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Reformprogramm in der UkrainePoroschenko will in die EU

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko plant, bis 2020 einen EU-Beitritt zu beantragen. Er kündigte rund 60 Reformen an.

An Brennpunkten in der Ostukraine kommt es weiter zu Zusammenstößen. Bild: dpa

KIEW afp | Die Ukraine will im Jahr 2020 die Mitgliedschaft in der Europäischen Union beantragen. Er wolle ein Reformprogramm vorlegen, das es dem Land ermögliche, „in sechs Jahren einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union einzureichen“, sagte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Donnerstag nach Angaben seines Pressedienstes in Kiew. Sein Plan „Strategie 2020“ sieht demnach 60 Reformen und Sozialprogramme vor, die den Weg der Ukraine in die EU ebnen sollen.

Kiew hatte kürzlich bereits trotz des heftigen Widerstands Russlands ein lang geplantes Assoziierungsabkommen mit der EU ratifiziert. Eigentlich sollte das Abkommen bereits Ende vergangenen Jahres unterzeichnet werden, der damalige ukrainische Staatschef Viktor Janukowitsch stoppte den Prozess der Annäherung an Brüssel aber und wandte sich stattdessen stärker Russland zu. In der Folge gab es schwere Proteste, die in den aktuellen Konflikt zwischen der Ukraine und Russland mündeten.

Den Westen hat die Regierung in Kiew nach den jüngsten positiven Entwicklungen in der Krise gebeten, die Sanktionen gegen Russland nicht frühzeitig wieder zu lockern. Mit einer Aufhebung sollten sie noch warten, bis die Ukraine die Kontrolle über ihr gesamtes Territorium – auch über die Krim – zurückerobert habe, sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Mittwochabend (Ortszeit) vor der UN-Vollversammlung.

Sein Land wisse, „was Terrorismus bedeutet“, sagte Jazenjuk. Er forderte Russland zu „echten Gesprächen, Friedensgesprächen“ auf und ermahnte Moskau, seine gesamten Truppen aus der Ostukraine abzuziehen. Russland dementierte bislang stets die Vorwürfe vonseiten der Ukraine und des Westens, wonach russisches Militär in dem umkämpften Gebiet um Donezk und Lugansk zum Einsatz komme.

Gefechte trotz Waffenruhe

Die monatelangen Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und Regierungssoldaten in der Ostukraine waren eines der Hauptthemen der Reden vor der Generalversammlung. Weder Russlands Staatschef Wladimir Putin noch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko wohnten dem UN-Treffen bei.

Der UN-Sicherheitsrat hatte sich mehrfach mit der Ukraine-Krise befasst. Allerdings konnte der Rat keine Aktionen beschließen, weil Russland als ständiges Ratsmitglied stets seine Vetomacht eingesetzt hatte.

Trotz einer Waffenruhe in der Ostukraine erschüttern noch immer Gefechte und Explosionen das zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten umstrittene Konfliktgebiet. Die Kämpfe seien zwar weniger geworden, doch gebe es an „Brennpunkten“ weiterhin Zusammenstöße, sagte der russische OSZE-Botschafter Andrej Kelin am Mittwoch der Agentur Interfax.

In der vereinbarten Pufferzone und in den Gebieten der Separatisten seien noch keine Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eingetroffen, um die Feuerpause zu überwachen, sagte er.

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6 Kommentare

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  • Zum Glück haben sich die zuweilen geäußerten Befürchtungen, die NATO-Manöver im Nicht-Mitgliedland Ukraine könnten sich zu einem größeren Konflikt ausweiten, nicht bewahrheitet. Nun werden die nächsten Monate spannend.

    In der Ostukraine ist man mit viel Einsatz dabei, die zerstörte Infrastruktur und vor allem die zerstörten Wohnungen wieder instandzusetzen, denn es wird kalt. Laut den jüngsten Meldungen will Poroschenko weiter aufrüsten, der Rechte Sektor wird immer weiter nach mehr Macht drängen, die Separatisten werden sich ebenfalls nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Und der Herbst und der Winter kommen.Was wird er den Ukrainern bringen? Wie tief werden die vom IWF verlangten sozialen Einschnitte gehen?

  • Was dürfen die Politiker in Ukraine heute, außer - Heil Europa, Russland kaputt! - zu rufen?

  • "...bis die Ukraine die Kontrolle über ihr gesamtes Territorium – auch über die Krim – zurückerobert habe..."

     

    Hat er wirklich zurückerobert gesagt? Dann ist es also wahr, dass Kiew den Waffenstillstand nur abgeschlossen hat, um seine geschlagenen Verbände für neue Offensiven zu reorganisieren. Die Separatisten sollten ihre Schlüsse daraus ziehen und sich fragen, ob die Fortsetzung des (brüchigen) Waffenstillstandes unter diesen Umständen noch sinnvoll ist.

     

    Sorgen macht mir allerdings, dass der Mann scheinbar tatsächlich glaubt, er könnt einen Krieg gegen Russland gewinnen. Das habe andere unter besseren Voraussetzungen schon nicht geschafft. Vielleicht sollte Herr Jazenjuk mal einen Ausflug nach Poltawa machen...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ja, das hat ja Kiew selber geäußert, daß der Waffenstillstand ganz praktisch wäre, um die eigenen Streitkräfte neu zu sortieren und wieder auf Vordermann zu bringen.

      Zu hoffen bleibt jedoch, daß der Verteidigungsminister in Kiew, Herr Geletej, bei allem antirussischem Übereifer (http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-minister-erntet-spott-fuer-bericht-ueber-atomschlag-a-993149.html) von seinen Kabinettsmitgliedern und Poroschenko soweit unter Kontrolle gehalten werden kann, daß er nicht glaubt, die Krim "zurückerobern" zu können.

  • Nachdem fast alle Kandidaten bei der letzten Europaparlamentswahl versprochen haben, die EU höchstens noch qualitativ und nicht noch stärker quantitativ zu erweitern, haben also alle gewählten Parlamentarier die Möglichkeit nachzuweisen, dass sie davon auch nur ein Wort ernst gemeint haben.

     

    Was passiert, wenn man ein Land aufnimmt und die EU weiterhin so ein Larifari-Verein wie heute ist, der nur wirtschaftlichen Interessen dient und keinesfalls den Menschenrechten, sieht man ausgiebig an den meisten osteuropäischen Mitgliedsstaaten der EU. Da ist wenig von homosexuellen Partnerschaften zu hören, da ist wenig von Pressefreiheit zu bemerken und dass auch nur ansatzweise Rassismus wie der Antiziganismus bekämpft würde, ist dort auch kaum zu spüren. Ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die es unmöglich machen, zufriedenstellende soziale Mindeststandards in der EU einzuführen.

     

    Ukraine hat nix in der EU zu suchen.

    • @Age Krüger:

      Aber das Versprechen ist doch so verdammt nützlich, um Privatisierungen durchzudrücken, den Lebensstandard zu senken und damit ein weiteres Niedriglohnland zu schaffen.

       

      Durchführen muss man das am Ende ja nicht unbedingt.