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Regierungskoalition stehtSPD-Chef Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzminister

Nach CSU und CDU stimmen auch die Mitglieder der SPD dem Vertrag über die Bildung einer schwarz-roten Regierungskoalition zu.

358.000 SPD-Mitglieder konnten 15 Tage lang bis zum 29. April, 23.59 Uhr, über den Koalitionsvertrag mit der Union abstimmen Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin afp/dpa | SPD-Chef Lars Klingbeil soll in der neuen schwarz-roten Bundesregierung Vizekanzler und Finanzminister werden. Das SPD-Präsidium habe sich dafür einstimmig ausgesprochen, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus Parteikreisen.

Die SPD-Parteimitglieder hatten zuvor den Koalitionsvertrag mit CDU und CSU mit großer Mehrheit angenommen. 84,6 Prozent der Mitglieder votierten dafür, wie die SPD am Mittwoch mitteilte. Damit steht einer Unterzeichnung des Koalitionsvertrags am kommenden Montag nichts mehr im Weg. Einen Tag später ist die Wahl von CDU-Chef Friedrich Merz zum Bundeskanzler geplant. Anschließend werden Merz und seine Ministerinnen und Minister im Bundestag vereidigt.

Seit dem 15. April konnten die 358.000 SPD-Mitglieder online über das 144 Seiten starke Vertragswerk mit dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ abstimmen. Um 23.59 Uhr in der Nacht zu Mittwoch schloss das digitale Wahllokal.

56 Prozent der Mitglieder beteiligten sich an der Abstimmung. Damit wurde die notwendige Mindestbeteiligung von 20 Prozent deutlich übertroffen. Der CSU-Vorstand und ein kleiner Parteitag der CDU hatten bereits zuvor zugestimmt.

Juso-Führung war gegen Koalitionsvertrag

In der SPD gibt es vor allem Kritik an der im Koalitionsvertrag angelegten Verschärfungen der Migrations- und Sozialpolitik. Die Führung der Jusos hatte das Vertragswerk deswegen abgelehnt und Nachverhandlungen gefordert. Die einzigen Alternativen zu Schwarz-Rot wären eine Koalition zwischen Union und AfD, eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen gewesen.

Ministerinnen und Minister werden am Montag vorgestellt

Am kommenden Montag will die SPD nun ihre sieben Ministerinnen und Minister für die neue Regierung vorstellen. Als sicher gilt, dass Boris Pistorius Verteidigungsminister bleibt. Wahrscheinlich ist zudem, dass Parteichef Lars Klingbeil Vizekanzler und Finanzminister wird.

Die Wahl von Merz zum Kanzler am Dienstag gilt als sicher, auch wenn SPD und Union nur zwölf Stimmen mehr als die notwendige sogenannte Kanzlermehrheit haben. 316 von 630 Abgeordneten müssen für den CDU-Chef votieren.

Auch 2013 und 2018 deutliche Mehrheit

Die SPD hatte die Mitglieder auch 2013 und 2018 über die Koalitionsverträge mit der Union abstimmen lassen. Beide Male gab es große Zustimmung. Obwohl es 2018 eine vom damaligen Juso-Chef Kevin Kühnert organisierte große „NoGroKo“-Kampagne gegen Schwarz-Rot gab, votierten 66 Prozent der Mitglieder mit Ja. 2013 hatte die Zustimmung sogar bei 76 Prozent gelegen.

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6 Kommentare

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  • Klingbeil als Finanzminister ist die perfekte Wahl.

    In Erwartung vieler neuer Schulden werden die zu zahlenden Zinsen für deutsche Staatsanleihen in die Höhe gehen. Eine echte Option für die Zukunft: Bundesschatzbriefe. Drei oder 3,5 Prozent?

    Doch Vorsicht, keine lange Laufzeit!

    Und die Inflation wird steigen.

  • Macht ist geil und Sozialpolik nur lästig und mit viel Arbeit verbunden. Das Projekt: "Volle Kraft und unter 10%" läuft an.

  • Ich habe gerade einen Ohrwurm: "Wer hat uns verraten - Sozialdemokraten!".

  • Philipp Türmer sollte sich mal über seine Zukunft Gedanken machen, wenn 84,6 Prozent der SPD-Mitglieder völlig anderer Meinung sind als er.

  • Klingbeil hat eigentlich keinen Grund, diese Positionen zu erhalten. Erfolg fehlt ihm, Erfahrung fehlt ihm eigentlich auch, eigener Anspruch ist hoch, aber für mich wirkt es so, als ob er das Siegmar-Gabriel-Phänomen revitalisiert: Niederlagen einfahren, aber selber aufsteigen oder sich stabilisieren auf hohem Niveau.

  • Lars Klingbeil kann die SPD jetzt die nächsten 4 Jahre zu Grabe tragen.



    Deutschland braucht keine 3 bürgerlich konservative Parteien, die die selbe Politik machen und sich nur in Nuancen der Kommunikation unterscheiden.



    Das werden die Grünen und die SPD in den nächsten Jahren sehr deutlich mitbekommen.



    Die SPD hat inzwischen wirklich 0 Profil, dass sie noch von der Union unterscheidet. Dieser Koalitionsvertrag, indem die SPD nichts handfestes durchsetzen konnte, ist der letzte Beweis. Dass die Basis dem mit großer Mehrheit zustimmt, zeigt, dass die Partei insgesamt komplett überflüssig ist.