Regierungskrise in Italien: Parteichefs bekommen Aufschub
Italiens Staatspräsident lässt die Parteien erst einmal weiterverhandeln. Die Sozialdemokraten signalisieren Bereitschaft für eine Koalition mit den Fünf Sternen.
Mattarella drang auf eine schnelle Lösung. „Politische und wirtschaftliche Unsicherheiten, auf einem internationalen Niveau, erfordern das“, sagte er und verwies auf die neue Führungsspitze der Europäischen Union, die im Herbst übernimmt. Nur eine Regierung, die das nötige Vertrauensvotum im Parlament bestehen könne, sei ein akzeptabler Weg aus der verworrenen wochenlangen politischen Krise.
Zuvor hatten die Sozialdemokraten Bereitschaft zu einer Koalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung signalisiert. Innenminister Matteo Salvini deutete an, dass seine Lega ihre Koalition mit den Fünf Sternen wiederbeleben könnte. Deren Vorsitzender Luigi Di Maio hielt sich alle Optionen offen. Salvini hatte die Koalition platzen lassen. Mattarella bestellte daher für Donnerstag die Chefs der Parteien zu sich.
Salvini sagte nach dem Treffen mit Mattarella, dass er Neuwahlen vorziehen würde. „Ich will das letzte Wort dem Volk geben. Aber wenn jemand das Land wieder in Bewegung bringen will, sind wir bereit, dies ohne Vorurteil zu tun“, sagte er, eindeutig mit Blick auf die Fünf Sterne.
Der Chef der Sozialdemokraten, Nicola Zingaretti, nannte Bedingungen für ein Zusammengehen mit den Fünf Sternen. Eine Koalition brauche eine dauerhafte Mehrheit im Parlament. „Keine Regierung um jeden Preis“ sagte er. „Wir brauchen eine Regierung, die die Richtung ändert, eine Alternative zur Rechten, mit einem neuen, soliden Programm, einer breiten Basis im Parlament, die Italienern wieder Hoffnung macht.“ Eine neue Regierung müsse versprechen, die „pro-europäische Berufung“ Italiens zu schützen, sagte Zingaretti. Die Fünf Sterne stellen die Politik der EU hingegen regelmäßig als Verletzung der Autonomie Italiens dar.
Di Maio sagte, seine Partei habe keine Angst vor Neuwahlen. Diese dürften allerdings nicht als Flucht vor Versprechen genutzt werden, die man den Wählern gegeben habe. Die Maio sagte, man könne auch über eine „solide Allianz“ verhandeln. Er sprach von zwei Möglichkeiten: Entweder ein Bündnis mit den Sozialdemokraten oder eine Versöhnung mit der Lega.
Berlusconi lehnt Beteiligung der Forza ab
Silvio Berlusconi lehnte eine Regierungsbeteiligung seiner konservativen Forza Italia ab. Er warnte vor „einer improvisierten Mehrheit, die nur im Parlament“ existiere „und nicht in unserem Land“. Er stellte seine Partei als beste Garantin eines Verbleibs Italiens in der Eurozone dar für den Fall, dass sie in einer Koalition mit rechter Führung wieder an die Macht gelangt.
Berlusconi hat auch einen persönlichen Grund für einen Wunsch nach Neuwahlen: Er darf jetzt wieder ein öffentliches Amt bekleiden, nachdem er seinen Senatssitz während der vergangnen Legislaturperiode aufgrund einer Verurteilung wegen Steuerbetrugs aufgeben musste.
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