Regierungsbildung in Irland: Die grüne Insel
In Irland haben die beiden großen Parteien sich aus Angst vor Sinn Féin mit den Grünen zusammengetan. Diese bestehen allerdings aus Opportunisten.
I rland wird grün. Das glaubt jedenfalls die Grüne Partei. Sie wird Juniorpartner in einer Regierungskoalition, auf die man sich am Montag, ein Vierteljahr nach den Wahlen, geeinigt hat. Es ist eine Koalition der Angst. Sinn Féin, der ehemalige politische Flügel der inzwischen aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee (IRA), hatte bei den Wahlen im Februar die meisten Stimmen erhalten. Außerdem zogen gut 20 parteilose Linke ins Parlament ein.
Den beiden großen Parteien Fianna Fáil und Fine Gael ist der Schrecken in die Glieder gefahren. Sie hatten Irland seit der Staatsgründung vor knapp hundert Jahren abwechselnd regiert. In ihrer erzkonservativen politischen Ausrichtung unterscheiden sie sich nicht, ihre Differenzen stammen aus Zeiten des Bürgerkriegs 1922. Zuletzt konnten sie nur mit Hilfe von Koalitionspartnern regieren. Aufgrund der starken Stimmverluste funktionierte das diesmal nicht. So einigten sie sich zum ersten Mal auf eine große Koalition.
Doch nicht einmal das reichte für eine Parlamentsmehrheit. Notgedrungen mussten sie die Grünen mit ins Boot holen. Die setzten einige grüne Themen auf die Tagesordnung. So soll es unter anderem mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr, eine höhere Kohlendioxidsteuer und eine Senkung des CO2-Ausstoßes um sieben Prozent pro Jahr geben. Das steht jedenfalls im Koalitionsvertrag.
Aber Papier ist geduldig, und die Grünen-Parteiführung ist es auch. Im Jahr 2007 war man schon einmal eine Koalition mit Fianna Fáil eingegangen und hatte dann sämtliche Forderungen flugs begraben. Das geprellte Stimmvieh merkte sich das und strafte die Partei bei den folgenden Wahlen ab.
Wenn sich die Grünen-Parteimitglieder das auch gemerkt haben, könnte es eng werden: Sie müssen den Koalitionsdeal mit Zweidrittelmehrheit absegnen. Sollte das scheitern, käme es wohl zu Neuwahlen, bei denen Sinn Féin noch mal zulegen würde. Dann könnte es doch noch für eine linke Regierungskoalition reichen – natürlich mit Beteiligung der grünen Opportunisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen