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Regierung streitet über WaldgesetzNur jeder fünfte Baum ist gesund

Die Wälder leiden unter der Dürre, Hitze und dem Schädlingsbefall der vergangenen Jahre. Die Ampelkoalition streitet über ein neues Waldgesetz.

Totholz am Brocken. Dort kann wieder Wald wachsen – aber welcher? Foto: Matthias Bein/dpa

Berlin taz | Wieso geht es dem deutschen Wald so schlecht? Die Antworten darauf sind ein Politikum – und fallen dementsprechend unterschiedlich aus. „Die Klimakrise hat unseren Wald fest im Griff“, betonte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), als er am Montag in Berlin den diesjährigen Waldzustandsbericht vorstellte. „Lang andauernde Trockenheit und hohe Temperaturen der letzten Jahre haben bleibende Schäden hinterlassen“, fuhr er fort.

Der Verband „Die Waldeigentümer“ (ADGW) teilte diese Sichtweise: Mit Blick auf die aktuelle forstpolitische Diskussion sei zu betonen, „dass nicht die rechtlichen Rahmenbedingungen die Ursache für die Waldschäden sind, sondern der Klimawandel und dessen Folgen“. Das geltende Bundeswaldgesetz habe sich bewährt und sei auch in den kommenden Jahren eine gute Grundlage für die Waldbewirtschaftung. „Wir brauchen Pragmatismus, keine zusätzliche Regulierung, die den notwendigen klimaresilienten Waldumbau lähmt“, so die Waldeigentümer.

Die Umweltverbände sehen das anders: Sie warnen, Landwirtschaftsminister Özdemir schiebe „den schlechten Zustand der Wälder vor allem auf die Klimakrise. Er unterschlage damit aber seine „Verantwortung der von ihm regulierten Forstwirtschaft“, kritisierte etwa Greenpeace. Das laxe Waldgesetz habe der industriellen Forst- und Holzwirtschaft jahrzehntelang einen Freifahrtschein ausgestellt, um wertvolle Wälder rücksichtslos auszubeuten – auf Kosten von Umwelt und Klima, erklärte die Umweltorganisation.

Auch der WWF sieht Wetterextreme als Dauerproblem – und forderte daher „umgehend einen Paradigmenwechsel hin zu naturnahen Wäldern, die mit der Erderhitzung besser umgehen können“. Mit der Novelle des Bundeswaldgesetzes, die derzeit im Bundestag vorbereitet wird, biete sich dazu eine große Chance. „Das neue Waldgesetz muss die Wälder fitter machen“, so der WWF.

Waldgesetz lässt auf sich warten

Das Bundeswaldgesetz aus dem Hause Özdemir sollte ursprünglich in diesem Sommer verabschiedet werden. Allerdings hängt das Gesetz, das unter anderem die Bewirtschaftung, aber auch die Freizeitnutzung der Wälder regeln soll, bislang in der Ressortabstimmung der Bundesregierung fest. Einen Zeitplan kann das Bundeslandwirtschaftsministerium derzeit nicht nennen.

Dabei herrscht eigentlich Zeitdruck: Die seit Mitte der 80er Jahre erhobenen Zahlen zum Waldzustand sind alarmierend: Nur noch jeder fünfte Baum war 2023 gesund. „Gesund“ bedeutet, dass die Bäume im Untersuchungszeitraum Juli und August über dichte, geschlossene Kronen verfügen. Die Gutachterteams, die im Auftrag der Länder unterwegs sind, haben in 5-Prozent-Schritten die Abweichung der Bäume von einem voll benadelten oder voll belaubten Baum eingestuft. Weicht ein Baum mehr als 25 Prozent von einer dichten Krone ab, leidet er unter einer „deutlichen Kronenverlichtung“.

Die Krone als „Photosyntheseorgan“ benötigt der Baum für seinen Stoffwechsel; fehlen Blätter, schwächt das den Baum. Verluste von bis zu einem Viertel der Blatt- oder Nadelfläche können Bäume dabei kompensieren, ab 25 Prozent wird es schwierig. „Sie sind dann nicht mehr so wehrhaft gegen Schädlinge oder Trockenheit“, sagt Nicole Wellbrock vom Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde. Buchen besäßen die Fähigkeit, sich nach Trockenheit zu regenerieren, Fichten seien dazu nicht in dem Maße fähig, so Wellbrock.

Während sich der Zustand aller Baumarten im vergangenen Jahr verschlechtert hat, hat sich der der besonders hitzeanfälligen, aber trockenheitstoleranten Kiefern gegenüber dem Vorjahr leicht verbessert. Allerdings: So gut wie 2017 geht es dem Nadelbaum nicht. „Das gilt für alle Arten“, sagt Wellbrock, „vor den drei Hitze- und Dürrejahren 2018 bis 2020 ging es allen Baumarten besser, sie haben sich davon nicht erholt“.

Mittelfristig ein anderes Waldbild

Die Waldökologin Wellbrock gehört nicht zu den Wissenschaftlern, die davon ausgehen, dass sich „Wald“ in einigen besonders vom Klimawandel betroffenen Regionen Deutschlands – etwa dem Harz oder Brandenburg – nicht mehr halten lässt. „Es gibt ja auch in mediterranen Gebieten Wald“, sagt sie, „wir werden mittelfristig ein anderes Waldbild bekommen“. Der Wald werde niedriger und lichter sein und aus anderen Baumarten bestehen.

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7 Kommentare

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  • Wir bräuchten einen Verein, der Wald kauft, um ihn brachliegen zu lassen.

  • Jeder fünfte Baum! Das sind ja noch ganz viele!

    Dann ist ja alles gut.

    Und -- weg mit den Regulierungen: die sind am Klimawandel schuld [1].

    [1] Die Variante der Klimawandelleugnung habe ich bisher nicht gesehen, die lass' ich mir patentieren.

  • war mal auf einem wald-seminar von roin wood vor über 30 jahren.na ja. die forstamtsstudenten kannten sich theoretisch, aber nicht praktisch aus. keine ahnudem waldsterben, dmng von topografie, keine ahnung von der gegend (bad bevensen)



    ich zeigte ihnen, wos im winter langgeht - es ist nicht einfach mit waldsterben, damals nicht, heute auch nicht.theorie +praxis auch bei wissenschaftlerInnen - hmmm.



    naturbeobachtung + kenntnissen hilft.



    politik? grüne? wer hat ahnung. wer kann helfen?



    rezept: jede/r. mitn paar klicks im www,

  • "das laxe Waldgesetz habe der industriellen Forst- und Holzwirtschaft jahrzehntelang einen Freifahrtschein ausgestellt, um wertvolle Wälder rücksichtslos auszubeuten – auf Kosten von Umwelt und Klima, erklärte die Umweltorganisation."

    Genau so ist es. Wie ich von einer Bekannten von den Freien Wählern gehört habe, wurde in Dossenheim an der Bergstraße unter dem Vorwand, den Wald "klimaresilienter" machen zu wollen, wunderschöner Mischwald flächig (!) abgeholzt. Die sterbenskranke Fichtenmonokultur nebenan ließ man stehen.



    Im Gemeinderat gab es von den Grünen anscheinend nicht ein einziges Aber hierzu. Und das nennt sich dann Umweltschutzpartei.



    Leider konnte ich aus Protest nur 1x bei den Grünen austreten...

    Stellt sich die Frage, welche Partei denn nun überhaupt dringliche Belange des Umweltschutzes vertritt (und nicht nur vorgibt, es zu tun)

  • Erschreckend. Die Politik schläft.

    • @Ulrich Haussmann:

      Ich glaube nicht, die ist eher hellwach bei der Vertretung der Interessen ihrer Besucher mit den Köfferchen.

      • 6G
        601161 (Profil gelöscht)
        @Erfahrungssammler:

        Sie meinen die Wald-Windkraft-Investoren?



        Da dürften Sie richtig liegen.