Republik Moldau: Großdemo für Neuwahlen
Zehntausende haben in Moldau für den Rücktritt der Regierung demonstriert. Zuvor hatte das Parlament die Macht der künftigen Präsidentin eingeschränkt.
Die künftige pro-europäische Präsidentin Maia Sandu hatte zu der Demonstration aufgerufen, nachdem das Parlament am Donnerstag ihre Macht mit einem Gesetz eingeschränkt hatte.
Das verabschiedete Gesetz sieht vor, dass das Ministerium für Sicherheit und Information nicht mehr wie bisher der Präsidentin, sondern künftig dem Parlament unterstellt ist. Das Abgeordnetenhaus wird von der Partei der Sozialisten dominiert, die den pro-russischen, noch amtierenden Präsidenten Igor Dodon unterstützt.
Organisatoren des Protests sprachen von mehr als 50.000 Teilnehmern; Reporter der AFP bestätigten die Teilnahme von mehreren zehntausend Menschen. Die Demonstranten trugen demnach Masken zum Schutz vor dem Coronavirus. Hunderte Sicherheitskräfte bewachten laut den AFP-Journalisten den Sitz der Regierung.
Designierte Präsidentin strebt Parlamentsmehrheit an
Die 48-jährige Sandu hatte am 15. November als erste Frau in der Geschichte des Landes die Präsidentenwahl gewonnen – mit 57,7 Prozent der Stimmen. Der russlandfreundliche bisherige Präsident Igor Dodon muss bis 23. Dezember das Amt abgeben. Sandu fordert eine Neuwahl, weil sie auf eine prowestliche Mehrheit im Parlament hofft.
„Igor Dodon will seine Niederlage nicht eingestehen. Er will das Land in Brand stecken, Chaos provozieren“, sagte Sandu auf der Demonstration am Sonntag. Im Wahlkampf hatte sie versprochen, gegen Korruption in dem kleinen Land zu kämpfen, das zwischen Rumänien und der Ukraine liegt.
Die „Koalition der Diebe und Banditen“ müsse beendet werden, sagte Sandu mit Blick auf das von Dodons Unterstützern kontrollierte Parlament. Die in den USA ausgebildete Ökonomin will gegen Korruption kämpfen und Reformen bei Justiz und Rechtsstaatlichkeit durchsetzen.
Spaltung in pro-westlich und pro-russisch
Die Republik Moldau ist politisch zwischen einem pro-russischen und einem pro-europäischen Lager gespalten. Dodon, der offen von Russland unterstützt wird, ist seit 2016 Präsident. Moldau ist mit seinen 3,5 Millionen Einwohnern eines der ärmsten Länder Europas.
Angesichts des russischen Einflusses zeigte sich Sandu aber auch bereit zu Gesprächen mit Moskau. Sie selbst hatte nach ihrem Sieg auf Russisch gesagt, dass sie kämpfen wolle gegen jene Kräfte, die versuchten, das Land zu spalten.
Bei der Kundgebung gab es russischsprachigen Medien zufolge viele moskaufeindliche Parolen. Das völlig verarmte und krisengeschüttelte Land mit seinem abtrünnigen und von Russland kontrollierten Gebiet Transnistrien wird seit Jahren von Skandalen erschüttert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört