Reparatur-Programm in Bremen: Zweites Leben für die Waschmaschine

Werkstätten erwünscht: Bremen soll nach dem Willen der Regierungsfraktionen Reparaturnetzwerke ausbauen. So soll es weniger Elektroschrott geben.

Ein Berg aus Elektroschrott

Hätte das wirklich alles auf den Müll gemusst? Oder wäre eine Reparatur möglich? Foto: Julian Stratenschulte/dpa

BREMEN taz | Es schont Ressourcen und das Klima, es sichert Arbeitsplätze vor Ort, und es macht unabhängiger von volatilen globalen Lieferketten und nicht überall vorhanden Rohstoffen – wer braucht eine eierlegende Wollmilchsau, wenn man doch reparieren kann? Reparieren ist en vogue.

Durch die Ökodesign-Richtlinie der EU ist dieses Nachhaltigkeitsziel mittlerweile auch politisch verankert. Kun­d*in­nen müssen von Unternehmen künftig Informationen dazu bekommen, wie und ob ein neues Produkt zu reparieren ist. Die Umsetzung vor Ort ist aber noch ein ganz anderes Thema: Dass Werkstätten vor Ort eine Reparatur überhaupt anbieten, ist längst kein Standard.

In Bremen wird nun überlegt, wie eine lokale Reparaturoffensive aussehen könnte. Ein Antrag der Regierungsfraktionen dazu wird am heutigen Mittwoch in der Bürgerschaft verhandelt, die Linke hatte ihn initiiert. Ein „Reparaturnetzwerk“, so eine Idee, soll helfen, bestehende Reparaturdienstleistungen in Bremen sichtbarer zu machen. Geprüft werden soll aber auch die Einrichtung von sogenannten Ressourcenzentren und die Einführung eines Reparaturbonus.

Reparaturcafés, auf ehrenamtlicher Basis und gegen Spende, gibt es in Bremen natürlich bereits, selbst auf vielen Dörfern ist das nichts Neues mehr. Die Mitarbeiter*innen, die dort zu Reparaturen anleiten, sind Freiwillige – und ganz unterschiedlich erfahren. Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht: Mal fehlen die Ersatzteile, mal die Expertise. Gut möglich ist es, ein paar Stunden der eigenen Zeit für eine gemeinsame Reparatur aufzubringen und am Ende doch mit einem kaputten Gerät von dannen zu ziehen.

Vorbild ist das Ressourcenzentrum in Oldenburg

Wie sich das angedachte neue „Ressourcenzentrum“ davon unterscheiden könnte, steht nicht im Detail fest. Gut erreichbar soll es laut Antrag sein, und lange Öffnungszeiten haben. Zumindest dieser Punkt wäre eine echte Neuerung: Die bestehenden Cafés öffnen je nach Stadtteil ein paar Stunden in der Woche oder auch nur einmal alle zwei Monate.

Einen Hinweis auf weitere Ideen für das Zentrum gibt der Antrag: Als Vorbild wird Oldenburg genannt; dort ist ein Ressourcenzentrum bereits im Aufbau. Aktuell gibt es dort montags bis freitags jeweils zwei Stunden Zeit für Reparaturen: Für Textiles und für IT, für Elektrogeräte und auch für Möbel.

Lachlan Campbell, Leiter des Ressourcenzentrums Oldenburg

„Viele wollen alles für nix. Sie sind nicht bereit, Geld in die Hand zu nehmen“

Der größte Unterschied zum Reparaturcafé ist, dass das Konzept auf kommerziellen Anbietern basiert. Wer hier repariert, der tut das auf Rechnung – ganz so, wie auch in einer Werkstatt von klassischen Handwerksbetrieben. Mit dem Unterschied, dass dort entsprechende Reparaturen eben häufig nicht mehr angeboten würden, erzählt Ressourcenzentrumsleiter Lachlan Campbell.

Die Bremer Handwerkskammer begrüßt die Initiative – solange denn ausschließlich Meisterbetriebe für die Reparaturen herangezogen würden.

Das Oldenburger Zentrum zeigt aber auch die größte Tücke des Konzepts auf: Die Nachfrage sei zwar groß, erzählt Campbell, besonders für die Reparatur von Elektrogeräten. Die Zurückhaltung, die hohen Reparaturpreise zu zahlen, ist es allerdings auch: Das Konzept werde oft mit den bestehenden Reparaturcafés verwechselt. „Viele wollen alles für nix“, so Campbell.

„Sie sind nicht bereit, Geld in die Hand zu nehmen.“ Ganz verübeln kann man das den Ol­den­bur­ge­r*in­nen nicht: Ein kaputter Toaster wird im Zentrum zwar angenommen; dass die Reparatur günstiger wird, als ein Neukauf, ist damit aber nicht gesagt. Der Vorteil für die Kun­d*in­nen bleibt eher ideeller Natur. Man hat mit seinem eigenen Konsum die Umwelt weniger belastet.

Reparaturbonus wird diskutiert

Damit die Reparatur sich auch finanziell lohnen könnte und damit für mehr Menschen in Frage kommt, lässt der Bürgerschaftsantrag in Bremen noch weitere Modelle prüfen. Ein Reparaturbonus ist im Gespräch. Ins Leben gerufen wurde der in Wien: Über ein Gutscheinsystem können sich Menschen dort Reparaturkosten zur Hälfte erstatten lassen.

Erfahrungen damit gesammelt hat in Deutschland das rot-rot-grün regierte Thüringen in einem Modellprojekt: Bür­ge­r*in­nen dort konnten sich im letzten Jahr für Reparaturen von Elektrogeräten zwischen Juni und Oktober Geld zur Hälfte zurück überweisen lassen. Wie in Wien sind bis zu 100 Euro pro Jahr und Bür­ge­r*in möglich. Angenommen wurde das Projekt laut thüringischem Umweltministerium gut. In den fünf Monaten wurden knapp 6.800 Anträge gestellt und 480.000 Euro ausgezahlt.

Vor allem Mobiltelefone sowie Waschmaschinen und Geschirrspüler wurden hier repariert. Die meisten Geräte waren relativ neu. Das am häufigsten genannte Kaufjahr war 2018. Kleingeräte tauchen unter den häufigsten Reparaturgütern nicht auf – der alte Toaster bleibt also auch unter den Bedingungen eines Reparaturbonus' eher ein exotisches Beispiel.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.