Repressionen in Ungarn: Orbán dreht den Geldhahn zu

Parteien riskieren künftig Strafen, wenn ihr Wahlkampf aus dem Ausland finanziert wird. Begründet wird das mit dem Schutz der nationalen Souveränität.

Viktor Orban hält eine Rede nach seiner Wiederwahl zum Parteivorsitzenden auf dem Wahlkongress der regierenden ungarischen Fidesz-Parte

Es darf nur einen geben: Viktor Orban Foto: Szilard Koszticsak/MTI/ap/dpa

BERLIN taz | Kritik konnte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán noch nie brauchen. Erst recht gilt das sieben Monate vor der Wahl zum Europäischen Parlament. So ist es wohl auch kein Zufall, das Orbáns Regierungspartei Fidesz just am vergangenen Dienstag einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der die Finanzierung von Wahlkämpfen in Ungarn mit finanziellen Mitteln aus dem Ausland unter Strafe stellt.

Die neue Vorschrift, die mit einer Ergänzung der Verfassung einhergeht, firmiert unter der Bezeichnung „Gesetz zum Schutz der nationalen Souveränität“ – ein zentrales Postulat, das im Mittelpunkt der Wahlkampagne von Fidesz stehen soll. „Die Souveränität Ungarns wird beeinträchtigt. Das birgt auch ein erhöhtes Risiko für die nationale Sicherheit – wenn die politische Macht in die Hände von Personen oder Organisationen gerät, die von einer ausländischen Macht, Organisation oder Person abhängig sind“, heißt es in der Gesetzesvorlage.

Sie sieht unter anderem vor, dass die Annahme ausländischer Gelder während einer laufenden Kandidatur mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann. Zudem soll künftig eine neue Behörde ausländische Einmischung in die Politik überwachen und untersuchen. Das schließt auch Nichtregierungsorganisationen oder andere Organisationen ein, deren „Aktivitäten mit ausländischer Finanzierung das Ergebnis von Wahlen beeinflussen können“ oder die „Aktivitäten durchführen oder unterstützen, um den Willen von Wählern mit ausländischen Mitteln zu beeinflussen“.

Das „Amt zum Schutz der Souveränität“ soll bis Februar 2024 eingerichtet werden, hat jedoch außer der Veröffentlichung eines jährlichen „Souveränitätsberichts“ und der Weitergabe von Informationen an die Behörden keine Sanktionsmöglichkeiten.

Das neue Gesetz geht noch weiter, als viele befürchtet hatten. Denn sowohl die Finanzierung politischer Parteien oder Kandidaten durch ungarische juristische Personen oder Verbände sowie anonyme Zuschüsse an Parteien sollen verboten werden. Oppositionsparteien, die sich schon jetzt mit großen finanziellen Problemen herumschlagen, könnte das einen tödlichen Schlag versetzen.

Intensive Kampagne

Der Fraktionschef der Fidesz, Mate Kocsis, sagte, dass das Gesetz auf Erkenntnissen aus dem Parlamentswahlkampf 2022 basiere. In einer intensiven Medienkampagne gegen die Opposition unmittelbar nach der Abstimmung im vergangenen Jahr, bei der die Fidesz mit 54 Prozent der Stimmen eine Zweidrittelmehrheit holte, hatte die Regierung den Oppositionsparteien vorgeworfen, eine illegale Parteienfinanzierung aus den USA zu erhalten.

2017 hatte das Parlament ein Gesetz verabschiedet. Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 22.000 Euro jährlich aus dem Ausland erhalten, sind verpflichtet, sich entsprechend registrieren zu lassen.

Kri­ti­ke­r*in­nen bezeichneten den jüngsten Vorstoß als weiteren Versuch der Obrán-Regierung, die Opposition und Organisationen der Zivilgesellschaft zu behindern und zum Schweigen zu bringen. Es dürfte nicht der letzte Versuch dieser Art gewesen sein.

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