich wieder vorwärts geht, daran sollte es nämlich keinen Zweifel geben. Deutschland ist unter den großen Industriestaaten Schlusslicht. Der Internationale Währungsfonds traut dem Land maximal noch Stillstand zu. Es droht der Verlust Zehntausender gut bezahlter Industriejobs.

Kri­ti­ke­r*in­nen von der Mitte bis ganz rechts machen Habeck für die Probleme in der Wirtschaft verantwortlich. Sie unterschlagen dabei, dass die Situation so ist, wie sie ist, weil vieles jahrelang verschleppt wurde, auch die Wirtschaft Fehler gemacht hat und vor allem die FDP jegliche Konjunkturinitiative sofort ausgebremst hat.

Denn damit diese wirkungsvoll sein können, müssen sie auch etwas kosten dürfen. Ohne Einsatz kein Gewinn, so einfach ist eigentlich der ökonomische Lehrsatz. Doch indem die FDP Habecks Wachstumsideen mit Verweis auf die Schuldenbremse nun wieder ablehnt, zeigt die Koalitionspartnerin, dass sie diese einfache Wahrheit immer noch nicht kapiert hat. Nicht Habeck, sondern Lindner ist das Problem.

So bleibt zu bezweifeln, dass Habecks Maßnahmenpaket Chancen auf eine Umsetzung in dieser Legislatur hat. Stattdessen ist es eher ein erster Aufschlag für den Wahlkampf. Für mehr ist es zu allgemein und zu kurz gehalten. Kostenrahmen und Finanzierungsfragen etwa finden sich in dem Papier gar nicht.

Zu Habecks Modernisierungsagenda gehört ein Deutschlandfonds, um öffentliche und private Investitionen anzukurbeln. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sollen davon profitieren. Das ist gut. Denn diese schwimmen nicht unbedingt im Geld.

Arbeitsplätze und Löhne müssen im Mittelpunkt stehen

Habecks Fonds weist aber auch Mängel auf. Vor allem will er den Unternehmen für die vermutlich milliardenschweren Hilfen weder ökologische noch soziale Auflagen machen. Beides wäre aber dringend erforderlich.

Denn zum einen ist das eigentliche Problem die verschlafene Transformation, die sich nun bemerkbar macht. Zum anderen krankt die Konjunktur auch daran, dass die Reallohnverluste seit der Coronakrise immer noch nicht kompensiert wurden und die Menschen dadurch verunsichert sind. Sie geben deswegen ihr Geld nicht aus, was aufs Wachstum drückt.

Wegen Verunsicherung geben die Menschen ihr Geld nicht aus. Das drückt aufs Wachstum.

Ein Konjunkturprogramm, das Mensch und Umwelt stärker in den Mittelpunkt stellt, wäre deshalb das Gebot der Stunde. Nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch. Etwa in Form von Energiesparvorgaben, Beschäftigungsgarantien oder einem höheren Mindestlohn.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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8 Kommentare

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  • Habe nicht nur hier gelesen-, Spiegel, WELT, Tagesschau auch.



    Positiv wird die Idee von RH irgendwie nur von BILD aufgenommen..



    Ein durchsichtiges Manöver vom Robert sich kurz vor der BTW ganz klar zu positionieren-, und zwar für Schwarz- Grün..

  • Unterstellt, daß in Anlagen investiert wird, die 10 bis 20 Jahre laufen, sind die Betriebskosten entscheidend.

    Senkungen der Steuern, der Lohnneben- und Energiekosten für die nächsten Jahre sind sinnvolle Hebel. Umgekehrt: Bei absehbarer Steigerung der Lohnnebenkosten um 10 Prozent - die jährlich fällig werden - oder den vom Bundeswirtschaftsministerium bis zum Jahr 2042 erwarteten konstant hohen Strompreisen, dürfte ein geringer einmaliger Zuschuß zu Anlagen meist nicht relevant sein. Ein Zuschuß wird sicherlich mitgenommen, wenn die Investition sich eigenständig lohnt.

    Soweit es um Ersatzinvestitionen geht, ist die Frage, ob danach die Stückkosten merklich sinken. Steigt der Ausstoß? Können Personalkosten wegfallen? Wird weniger Energie benötigt?

    Unternehmen mit internationalen Standorten haben bei der Aufstellung von Neuanlagen Wahlmöglichkeiten. Hier sind die dauerhaften Standortkosten entscheidender als ein einmaliger 10-prozentiger Zuschuß für eine Anlage am falschen Ort. Neue Anlagen funktionieren woanders genausogut wie hier. (Vorausgesetzt, es gibt ausgebildetes oder ausbildbares Personal.)

    Einfach mal Gerhard Schröder nach Stückkosten und wirksamen Lösungen fragen ...

  • Wenn der Minister für Wirtschaft und Umwelt, von einer grünen Partei, darauf verzichtet Umweltauflagen für die Zahlungen einer WIRTSCHAFTSförderung zu implementieren... Dann zeigt das nichts anderes, als das er verstanden hat. Auf jeden Fall an diesem entscheidendem Punkt.



    Kleinteilige Förderungen, die nur mit hoher Bürokratie erreichbar sind, sind einfach nicht hilfreich.

    Seit den Coronahilfen der großen Koalition, die handwerklich unglaublich schlecht gemacht waren (Die Schlussabrechnungen und Schlusszahlungen sind auch 3-4 Jahre nach dem "zu förderndem Zeitraum" noch nicht durch), ist für mich klar, dass es so nicht weitergeht. Über die Energiepreispauschale darf man in dem Zusammenhang noch nichtmal reden.

  • Dem Wort aussichtslos kann ich zustimmen, das " sinnvoll" relativiert der Autor in seinem Artikel bereits selbst.



    Es ist wie beim Heizungsgesetz, letztlich musste die SPD den Grünen Sozialpolitik erklären. Dass muss deutlich gesagtt werden, da Habeck an dieser Stelle seinen Fehler wiederholt.



    Wenn es allerdings ein Gastgeschenk an die CDU und Wirtschaft ohne Gewissen sein sollte, ist auch diese Taktik gescheitert. Die CDU lehnt due Idee ab.



    Keine Ahnung, warum exlinke Grünen glauben, die FDP sei ein Problem, mit der CDU wäre hingegen Alles gut.



    Klar kann man dem Wolf Haube und Nachthemd anziehen, zur lieben Großmutter wird er dadurch nicht.



    Natürlich möchte Merz selber Geschenke an die Wirtschaft machen, denn das funktioniert, sehen wir ja in China.



    Ich möchte aber weder Merz, noch China, noch eine Politik ohne grünes und soziales Gewissen, lieber Herr Habeck!

  • Das Disaster liegt nur wenig daran, dass die Konsumenten ihr Geld nicht ausgeben. Die Firmen, die unseren Wohlstand vermehren, investieren nicht mehr. "Ein Konjunkturprogramm, das Mensch und Umwelt stärker in den Mittelpunkt stellt, wäre deshalb das Gebot der Stunde. ..Etwa in Form von Energiesparvorgaben, Beschäftigungsgarantien oder einem höheren Mindestlohn."



    Welche Bürokraten kontrollieren das dann? Wir brauchen Menschen die arbeiten, nicht welche, die kontrollieren und einen noch größeren Dschungel an Vorschriften produzieren.



    Das führt denn dazu, dass in unserem Handwerksbetrieb Monteur/innen, die seit Jahrzehnten mit Bauschaum arbeiten, plötzlich dafür zertifiziert werden müssen. Für das Haarspray der Sekretärin muss ein Sicherheitsdatenblatt ausgefüllt und abgeheftet werden.



    In Brüssel sitzen über 30000 hochqualifizierte Beamte, die nur für neue Vorschriften da sind und unsere Regierung packt noch was drauf! In den nächsten 10 Jahren gehen 7 Millionen meist gut qualifizierte Boomer in Rente, und der Rest soll dann den Deutschlandfond tilgen! Gratulation an die Jugend.



    Den Bürokratismus in seinem Lauf hält weder Ursula noch Lindner auf, und Habeck legt noch einen drauf!

  • Ich glaube der Staat hat sich bereits übernommen: all die Hilfen und Sonderpakete, Euro-Stützen und Pensionsversprechen - der Staat kann das nicht mehr. Geld drucken geht auch nur gut, wenn man als Wirtschaft autark ist (wie bis zu einem Grad die USA). Die Eurozone ist aber nicht unabhängig von der Welt - wir können nicht beliebig Geld drucken ohne irgendwann schmerzhafte Reaktionen des Weltmarkts. Denke ich.

  • ob dies an Lindner scheitert ist fast zweitrangig.



    Um eine so hohe Neuverschuldung oder Sondervermögen oder wie man das Kind auch immer nennen will zu generieren, benötigt die Regierung eine 2/3 Mehrheit.



    Dies ist nur mit der CDU/CSU möglich.

    • @Andere Meinung:

      Es ist ja fast nicht mehr witzig wie oft Grüne ein Sondervermögen fordern. Und wofür.

      Für die Wirtschaft und ggf. für die Infrastruktur würde die CDU ja ggf. sogar mitgehen. Aber auch dann sicher nicht für "10% auf alles".