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Richtlinien für LieferkettenEin schönes Argument für Europa

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Die EU setzt einen internationalen Standard für Menschenrechte in der Wirtschaft. Geschädigte können ihre Rechte vor Gerichten in Europa einklagen.

Arbeiter in der Demokratischen Republik Kongo warten auf Sicherheitsaussrüstung zum Kobalt-Abbau Foto: William Clowes/getty images

E inen weltweiten Standard für Menschenrechte in der Wirtschaft setzt jetzt die Europäische Union. Am Mittwoch stellte die Kommission den Entwurf ihrer Lieferketten-Richtlinie vor. Hiesige Unternehmen müssen sich, wenn der Vorschlag der Kommission durchkommt, künftig darum kümmern, dass ihre weltweiten Lieferanten die Gewerkschaftsfreiheit der Beschäftigten gewährleisten oder die Anwohner vor Landraub und Wasserverschmutzung schützen.

Durchsetzen sollen das nicht nur die Behörden der EU-Mitgliedstaaten, sondern Geschädigte können dann ihre Rechte auch vor europäischen Gerichten einklagen. Das alles gilt für etwa 13.000 Firmen in der EU, zusätzlich aber auch für ungefähr 4.000 ausländische Unternehmen, die in Europa Geschäfte machen. Gerade diese internationale Wirkung stellt einen kaum zu unterschätzenden Fortschritt dar.

Das neue EU-Gesetz dürfte damit Unternehmen wie den in der Schweiz ansässigen Rohstoff-Konzern Glencore betreffen, der einen großen Teil etwa der Ausbeutung von Kupfer und Kobalt in der Republik Kongo beherrscht. Auch andere Konzerne, die den globalen Handel mit Rohstoffen dominieren, korrupte Diktatoren finanzieren und Wüsten hinterlassen, bekommen ein neues Problem.

Sicherlich könnte die EU-Regulierung konsequenter ausfallen. Volkswagen wird schon einen Weg finden, die kastrierten Rechte seiner Beschäftigten in China schön zu malen. Wobei an solchen Punkten interessante Prozesse auch vor deutschen Gerichten zu erwarten sind. Voraussetzung: In den kommenden Verhandlungen mit dem EU-Parlament und dem Rat wird der Entwurf nicht noch glatt geschliffen.

Grundsätzlich jedoch ist die Lieferketten-Richtlinie ein Beispiel für eine positive, weltweite Standardsetzung durch die EU, ähnlich der Datenschutzgrundverordnung oder dem Vorhaben der Klimaneutralität. Nicht um Neokolonialismus handelt es sich, sondern um den Versuch, den universellen Menschenrechten Gültigkeit zu verschaffen. Ein schönes Argument für Europa.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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5 Kommentare

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  • Gilt dies auch für Deutschland? Da könnte doch ganz nah begonnen werden.



    Beim Bau der A49 ist noch nicht geklärt wie weit durch den Bau die Wasserversorgung gefährdet wird oder eine Schneiße in einem gesunden Mischwald diesen gefährdet.



    oder in Osterholz: Hier wird ein Wald gerodet, um Abraum abzuladen, obwohl es Alternativen gäbe.

    • @StefanMaria:

      Der Artikel hier geht um Internationale Lieferkette... Zum Beispiel, wie die Menschen als Arbeiter oder sogar als Sklaven ausbenutzt werden.

      Für von Ihnen gefragte Sachen, gibt es schon entsprechende "deutsche" Gesetze und Gerichte.



      Sie können sich an denen wenden.



      Oder Andere (FFF und Co) haben das schon gemacht.

  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    "Geschädigte können ihre Rechte vor Gerichten in Europa einklagen."

    Super, wie soll das gehen mit einer Sklavin in China oder Norkorea?

  • "Das neue EU-Gesetz dürfte damit Unternehmen wie den in der Schweiz ansässigen Rohstoff-Konzern Glencore betreffen..."

    Auf welcher Grundlage sollte dies geschehen? Die Schweiz ist weder Mitglied der Eu noch des EWR. Damit hätte eine solche Regelung keine Bindungswirkung für die Schweiz bzw. für in der Schweiz ansässige Unternehmen.

  • Ist das wirklich ein "schönes Argument für Europa"?

    Bereits jetzt gibt es wunderbare deutschsprachige Internetseiten, bei denen der Käufer erst nach dem Verkauf merkt, dass er direkt in Hong Kong (oder Co.) bestellt hat (Eigene Erfahrung). Dieser Trend wird zunehmen. Winner of the day: Der Internethandel.

    Kik & Co. sind dagegen ein Auslaufmodell und die Köperschat- und Gewerbesteuern gehen für Deutschland (respektive die EU) verloren. Ein super Argument für die EU und die Arbeitnehmer in den betroffenen Länder gewinnen nixe nix.