piwik no script img

Reparationsforderungen an DeutscheAthen will 278,7 Milliarden Euro

Griechenland nennt eine konkrete Summe an deutschen Reparationszahlungen für den Zweiten Weltkrieg. Deutschland sieht die Entschädigung als erledigt an.

Griechenlands Vize-Finanzminister Dimitris Mardas (links) nennt konkrete Zahlen. Bild: dpa

BRÜSSEL/ATHEN dpa | Im Streit um deutsche Reparationszahlungen für erlittene Schäden im Zweiten Weltkrieg hat der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas die Forderungen seines Landes auf 278,7 Milliarden Euro beziffert. Ein zuständiger Parlamentsausschuss komme nach einer ersten Auswertung auf diese Summe, teilte er am späten Montagabend im Parlament in Athen mit. Das Thema belastet die deutsch-griechischen Beziehungen seit Jahrzehnten.

Zu den Reparationsforderungen gibt es bereits eine umfangreiche griechische Studie. Auf deren Grundlage prüfen der Parlamentsausschuss und der Oberste Gerichtshof des Landes zurzeit, wie mögliche Reparationsforderungen an Deutschland erhoben werden können. Die Gesamtforderungen werden darin auf zwischen 269 und 332 Milliarden Euro beziffert. Die Bundesregierung sieht die Entschädigungsfrage dagegen als erledigt an. Ein 1960 von der damaligen Bundesregierung abgeschlossenes Abkommen sah die Zahlung von 115 Millionen Mark vor.

Unterdessen hat der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, vor dem Moskau-Besuch des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras vor einer zu starken Nähe zu Russland gewarnt. Es wäre eine riskante Strategie, wenn Tsipras in der angespannten Lage sein Heil in einer Annäherung an das autokratische System suche, sagte der CSU-Politiker dem Tagesspiegel (Dienstag). Der für Mittwoch geplante Besuch komme „zur Unzeit“.

Der griechische Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis hatte am Osterwochenende allerdings Mutmaßungen zurückgewiesen, die Reise leite eine Distanzierung Griechenlands von der EU ein. Kritiker befürchten, Tsipras könnte Putin um Notkredite bitten, weil ihm EU, Europäische Zentralbank (EZB) und der Weltwährungsfonds (IWF) zurzeit den Geldhahn zugedreht haben.

Griechenland will IWF-Kredit zurückzahlen

Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis sagte dem IWF die Rückzahlung eines Kredits von rund 450 Millionen Euro zu, der am Donnerstag fällig wird. Zu seit Tagen kursierenden Gerüchten, Griechenland könnte Kredite außerhalb der EU wie etwa in Russland oder China aufnehmen, sagte er dem Wirtschaftsblatt Naftemboriki: „Die Lösung der Krise (...) betrifft die europäische Familie und muss im Rahmen der EU gefunden werden.“

Die bisherigen Hilfen für Griechenland belaufen sich auf 240 Milliarden Euro, etwa 55 Milliarden Euro entfallen auf Deutschland. Der Schuldenberg des Landes beträgt 320 Milliarden Euro. Ohne rasche Hilfen droht Athen schon bald der Staatsbankrott. Die Euro-Partner und der IWF haben Kredite von 7,2 Milliarden Euro auf Eis gelegt, weil bisher nicht alle Reformauflagen erfüllt sind. Die Verhandlungen Griechenlands mit den Geldgebern sollen diese Woche in Brüssel und Athen intensiviert werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

25 Kommentare

 / 
  • Hallo taz: "Zu den Reparationsforderungen gibt es bereits eine umfangreiche griechische Studie" Bitte mal die Studie verlinken oder den / die Autoren nennen!

    • @Want Amore:

      Hallo Want Amore, der Artikel ist ein Ticker von der dpa. Die Studie liegt uns leider nicht vor. Grüße, Salomon.

  • Erfreulich - anders als in den deutschen Regierungen ala long und in in toto -

     

    gibt es hier Stimmen - denen

    Recht nicht am Arsch vorbeigeht;

    Die rechtlich versierten Weggefährten aus meiner Generation - denen ich Durchblick zutraue -

    sind durch die Bank der Auffassung -

    daß sich BRD/´schland nach WK II seit dem Londoner Schuldenabkommen -

    auf billige und durchsichtige Weise -

    gelinde gesprochen " in die Tasche lügt";

    In Wahrheit - die sind ja nicht blöd und können lesen - wissen auch deren Insider, daß die Griechen - und nicht nur die - das Recht auf ihrer Seite haben - und -

    Das Schluß ist - mit lustig

    mit links und chaotisch hat das nur beiden zu tun - die das aus durchsichten Gründen - allenfalls ohne Ahnung - rumposaunen

  • Das Schlimme an den Linken Chaoten ist: das ist erst der Anfang!

    Erst wollen sie gleichen Lohn für gleiche Arbeit, und dann auch noch die Erbschaften sozialisieren.

    Am Ende wollen sie alles sozialisieren!

    Nicht nur in Athen, sondern überall!

    Und das nicht nur im Theaterstück, sondern ganz real.

    • @nzuli sana:

      Nur die deutschen Linken sind wieder einmal anders, die wollten dass kein Cent nach Athen fließt.

  • Ich weiß ja nicht, ob Sie DDR-BürgerIn waren; ich war es und hätte über Reparationen DDR -> SU aus den DDR-Medien niemals etwas erfahren. Das gab es gar nicht. Da ging es immer nur um „brüderliche Hilfe“ SU -> DDR!

    Andererseits hatten Partei und Regierung genug Geld für „Solidaritätsaktionen“ an die „Befreiungsbewegungen“ in Angola, Mocambique, Südjemen, Somalia, … . Neben den lautstark propagierten Lieferungen von Nahrungsmitteln und Bekleidung war wohl auch die eine oder andere Waffenlieferung dabei.

     

    Was die Rechtsnachfolge betrifft: Da hatte sich die BRD selbst zum Rechtsnachfolger von Nazideutschland erklärt, und zwar auch mit allen Rechten! Daraus resultierte z. B. der von der BRD bis in die 1970er Jahre aufrechterhaltene „Alleinvertretungsanspruch“ für alle Angelegenheiten, die Deutschland insgesamt betrafen. Die DDR Führung geißelte das als „Alleinvertretungsanmaßung“, sie wollte die gleichen Rechte wie die BRD haben. Aber eben nicht die gleichen Pflichten

  • Langsam wird es echt lustig mit den Linken Chaoten aus Athen , was kommt als nächstes ....wir können gespannt sein in dem Theater Stück !!!!

    • @andy berg:

      Jaja, in der Tat!

      Trotzdem kleine Korrektur: Es sind nicht nur „Linke Chaoten“, sondern auch „Rechte Chaoten“, die dazu verdammt sind, in einer gemeinsamen Regierung etwas Konstruktives auf die Beine zu stellen.

      Beim Problemkreis Finanzkrise und Schuldenschnitt mögen sie noch halbwegs übereinstimmen. Aber was ist, wenn andere Themen anstehen?

      Prost Mahlzeit!

  • Richtig so!

     

    Seit 1945 drückt Deutschland sich vor der Verantwortung für die unendlich entsetzlichen Verbrechen der Nazizeit. Die mörderischen Täter konnten ihre Karrieren nahtlos fortsetzen, die Konzerne ihre Gewinne aus Arisierung, Kriegswirtschaft, Ausbeutung eroberter Länder und Zwangsarbeit multiplizieren und die Opferländer gingen leer aus, müssen sich von Gauck warme Worte von Vergebung und Versöhnung anhören…

     

    So geht's nicht! Auch die Nachgeborenen, die gerne das Erbe ihrer Väter und Großväter angenommen haben, obwohl Blut und millionenfacher Terror und Mord dran hing, können sich ihrer Verantwortung nicht einfach so entziehen.

     

    Leider hat die griechische Regierung sich nicht an das Beispiel Island gehalten und die verantwortlichen betrügerischen Banker einfach in den Knast gesteckt, denn das wäre auch noch eine diskussionswürdige Alternative gewesen.

    • @Khaled Chaabouté:

      Da haben sie recht. Banken sollten in Griechenland gar nicht erlaubt sein. Hätten man die Bänker in den Knast gesteckt, dann hätten die griechischen Regierungen ihre Schulden dort nicht machen können, Deutschland und die anderen EU Staaten hätten die griechischen Staatsanleihen nicht aufkaufen müssten und den griechischen Regierungen nicht immer wieder Geld in den Arsch schieben müssen.

    • @Khaled Chaabouté:

      Ein Blick auf die Vergangenheitsbewältigung anderer "Schuldnationen" wäre hilfreich Ihre Wut zu verarbeiten. Angriffskriege gabs in den letzten Dekaden genug; im Großen wie im Kleinen.

       

      Auch helfen würden ein paar Gedanken, warum es D nach den Kriegsjahren so schnell so viel besser ging (zumindest dem Westen; den Osten haben Sie wohl ebenfalls nicht im Blick).

      Von wem alles kamen wohl Geld und Waffen ins Land und warum? Und warum gab es Ost- und Westdeutschland? Na, klingelts?

       

      Oder anders: Würde es Ihnen heute "gerechter" gehen, wenn der kalte Krieg etwas heißer geworden wäre im Zentrum Mitteleuropas.

       

      Ich kann nur aufrufen aus der Geschichte zu lernen und keine Listen und Rechnungen gegeneinander aufzumachen. Der Effekt wäre niederschmetternd und inhaltlich bedient wird die extreme Linke oder Rechte; whatever...!

      • @Tom Farmer:

        Haben Sie denn schon allen Ihren Schuldnern die Schulden erlassen? Oder haben Sie welche und zahlen die einfach nicht?

  • Reparationsforderungen?

    Wie kann Schuld formuliert werden an einen Staat, in dem die Täter nicht mehr am Leben oder im Altersheim sind?

    Sind die Adressaten von Schuld deren Kinder und Enkel? Oder die Regierung?

     

    Kann Sühne über Zahlungen von Nichttätern an die Enkel von Opfern z.T. auch tatsächliche Opfern erfolgen und wenn ja, wie?

    Wo beginnt Aussöhnung und was ist die Währung hierzu? Wo gibt es statt Tätern und Opfern auch eine gemeinsame Erkenntnis? Wie kann die gewonnen werden?

     

    Leider keine Ansatz erkennbar, da beide Seiten Angst haben, dass ihnen was abgeht. Eingeständnis, aber dass es dann teuer wird hier bzw. dass man auf "Rechte" verzichte dort.

    • @Tom Farmer:

      Auch Ihnen kurz ein rechtlicher Hinweis:

      Sie können zwar keine Schuld erben, was auch niemand verlangt, aber Schulden sind vererbbar.

      Es bestände nur die Möglichkeit, die gesamte Erbschaft zu verweigern. Wir können also jedes Vermögen, was schon 1945 jemandem gehörte, als eigentumslos erklären und es z.B. den Griechen überschreiben.

  • Schulden sind zu bezahlen, sagt Schäuble. Er kann schon mal die erste Rate nach Griechenland bereitstellen.

     

    Natürlich nimmt Griechenland Hilfe von außerhalb der EU an, wenn wir sie ihnen versagen. Das ist legitim und korrekt für eine gewählte Regierung, die die Interessen ihres Volkes ordentlich vertritt.

    • 1G
      12294 (Profil gelöscht)
      @robby:

      Na, dann kann ja auch die deutsche gewählte Regierung legitim und korrekt die Interessen ihres Volkes ordentlich vertreten. Und diese liegen meiner Meinung nach nicht darin, Griechenland zu reparieren. Aber da sind Sie sicher anderer Meinung.

  • Die griechischen Reparationsforderungen werden in D. besonders von der Linkspartei unterstützt. Was hat eigentlich die Vorgängerin der Linkspartei in dieser Hinsicht getan, als sie noch die allmächtige Staatspartei SED des ostdeutschen Staates DDR war?

     

    Bekanntlich gingen aus den Trümmern Hitlerdeutschlands die beiden unabhängigen Staaten BRD und DDR hervor. Da hätte doch die SED mit gutem Beispiel vorangehen und die Bezahlung des DDR-Anteils an Griechenland veranlassen können. Das hätte die damalige BRD unter enormen Druck gesetzt, mitzuziehen und ebenfalls zu bezahlen

     

    Doch nichts dergleichen geschah. In der DDR wurde zwar von den Verbrechen der Wehrmacht in Griechenland berichtet, aber von einer Wiedergutmachung war in den 40 Jahren DDR nie die Rede!

     

    Noch was anderes:

     

    Der griechische Syriza-Politiker Paraskevopoulos hatte neulich in einem Interview sinngemäß gesagt, dass es bei den Kriegsschulden „keine Verjährung gibt“ (was die deutsche Regierung behauptet).

     

    Das sollte er sich besser noch mal überlegen!

    Im Altertum hatten die Griechen zeitweise den gesamten östlichen Mittelmeerraum erobert – natürlich mit Krieg – und damit Tod und Zerstörung über diese Länder gebracht.

     

    Was ist, wenn diese Länder die Begleichung dieser Schulden verlangen? In über 2.000 Jahren kommt einiges an Zins und Zinseszins zusammen!

    • @Pfanni:

      Eine notwendige Korrektur aus der Geschichte: Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland, hatte die Sowjetische Besatzungszone und später, die antifaschistische Deutsche Demokratische Republik, einen Teil der Wiedergutmachungsleistungen erbracht. Allerdings, diese Leistungen wurden von der ostdeutschen Bevölkerungsmehrheit, die vormals ebenso aktiv wie die westdeutsche Bevölkerungsmehrheit am Kapitalfaschismus und Staatsterrorismus von 1933 bis 1945 beteiligt war, nicht mitgetragen.

       

      Auch hieraus erklärt sich die (pro westliche) Wirtschaftsflucht und Konsumflucht der Mehrheit der Ostdeutschen 1989/90, einschließlich der Wendehälse der ostdeutschen Blockparteien und Bürgerbewegten.

    • @Pfanni:

      Wenn alle immer ihre Kriegsschulden beglichen hätten wir eine Welt ohne Krieg schätz ich, da es sich dann nicht mehr rechnet. Ich finde es schon richtig dafür aufzukommen. Über Summen wie 278 Milliarden, die Menschen zu leisten haben die damit nichts zu tun haben außer eben in D auf die Welt gekommen zu sein, oder als Steuerzahler hier zu leben kann man dann wohl streiten. Was würden sich die USA den Irakkrieg und drumherum eigentlich im Nachhinein als Entschädigung Kosten lassen? Wie schaut es mit Zahlungen Frankreichs an Algerien aus? Wie ist es mit Italien, das seinerzeit, 2. WK, im Zuge des Balkanfeldzugs Griechenland überfiel. Haben die Italiener für Mussolinis Taten eigentlich je was bezahlt? Mhm, schwierig, da könnte man ein riesen Fass aufmachen. Zahlen muss wohl prinziell der Verlierer oder die, die dem größten internationalen Druck ausgesetzt sind. Ich finde es richtig, dass Staaten für verursachte Kriege aufkommen. Das sollten dann aber alle machen.

    • @Pfanni:

      Oh, Milchmädchenrechnung !

       

      ...und die BRD hätte gleichsam die immensen Reparationen an die SU mit bestreiten können, was die DDR m.W. allein tat.

  • Eine berechtigte Forderung Griechenlands!

     

    Diese Forderung ist seit Jahrzehnten überfällig und sogar ein Entgegenkommen, -- seitens der griechischen Regierung gegenüber Deutschland!

     

    Würde man das kapitalistische Verwertungsprinzip eines Wirtschaftsunternehmens zum Maßstab machen, so müsste die Bundesrepublik Deutschland, -- für die mehr als eine Million griechischen Opfer und Hinterbliebenen, mehr als 1 Billion Euro heute zahlen! -- Also mehr als 1.000 Milliarden Euro Schulden, Wiedergutmachung und Entschädigung an Griechenland im Jahr 2015!

    • 1G
      12294 (Profil gelöscht)
      @Reinhold Schramm:

      Dass ich das noch erleben darf, dass Sie ein kapitalistisches Argument verwenden! Gott sei Dank aber nur im Konditional.

       

      Allerdings muessten Sie mit einberechnen, dass es sich dabei um ein griechisches kapitalistisches Unternehmen handeln würde. Und in dem Fall wäre das Geld ohnehin gleich wieder in der Schweiz. Insofern….