piwik no script img

Regierungskrise in MaltaMuscat kündigt Rücktritt an

Mehrere Minister waren zurückgetreten, weil gegen sie im Mordfall Caruana Galizia ermittelt wird. Auch Premier Joseph Muscat will nun sein Amt niederlegen.

Demonstranten warten vor dem Parlament in Valletta auf Regierungschef Joseph Muscat Foto: reuters

BERLIN taz | Maltas sozialdemokratischer Regierungschef Joseph Muscat hat am Freitag seinen Rücktritt angekündigt. Das berichteten übereinstimmend mehrere maltesische Medien. Er reagiert damit auf die Häufung von Rücktritten von Ministern seines Kabinetts, gegen die ermittelt wird. Stabschef Keith Schembri war in der vergangenen Woche wegen des Mordes an der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia ins Visier der Ermittler geraten. Gegen drei weitere Minister hatten sich der Verdacht der Geldwäsche und Korruption verdichtet.

Den Medienberichten zufolge will Muscat kommissarisch im Amt bleiben, bis seine Partei, die PL, in den kommenden Wochen einen Nachfolger bestimmt hat.

Bis drei Uhr früh hatte in der Nacht zu Freitag das Kabinett getagt. Dann war Muscat vor die Kameras getreten. „Ich mache weiter, bis die Untersuchung im Fall Galizia abgeschlossen ist“, sagte er da noch. Er bestehe darauf, dass in dem Fall unter seiner Aufsicht zu Ende ermittelt werde. Als Muscat, dem die Familie der ermordeten Journalistin vorwirft, die Täter zu decken, vor die Presse trat, waren auf dem Platz vor dem Gebäude Rufe wütender Demonstranten zu hören.

Am Nachmittag kam die Meldung, er wolle seinen Posten doch räumen. Das Misstrauen in der Bevölkerung und der eigenen Partei war offenbar zu stark geworden.

Mord, Schmiergeld und eine Briefkastenfirma

In der vergangenen Woche waren spektakuläre Informationen über den Autobombenmord an Galizia bekannt geworden. Diese beruhten im Wesentlichen auf Aussagen des vor zehn Tagen festgenommenen maltesischen Unternehmers Yorgen Fe­nech. Dieser soll 450.000 Euro an drei Männer bezahlt haben, die der organisierten Kriminalität zugerechnet werden, damit sie Galizia ermorden.

Die drei sitzen seit Dezember 2017 im Gefängnis. Offen war, wer sie beauftragt hatte. Fenech hatte in den vergangenen Tagen den Stabschef der Regierung von Muscat, Keith Schembri, als Auftraggeber des Mordes belastet. Die Polizei vernahm Schembri daraufhin, sein Haus wurde durchsucht und er unter Arrest gestellt.

Schembri soll ab 2013 über eine Briefkastenfirma in der Karibik Schmiergelder in Mil­lio­nenhöhe von Fenech erhalten haben, ebenso wie der gleichfalls diese Woche zurückgetretene Tourismus- und Energieminister Konrad Mizzi. Im Gegenzug soll Fenech die Konzession für den Bau eines Gaskraftwerks erhalten haben. Die später ermordete Daphne Caruana Galizia hatte 2015 als Erste über die Affäre berichtet.

Fenech hatte als Gegenleistung für seine Aussagen Straffreiheit in Form einer Kronzeugenregelung gefordert. Genau darum ging es auch in der Kabinettssitzung in der Nacht auf Freitag. Muscat fragte, ob Fenech, der nach bisherigem Erkenntnisstand ein Haupttäter wäre, unbestraft bleiben darf. Das Kabinett lehnte in der Nacht eine Begnadigung ab. Fenechs Anwälte legten dagegen Beschwerde ein.

Für Muscat kam es am Freitag noch dicker: Die maltesische Justiz bestätigte strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäsche gegen den maltesischen Finanzminister Edward Scicluna, Keith Schembri, den „durch sich selbst suspendierten“ Minister Chris Cardona und Ex-Tourismusminister Konrad Mizzi. Es geht dabei um Unregelmäßigkeiten bei einer Krankenhausprivatisierung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Muscat wurde wohl durch Yorgen Fenech die Pistole auf die Brust gesetzt: "Begnadige mich oder ich sage aus dass wir ein gemeinsames Telefonat hatten". Oder mehrere



    www.independent.co...e-calls-6736216834

    Auf der kleinen Insel geht's echt rund dieser Tage.

  • Die Rücktritte hätten schon erfolgen müssen als klar war, dass in den Panama-Papers die Politiker rund um Muscat als Begünstigte genannt werden.

  • Das mit dem Rücktritt von Muscat ist ja mal ein Schritt, fragt sich nur in welche Richtung - Aufklärung ? Kommissarische Regierungsmacht ist vermutlich bei Muscat genauso Machtmissbrauch wie aktive. Neuwahlen? In Sachen Klientelismus, Korruption und sonstigen undemokratischen Manövern stehen sich die beiden Parteien, Labour und Nazzjonalisti ja leider in nichts nach.

    • @OndaOnda:

      Völlig richtig, die beiden Parteien schieben sich immer nur die Schuld gegenseitig zu und stehen sich in nichts nach.

      Leider ist das ähnlich wie in den USA, entweder bist Du Anhänger der PL oder der PN - mit einem Fanatismus der dem von Fußball-Fans gleicht. Es gäbe andere Parteien, wie Alternattiva Demokratika oder Partit Demokratiku aber diese haben praktisch nichts zu melden.

      Glücklicherweise gilt das auch für Imperium Europa, denen ein waschechter Nazi vorsteht. Und das meine ich exakt so, Normal Lowell hat Hitler mal als Helden bezeichnet