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Repression in ÄgyptenWer Sisi die Stirn bietet

In Ägypten wollte der Politiker Ahmed al-Tantawi Präsident Sisi herausfordern. Nun sitzt er im Gefängnis. Selbst seine Anwälte dürfen ihn nicht besuchen.

Lässt seine Kritiker inhaftieren: Abdelfattah al-Sisi, Präsident von Ägypten Foto: Florian Gaertner /imago

Berlin taz | Ägyptens Regierung verweigert den Anwälten des inhaftierten Oppositionspolitikers Ahmed al-Tantawi Zugang zu ihrem Mandanten. „Ich habe Tantawi seit seiner Inhaftierung nicht mehr gesehen, obwohl mir die Staatsanwaltschaft eine Besuchserlaubnis erteilt hatte“, sagte der Menschenrechtsanwalt Khaled Ali am Montag der taz. Die Gefängnisbehörden hätten sich trotz der Erlaubnis geweigert, ihn zu Tantawi zu lassen. „Ich habe keine Erklärung für diese Sturheit!“

Im Mai hatten die ägyptischen Behörden Tantawi, einen prominenten Kritiker von Präsident Abdelfattah al-Sisi, verhaftet. Sie vollstreckten damit ein Gerichtsurteil, dem zufolge Tantawi wie auch 22 seiner An­hän­ge­r*in­nen für ein Jahr inhaftiert werden sollte. Zudem ist Tantawi fünf Jahre lang die Teilnahme an Wahlen untersagt.

Tantawis Inhaftierung hat in Ägypten und im Ausland heftige Kritik ausgelöst. Im Juni veröffentlichten 1.000 Personen des öffentlichen Lebens, Organisationen und Parteien aus Ägypten eine Petition, in der sie die Freilassung der Inhaftierten fordern. Die Wut brach sich auch in sozialen Medien Bahn, wo Tausende über Tantawi posteten, Einzelheiten aus dem Prozess teilten und Videos von ihm verbreiteten.

Tantawi und seinen An­hän­ge­r*in­nen wird vorgeworfen, im Vorfeld der Präsidentschaftswahl im Dezember inoffizielle Unterstützungsformulare gedruckt und verteilt zu haben. Für eine Nominierung ist in Ägypten eine bestimmte Zahl von Wählerunterschriften erforderlich.

Der Politiker hatte seine Kandidatur letztendlich zurückgezogen, nachdem es ihm nicht gelungen war, genügend Unterschriften zu erhalten. Tantawi warf den Behörden vor, seine Kampagne zu behindern. Jour­na­lis­t*in­nen und Men­schen­recht­le­r*in­nen haben derartige Verstöße dokumentiert.

Die EU schweigt

Sieben ägyptische Menschenrechtsorganisationen erklärten, die Behörden versuchten sicherzustellen, „dass sich keine politische Alternative entwickelt und eine Herausforderung für Sisis Herrschaft darstellt“. Das Versprechen der Behörden, Reformen einzuleiten, diene dazu, „Kritik an ihrer Menschenrechtsbilanz zu beschwichtigen“. Sisi hatte im April 2022 einen nationalen Dialog über politische und wirtschaftliche Reformen angekündigt.

Die Zivile Demokratische Bewegung, Ägyptens größte Oppositionskoalition, erklärte, die Inhaftierung Tantawis zeige, dass die Behörden auf Einschüchterung und Unterdrückung setzten. Öffentliche Demonstrationen für Tantawi hat es aufgrund der Repression nicht gegeben. Sicherheitskräfte hatten vergangenes Jahr Dutzende von Tantawis Anhängern, Wahlkampfaktivisten und Mitglieder seiner damals im Entstehen begriffenen Partei verhaftet.

Auf internationaler Ebene hat sich unter anderem Marta Hurtado, Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, geäußert. „Wir sind besorgt über die während des Prozesses gemeldeten Verstöße gegen ein ordnungsgemäßes Verfahren, einschließlich der Hindernisse beim Zugang zu den Prozessakten für die Vorbereitung einer angemessenen Verteidigung“, so Hurtado.

Die EU dagegen schweigt beharrlich. Offenbar ist man in Europa der Ansicht, dass es zur Stabilität in der Region beiträgt, wenn man die Unterdrückung in Ägypten ignoriert. Im März hatte die EU ein Finanzpaket in Höhe von 7,4 Milliarden Euro für Ägypten angekündigt, um die Wirtschaft des Landes zu stabilisieren und den Strom von Migranten nach Europa inmitten der Krisen in Gaza und dem Sudan einzudämmen.

Ein bekanntes Muster

Tantawis Schicksal unterscheidet sich kaum von dem anderer Politiker, die Sisi herausfordern wollten. Schon im Zuge der Präsidentschaftswahl 2018 waren drei von vier Kandidaten, die eine Kandidatur anstrebten, inhaftiert worden, während der vierte gezwungen wurde, seine Kandidatur zurückzuziehen.

Einer der Inhaftierten war der ehemalige Stabschef der Armee, Sami Anan. In einem geheimen Militärprozess wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er „ohne Erlaubnis der Streitkräfte an Wahlen teilgenommen hatte“, was als Verstoß gegen das Militärrecht gesehen wurde. Rund zwei Jahre später wurde er aus der Haft entlassen, während sich sein Gesundheitszustand verschlechterte. Seitdem ist er nur noch selten in Erscheinung getreten.

Auch der Offizier und Ex-Regierungschef Ahmed Schafik wurde verfolgt, nachdem er 2018 angekündigt hatte, Sisi herauszufordern. Er wurde aus den Arabischen Emiraten, wo er im Exil lebte, nach Ägypten ausgewiesen, wo er kurz verschwand, bevor er wieder auftauchte und sich aus dem Rennen zurückzog. Medienberichten zufolge war Schafik eine Gefängnisstrafe angedroht worden. Ihm nahestehende Personen berichteten, er habe gesagt: „Ich habe Töchter und ich habe Angst um sie.“ Seitdem hat sich auch Schafik kaum noch geäußert.

Schließlich traf es vor der Wahl 2018 auch den Oberst der ägyptischen Armee Ahmed Konsowa. Er wurde verhaftet, nachdem er in einem Video seinen Wunsch äußerte zu kandidieren. Ein Militärgericht verurteilte ihn zu sechs Jahren Haft, weil er „politische Meinungen auf Facebook geäußert hatte, während er eine Militäruniform trug“. Ob er mittlerweile freigelassen wurde, ist nicht bekannt.

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2 Kommentare

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  • Ägypten ist unter Sisi zum absoluten Tyrannenstaat geworden, 10 mal schlimmer als noch unter Mubarak.



    Die Zahl der politisch Gefangenen, die unter unmenschlichsten Bedingungen im Knast dahin vegetieren müssen, ist nicht bekannt, dürfte aber locker über 100'000 geklettert sein.



    Leider interessiert das unter den westlichen Staaten fast niemanden. Nein, gewisse Politiker reisen sogar dahin, schütteln dem Sisi mit einem Lächeln im Gesicht die Hand, während sie den Koffer mit den Milliarden übergeben. Genau die selben Politiker empören sich dann z.B. über einen Orban.



    Es geht in der europäischen Politik nicht mehr um moralische Grundsätze oder die Menschen. Es zählt nur noch der Nutzen

  • Soviel zum Thema Demokratie und Menschenrechte - sie sind dem Westen nur wichtig, wenn man sie zu eigenen Gunsten instrumentalisieren kann. Ein Diktator, der dem Westen genehm ist, braucht sich keine Sorgen über Kritik oder Regime Changes machen.