Republikanische Partei der USA: Noch immer in Trumps Griff
Donald Trump deutet an, bei der Wiederwahl die Kapitolstürmer*innen vom 6. Januar 2021 zu begnadigen. Aus der Partei kommt kaum Widerspruch.
Donald Trump ist noch immer für einen Aufreger gut. Während der Untersuchungsausschuss des Kongresses und die laufenden Ermittlungsverfahren immer neue Details zum Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 zutage fördern, stellte Trump am Wochenende großzügige Amnestie für die Eindringlinge in Aussicht. „Wenn ich antrete und wenn ich gewinne, werden wir die Leute vom 6. Januar fair behandeln. Und wenn das Begnadigung bedeutet, werden wir sie begnadigen, denn sie werden so unfair behandelt“, sagte Trump unter dem Applaus seiner Anhänger*innen bei einem Auftritt in Texas.
Rund 700 Personen sind bislang wegen der Ereignisse des 6. Januar angeklagt, darunter 11 Mitglieder der rechtsextremen Oath Keepers wegen Verschwörung zum Umsturz. Viele der Angeklagten sagten vor Gericht, in dem Glauben an den Protesten teilgenommen zu haben, direkt von Trump dazu beauftragt worden zu sein.
Jetzt legte Trump sogar nach. Die Staatsanwaltschaften von New York und Georgia ermitteln derzeit wegen möglicher Steuervergehen beziehungsweise dem Versuch, die Wahlen zu torpedieren. Sollte es zu Anklagen kommen, dann hoffe Trump auf die größten Proteste, die das Land je gesehen habe.
Noch hat Trump nicht erklärt, ob er tatsächlich 2024 erneut für die Präsidentschaft kandidieren will. Formell gelten seine Kundgebungen im Wahlkampfstil derzeit meist der Unterstützung bestimmter Kandidaten für die Midterm Elections – Wahlen in der Mitte einer Präsidentenamtszeit –, bei denen das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt werden.
Die Moderaten haben es schwer
Trumps Unterstützung ist für viele republikanische Kandidat*innen von essenzieller Bedeutung – aber die bekommt nur, wer sich seinen weiterhin lautstark vorgetragenen Lügen vom großen Wahlbetrug 2020 anschließt.
Mit der Forderung nach Begnadigung der Kapitolstürmer*innen verschiebt Trump die Messlatte weiter. Aus seiner eigenen Partei kommt nur wenig Widerspruch. New Hampshires republikanischer Gouverneur Chris Sununu, Lindsey Graham, Senator aus South Carolina, und die republikanische Senatorin Susan Collins aus Maine waren die Einzigen, die Trumps Äußerungen schnell und öffentlich verurteilten.
Sununu gilt als moderat und Collins war eine der wenigen republikanischen Senator*innen, die beim zweiten Amtsenthebungsverfahren im vergangenen Jahr gegen Trump stimmten – sie ist bei ihm und seiner Basis ohnehin unten durch.
Toxischer Einfluss ist geblieben
Das aber war es auch schon an republikanischem Protest aktiver Politiker*innen. Angesichts von Trumps offener Ablehnung demokratischer Institutionen und der Unabhängigkeit der Justiz ist das herzlich wenig. Dabei dürften viele insgeheim darauf hoffen, Trump möge doch endlich still sein – schließlich baut vieles der Rhetorik der Republikaner*innen im Kongress darauf auf, die Demokrat*innen mit Präsident Joe Biden zu beschuldigen, durch ihr Beharren auf Aufklärung des Kapitolsturms die Spaltung des Landes zu vertiefen. Dass Trump selbst ständig aggressiv die alten Lügen wiederholt, macht dieses Unterfangen schwierig.
Derzeit wettert Trump außerdem gegen einen überparteilichen Gesetzentwurf, der es dem Vizepräsidenten unmöglich machen soll, die Zertifizierung der Wahlleutestimmen im Senat eigenmächtig zu verweigern. Dieser Termin war am 6. Januar 2021 der Anlass für den Sturm aufs Kapitol gewesen – und Trump hatte Ex-Vize Mike Pence offen aufgerufen, die Ergebnisse zurückzuweisen, sodass er zum Wahlsieger erklärt würde. Auch die konservativen Medien sind wieder bei Trump.
Fox News etwa, die sich rund um die Wahl Trumps Feindschaft zugezogen hatten, weil sie noch vor CNN Joe Biden zum Wahlsieger erklärt hatten, ist mit seinen Moderator*innen Tucker Carlson, Sean Hannity und Laura Ingraham wieder ganz auf Linie, von den kleineren, aber radikaleren rechten Kanälen One America News Network und Newsmax ganz zu schweigen.
Trump mag mit der Sperre auf Twitter und Facebook seine direkten Kommunikationskanäle verloren haben – sein toxischer Einfluss ist geblieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen