Regeln für Tech-Firmen: Kapitalismus mit Streuseln
Was Europa im Wettbewerb um Software und KI-Lösungen braucht, ist: Profil. Es braucht Regeln, die den Datenschutz und die Menschenrechte hochhalten.
M anchmal ist die Welt ein Streuselkuchen. Zum Beispiel wenn es um Technologien geht. Den Boden bildet der US-amerikanisch-kapitalistische Ansatz „The winner takes it all“, und der Gewinner heißt zum Beispiel Facebook, Amazon oder Google. Für die Streusel hält China eine Masse aus ausgefeilter Datensammlung, umfassender Überwachung und möglichst weitgehender Abschottung bereit.
Und dazwischen versucht sich Europa an einer Füllung, die weder das eine noch das andere sein soll – aber gleichzeitig Unternehmen nicht zu viel abverlangt. Schließlich will man weiterhin als attraktiver Wirtschaftsstandort gelten. Und hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass, wenn schon die weltweit führenden Dienste aus dem Bereich Onlinehandel, Suchmaschine, Videoportal, Smartphone-Betriebssystem, Werbenetzwerk und noch so einiges mehr aus den USA kommen, in Zukunft doch zumindest die führende Hologrammsoftware für den subkutan implantierten Chip in Europa entwickelt werden könnte. Oder so etwas Ähnliches.
Ja, könnte. Aber nicht mit der Strategie, eine süße, aber verzichtbare Kuchenfüllung zu sein. Was Europa braucht, ist: Profil. Und für Profil braucht es Ecken, klare Linien, es braucht Haltung, und die darf auch mal unbequem sein. Konkret bedeutet das: Klare Regeln für Technologien. Regeln, die den Schutz von persönlichen Daten betreffen, wie es die Datenschutzgrundverordnung in Teilen schon schafft. Aber, und das wird zunehmend wichtiger, genauso ethische Komponenten.
Wird auf Basis einer KI-gestützten Empfehlung jemand ins Gefängnis gesteckt, ein Mensch bei einem Unfall verletzt oder auch nur jemandem ein Kredit oder ein Job verweigert, hat das Folgen, die vorher gesellschaftlich diskutiert werden müssen. Wollen wir das? Wenn ja, unter welchen Bedingungen? Und welche Vorteile muss eine neue Technologie bringen, damit man einen bestimmten Preis in Kauf nimmt?
Im besten Fall schafft es Europa, mit einem positiven, menschenorientierten Ansatz, Vorreiter zu werden. Es wäre ein guter Zeitpunkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml