Regierungsbefragung im Bundestag: Kanzler im Kampfmodus
Kanzler Scholz verteidigt im Bundestag seine Reise nach Kyjiw und verrät Neues von dem Treffen mit Selenskyj. Es war ein Vorgeschmack auf den Wahlkampf.
Der Kanzler verteidigt mit Elan seine Reise nach Kyjiw. Die Union hält diesen Trip für einen Wahlkampftrick. Scholz betont, der Termin sei „bewusst gewählt“ gewesen. Es gelte, der Ukraine in schwieriger militärischer und nach Trumps Wahl politisch heikler Lage beizustehen. Die Unionsfraktion quittiert dies mit Gelächter.
Scholz hat zweieinhalb Stunden mit Präsident Selenskyj gesprochen. Neu ist, worüber. Selenskyj will, so Scholz, „in Polen und Deutschland eine ukrainische Behörde mit schaffen“, die Exilierte „entweder bei der Rückkehr oder bei der Arbeitsaufnahme in Deutschland unterstützt“. Die Ukraine hat Schwierigkeiten, genug Soldaten zu rekrutieren, offenbar verspricht sich Selenskyj davon Verbesserungen.
Scholz hat Sympathien für das Projekt, das den Druck auf Ukraineflüchtlinge erhöhen soll. Viele UkrainerInnen seien „schon lange hier“ und müssten, nach Sprachkursen, „jetzt mal loslegen“, um Arbeit zu bekommen. Solche Töne kamen bis jetzt eher von AfD und Union.
Scholz giftet gegen die FDP
Ansonsten bleibt Scholz in der Ukrainepolitik bei der bekannten Linie: Wir tun mehr als die meisten anderen Länder für die Ukraine, aber nicht alles. Damit ist die Lieferung des reichweitenstarken Taurus-Marschflugkörpers gemeint. Ein FDP-Mann fragt, ob der Kanzler die vier Monate dauernde Ausbildung für den Taurus jetzt genehmigen müsse, um seinem Nachfolger eine prompte Taurus-Lieferung zu ermöglichen.
Der Kanzler findet diesen Anwurf für eine Partei, die mit der 5-Prozent-Hürde kämpft, „ganz schön tapfer“. Und er kontert, naheliegend und selbstbewusst: „Ich will mein eigener Nachfolger werden.“ So rauflustig ging es selten bei Befragungen zu.
Außenministerin Annalena Baerbock hatte kürzlich eine Beteiligung der Bundeswehr an einer möglichen internationalen Truppe nach einem Waffenstillstand begrüßt. Scholz gibt den Außenministerinerklärer. Baerbock habe versucht, auf eine spekulative Frage „weder ja noch nein“ zu sagen. Das sei Diplomatie, wie man es von der Außenministerin erwarten könne. Und: „Bodentruppen kommen für mich in dieser Kriegssituation nicht in Betracht.“
Sichtbar wird auch, wo die Opposition Rot-Grün im Wahlkampf angreifen wird. Scholz habe ein „Wirtschaftswunder wie in den 50er Jahren versprochen“, so CDU-Frau Julia Klöckner, und nun eine Rezession zu verantworten. Der Kanzler verweist etwas weiträumig auf die segensreichen Wirkungen einer von der SPD unterstützten Investitionsprämie und den Deutschlandfonds, mit dem privates Kapital für Verbesserungen der maroden Infrastruktur mobilisiert werden sollen. Im Übrigen sei die Union für bürokratische Hürden verantwortlich.
Klöckner retourniert mit der rhetorischen Frage, ob Scholz bekannt sei, „dass die SPD in den letzten 26 Jahren 22 Jahre regiert hat“. Der Kanzler verweist, nicht neu, aber schlagfertig, auf die unter Merkel verschleppte Energiewende und den langsamen Ausbau der Stromnetze. Und er ruft Richtung Union: „Gut, dass sie in der Opposition sind.“
Es wäre ein Fehler, Olaf Scholz zu früh wegen mieser Umfragen abzuschreiben.
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