piwik no script img

Riesige Waldbrände in SibirienAngst vor der Klimawandel-Spirale

In Sibirien brennen Millionen Hektar Wald. In vielen Orten gilt der Katastrophenzustand. Experten befürchten eine schnellere Eisschmelze in der Arktis.

Krasnojarsk unter der Dunstglocke: Rauch von den Waldbränden in Sibirien hat die Stadt erreicht Foto: imago images / ITAR-TASS

Moskau afp | Riesige Rauchschwaden und beißender Brandgeruch liegen derzeit über Sibirien. Waldbrände haben in den nordrussischen Weiten bereits mehrere Millionen Hektar Land zerstört. Nicht nur in den kleinen Orten rund um die Brandherde, sondern auch in Großstädten und sogar im Nachbarland Kasachstan leiden die Menschen unter den Folgen.

Gesundheitliche Beschwerden und Beeinträchtigungen des Flugverkehrs sind jedoch nicht die einzigen Folgen der Großbrände. Umweltschützer warnen, dass die Zerstörung riesiger Waldflächen in Sibirien eine gefährliche Klimawandel-Spirale auslöse und direkt zur Eisschmelze in der Arktis beitrage.

In den entlegenen Gebieten Sibiriens gibt es alljährlich große Waldbrände. Vielfach greifen die Behörden nur ein, wenn Menschenleben in Gefahr sind. Dieses Jahr haben die Brände aber ein außergewöhnliches Ausmaß erreicht. Nach Behördenangaben vom Montag gingen bereits 3,2 Millionen Hektar Land in Flammen auf. Betroffen sind insbesondere die Gegenden von Jakutien, Krasnojarsk und Irkutsk.

Die nationale Forstbehörde gibt an, dass die Feuer durch eine für diesen Landesteil „anormale“ Hitze von um die 30 Grad und heftige Winde angefacht werden. Seit Wochen sind etwa hundert Orte in den Brandgebieten von Rauch eingehüllt, für sie wurde der Katastrophenzustand ausgerufen.

Und auch die großen Städte in den Regionen Tomsk, Altai, Jekaterinburg und Tscheljabinsk bekommen die Folgen der Waldbrände zu spüren. Auf einigen Airports ist der Flugverkehr wegen der Rauchschwaden beeinträchtigt.

„Der Rauch ist schrecklich“, sagte die Rentnerin Raïsa Browkina, die nach einer Ohnmacht auf offener Straße in westsibirischen Großstadt Nowosibirsk ins Krankenhaus eingeliefert wurde, dem Sender Perwy Kanal. „Ich bekommen keine Luft, ich habe Schwindelanfälle.“

Am Sonntag erreichte der Rauch von zwei Waldbränden in Sibirien auch das Nachbarland Kasachstan. In der Hauptstadt Nur-Sultan und anderen Gegenden stieg die Feinstaubkonzentration über den Grenzwert, wie die kasachische Meteorologiebehörde laut örtlichen Medien mitteilte.

Greenpeace Russland hebt hervor, dass die Waldbrände im Osten des Landes „schon lange kein lokales Problem mehr“ seien. Vielmehr handele es sich um „eine Umweltkatastrophe auf nationaler Ebene“. Die Umweltorganisation gibt an, dass dieses Jahr insgesamt bereits zwölf Millionen Hektar Land niedergebrannt seien. Durch die Brände selbst würden große Mengen an klimaschädlichem Kohlendioxid freigesetzt und außerdem könne niedergebrannter Wald auch kein CO2 mehr speichern.

Rauchwolken erreichen die Arktis

Hinzu komme noch das „Problem der Rußpartikel, die auf Eis und Schnee fallen“, warnt die Weltorganisation für Meteorologie in einer Stellungnahme. Der Ruß lasse das Eis schmelzen oder sorge durch die Verdunkelung der Schnee- und Eisflächen dafür, dass sie nicht mehr so viel Sonnenlicht reflektierten und somit weniger zur Kühlung der Erde beitrügen.

Auf Bildern der US-Weltraumbehörde Nasa, die über den Onlinedienst Twitter verbreitet wurden, ist zu erkennen, dass mächtige Rauchwolken bereits die Arktis erreicht haben. Grigori Kuxin von Greenpeace Russland sagt, dass Ruß und Asche die Eisschmelze in der Arktis und das Auftauen von Permafrostböden beschleunigten. Die Wirkung der Waldbrände in Sibirien auf das Klima sei somit „sehr beträchtlich“.

Kuxin warnt vor einem gefährlichen Teufelskreis: „Je mehr die Brände das Klima beeinflussen, desto günstiger sind die Bedingungen für neue gefährliche Brände.“ Greenpeace Russland startete daher eine Petition, in der die russischen Behörden aufgerufen werden, mehr gegen die Waldbrände zu unternehmen.

Kuxin wendet sich entschieden dagegen, dass die örtlichen Behörden in entlegenen Gebieten Sibiriens nur dann gegen Brände vorgehen, wenn die zu erwartenden Brandschäden größer sind als die Kosten eines aufwändigen Feuerwehreinsatzes. „Man muss von Beginn an so viel löschen wie möglich“, fordert der Umweltschützer. „Man muss planen und die Mittel aufstocken, aber bei uns wird weiter gespart.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • wenn morgen die kernfusion gemeistert würde wäre das problem des menschengemachten klimawandels gelöst.wir würden alle anderen kraftwerke schliessen und nur noch kernfusionsreaktoren bauen und die billige unbegrenzt zur verfügung stehende energie nicht nur für den risikolosen weiterbetrieb unserer technologischen zivilisation sondern auch dafür verwenden die Co2-konzentration in der luft wieder auf das vorindustrielle niveau abzusenken.



    auch der beitrag einer destabilsierten arktis zur beschleunigung der überhitzung des planeten könnte dann kompensiert werden und die arktis und nicht nur sie würde wieder stabil

    aber die meisterung der kernfusion wird schon seit jahrzehnten erst in jahrzehnten erwartet.

    ein wasserstoffbombenkraftwerk im weltraum könnten wir mit dem heutigen stand der technologischen entwicklung bauen.man muss es nur gross genug bauen damit es funktioniert.



    das baumaterial für die megastruktur kann ein asteroid liefern



    nur wenige hightech-komponenten müssten mit raketen in den weltraum transportiert werden.



    die energie wird mit konzentrierten elektromagnetischen wellen also mit einem laser zur erde transportiert

    um ein wasserstoffbombenkraftwerk zu bauen braucht man zuerst eine effiziente energiequelle die man auf einem asteroiden der viel eisen enthält nutzen kann.dafür bietet sich ein konventionelles atomkraftwerk an,dass man also zu dem asteroiden transportieren oder dort bauen müsste.wenn man ein atomkraftwerk im asteroidengürtel bauen kann ,dann kann man seine energie auch verwenden um immer mehr atomkraftwerke zu bauen.



    der radioaktive sondermüll ist im weltraum kein problem dass nicht sehr einfach lösbar wäre

    wo es viel eisen und andere metalle gibt,da gibt es auch viel gold



    schiesst man dieses zur erde so kann man damit den bau des wasserstoffbombenkraftwerks finanzieren

    www.youtube.com/watch?v=1JXq9779zwU

    www.youtube.com/watch?v=HT4koBCgf1g

    www.youtube.com/wa...=2JfVzMvLEn8&t=22s

    • @satgurupseudologos:

      Kernfusionskraftwerke funktionieren seit vielen Jahren zuverlaessig und sind jetzt auch preiswert. Die Energiewandler nennt man Photovoltaik.

      • @meerwind7:

        die sonne ist bisher der einzige funktionierende kernfusionsreaktor in unserem sonnensystem.



        die photovoltaik nutzt ihre energie die die erde in der form von sonnenlicht in schwacher konzentration erreicht



        windenergie ist höher konzentrierte sonnenenergie und wellenenergie konzentrierte windenergie



        auch alle fossilen energieträger sind nichts anderes als konzentrierte sonnenenergie.



        leider sind solarzellen und windräder sehr umweltschädlich



        fossile energieträger eine immer noch zunehmende potentiell sehr gefährliche oder sogar tödliche bedrohung der stabilität des klimas und atomkraftwerke bisher weder sicher noch sauber



        für sehr viel weniger milliarden euro als in den bisher erfolglosen versuch des bau eines funktionierenden kleinen kernfusionsreaktors auf erden investiert worden sind,könnte man mit dem heutigen technologischen know how ein wasserstoffbombenkraftwerk im weltraum bauen



        es wäre zugleich auch eine möglichkeit den akkumulierten nuklearen sprengstoff loszuwerden



        darüber wie uran und plutonium sicher in den weltraum transportiert werden können wäre nachzudenken



        hier darf man nicht sparen wollen

        mein vorschlag hat auch eine politisch-ökonomische seite:Ich will das wettrüsten beenden und einen dauerhaften frieden (pax perpetua) auf erden ermöglichen.



        dafür ist es erforderlich neue arbeitsplätze für die hochqualifizierten beschäftigten der rüstungsindusttrie zu schaffen.



        das gemeinsame weltraumfahrtprojekt der menschheit soll auch diesem zweck dienen



        die zivile nutzung der atomenergie im weltraum ermöglicht die demilitarisierung unseres heimatplaneten

  • Nicht nur der Rauch ist ein Problem für die Arktis, auch dort gibt es bereits riesige Feuer und die gleichen Folgeprobleme wie oben beschrieben. Kann in der Zukunft heiter werden

  • Das muss man als Verfasser erst einmal fertig bringen: Einen ganzen Artikel über die Waldbrände in Sibirien fabrizieren und mit keinem Wort die größte Gefahr erwähnen, die als direkte Folge davon zu erwarten ist: die Freisetzung von Methan, ein 20-30mal so stark wie CO2 klimawirksameres sehr leicht entzünd- und brennbares Treibhausgas, das sich durch die Schmelzprozesse erst zur größten Gefahr entwickelt.

    Bin entsetzt!

    • @noevil:

      Warum dieser empörte, überhebliche Tonfall? Tut es nicht auch die einfache Frage: "Hat das nicht auch Einfluss auf die Methanfreisetzung?" oder "Können Sie vielleicht die mögliche Verbindung zur daraus entstehenden Methanfreisetzung darstellen?"



      Ich könnte mir z.B. denken, dass Waldbrände nicht auf Permafrostböden auftreten. Letztere setzen Methan frei, dass die aufgetauten Böden, auf denn ein Wald wächst, gar nicht mehr haben.



      Somit wäre die Methanfreisetzung nur über den Umweg der allgemeinen Verstärkung des Klimawandels zu erwarten. Ein Zusammenhang der schon oft beleuchtet wurde und hier vielleicht mal - weil eben indirekt - nicht thematisiert werden sollte.



      Also vielleicht kein Grund entsetzt zu sein

      • @an-kn:

        "Also vielleicht kein Grund entsetzt zu sein"

        In Sibirien sind bei den großen Flächenbränden die Bäume schon längst weg; es ist genau der Permafrostboden der brennt, da es sich hier um Torfböden handelt. Je nach Beschaffenheit und Tiefe kann der noch recht lange brennen. Die Brände sind teils so groß, daß sie auch aus der Luft nicht mehr zu löschen sind.

        Im sibirischen Permafrostboden sind riesige Mengen Methanhydrat gefangen.

        Ansonsten befinden sich in den Kontinentalhängen, wahrscheinlich auch sonst im Meer ebenfalls große Mengen.

        Laut Harald Lesch sind die Mengen an eingelagertem Methanhydrat auf unserem Planeten größer, als alle Kohle-, Öl- und Gasvorräte zusammen.

        Durch das Aufsteigen von Methan, das ja ungleich klimaschädlicher ist, wird die Erwärmung noch zusätzlich stark angeheizt, das sich dann irgendwann eine Art Kettenreaktion einstellt, wobei irgendwann der Punkt erreicht ist, wo wir nichts mehr tun können.

        Was dann beim raschen Abschmelzen der Pole noch zum Vorschein kommt, entzieht sich unserer (zumindest meiner) Kenntnis.

        Ich denke, es entzieht sich unser aller Vorstellungskraft, welche Hölle in den nächsten paar Jahren da auf uns zukommt.

        Die meisten kennen den Satz "I want you to panic, because our house is on fire."

        Ich vermute, die meisten Menschen glauben daran, daß sie das, als eine*r von sehr wenigen, irgendwie überleben können. Ich glaube jedoch zu wissen, daß diese, ähnlich wie bei einer Atombombenexplosion, die sind, die Pech gehabt haben.

        Die Sendung von Harald Lesch zum Thema Methanhydrat, der das einfach besser erklären kann als ich, ist auf youtube.

        • @wazzabuzz:

          klimaschädlicher ist, als Kohlendioxyd.

    • @noevil:

      Nicht nur die Politik hat die Realität Jahrzehntelang verleugnet, sondern insb. auch die Medien ... es dauert jetzt eben noch etwas, bis Journalisten ihr Versagen in vollen Umfang begreifen ... aber immerhin berichten einige inzwischen statt nur zu ignorieren oder zu verleugnen.

  • 9G
    93559 (Profil gelöscht)

    Wie es aussieht, haben wir den Kipppunkt erreicht.

    • @93559 (Profil gelöscht):

      Diese ganzen Klimaleugner sind ja die gleichen Vollpfosten, die auch vom Untergang der Zivilisation wegen 1Mio Flüchtlingen reden ... na die will ich dann mal sehen, wenn ~17Mio Niederländer an unsere Grenze klopfen ... da hilft auch ne Mauer nicht mehr.

      • @Franz Georg:

        17 Millionen Niederländer? Hunderte Millionen Chinesen. Ein Zitat, das ich heute hier in den Kommentaren gelesen habe (bin jetzt zu faul, zu suchen wo - die Hitze):

        Die bevölkerungsreichste Region der Welt - die nördliche Ebene Chinas von Peking bis Shanghai, dicht besiedelt und nahrungsmittelproduzierend - wird bei fortschreitender Erderwärmung unbewohnbar werden. Die Ursache ist die tödliche Kombination von Wärme und Feuchtigkeit, gemessen als "Wet Bulb" Temperatur (WBT). Sobald das WBT 35°C erreicht, kann sich der menschliche Körper nicht mehr durch Schwitzen abkühlen und selbst im Schatten sitzende gesunde Menschen sterben innerhalb von sechs Stunden.

        www.independent.co...pher-a8475721.html

        ZU WBT: Wikipedia --> Kühlgrenztemperatur.

        Wer heute schon unter zuviel Flüchtlingen leidet, ist einfach nur ein bißchen zart besaitet.

    • 0G
      06831 (Profil gelöscht)
      @93559 (Profil gelöscht):

      Wir sind schon drüber.