Reparationsforderungen aus Polen: Warschau will 1,3 Billionen Euro

Der Reparationsbeauftragte beziffert die durch Nazideutschland verursachten Kriegsschäden. Der Autor des Gutachtens führt in Kürze Gespräche in Berlin.

Polens Vize-Außenminister Mularczyk

Arkadiusz Mularczyk, Vize-Außenminister von Polen, mit dem Bericht über Reparationsforderungen Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN dpa | Die polnische Regierung will bei ihrer Forderung nach Weltkriegsreparationen den Druck auf Deutschland weiter erhöhen. „Die Frage der Reparationen hat eine fundamentale Bedeutung für Polen. Es geht hier nicht allein um eine politische Frage, sondern es geht um die Würde Polens“, sagte der polnische Vize-Außenminister und Reparationsbeauftragte Arkadiusz Mularczyk der Deutschen Presse-Agentur zum Auftakt seines zweitägigen Antrittsbesuchs in Berlin.

„Jetzt hat Deutschland die Wahl: Entweder setzt es sich mit Polen an den Verhandlungstisch, oder wir werden die Sache in sämtlichen internationalen Foren thematisieren – in den UN, im Europarat und in der Europäischen Union.“

Die polnische Regierung habe mit ihren Aktivitäten erst begonnen, betonte Mularczyk. Neben bilateralen Gesprächen sollte eine internationale Konferenz zu dem Thema stattfinden, weil auch andere Länder betroffen seien. Neben Polen fordert auch Griechenland seit langem Reparationen von Deutschland.

„Diese Sache kann von der Bundesregierung nicht ausgesessen werden bis zur nächsten Wahl“, sagte Mularczyk. „Es muss ein Dialog zu diesem Thema stattfinden, sonst wäre das sehr schlecht für unsere Nachbarschaft.“ Polen hat vor zwei Wochen bereits in einer offiziellen Note an 51 Staaten der EU, der Nato und des Europarats um Verständnis für seine Forderungen geworben.

Mularczyk hat als Vorsitzender einer Parlamentskommission einen Bericht zu den von Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg angerichteten Kriegsschäden in Polen anfertigen lassen, der im September vorgestellt wurde. Darin ist die Schadenssumme auf 1,3 Billionen Euro beziffert. Ende Oktober wurde Mularczyk zum Vize-Außenminister und Reparationsbeauftragten der polnischen Regierung ernannt. In diesen Funktionen führt er am Dienstag und Mittwoch Gespräche in Berlin, unter anderem mit der Europa-Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann.

Die Bundesregierung hält die Reparationsfrage für abgeschlossen und beruft sich auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag über die außenpolitischen Folgen der deutschen Einheit, an dem Polen allerdings nicht beteiligt war. „Es sollte zwischen Deutschland und Polen keine Dinge geben, die unter den Teppich gekehrt werden“, betonte Mularczyk. Er warf Deutschland vor, seit den 50er Jahren eine Politik des „Verschweigens, Verjährens und Vergessens“ zu verfolgen.

„Ich kenne persönlich ältere Menschen, die im Krieg schwer verletzt wurden und seitdem körperlich behindert sind. Sie haben ihr Leben lang nach Gerechtigkeit gesucht und sie nicht gefunden. Die Deutschen sehen diese Menschen nicht und tun so, als würden diese Menschen nicht existieren“, sagte der Vize-Außenminister. „Gleichzeitig werden Altersrenten an ehemalige Wehrmachtssoldaten und SS-Angehörige gezahlt. Diese Politik Deutschlands muss der Welt gezeigt werden.“ Mularczyk sprach von einer „großen historischen Ungerechtigkeit“.

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