Reform der Bankenaufsicht: Ein Herz für Ganoven

Der Wirecard-Skandal hat gezeigt, wie nötig eine Reform der Bankenaufsicht ist. Leider will Finanzminister Scholz nicht wirklich etwas ändern.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz

Starr wie seine Pose: Bundesfinanzminister Olaf Scholz Foto: Kay Nietfeld/dpa

Bundesfinanzminister Olaf Scholz macht bei der Aufarbeitung der Affäre um den betrügerischen ehemaligen DAX-Konzern Wirecard eine denkbar schlechte Figur. Der sozialdemokratische Kanzlerkandidat verpasst die Chance, bei der geplanten Neuaufstellung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) für einen echten Neustart zu sorgen. Die damalige rot-grüne Regierung hat zu Beginn des Jahrtausends mit der Zusammenlegung der Aufsicht über Banken, Wertpapierhandel und Versicherer dafür gesorgt, dass sich die Branche im Großen und Ganzen selbst „kontrolliert“ und der Staat kaum Möglichkeiten hat, durchzugreifen. Das ist Scholz nicht anzulasten. Aber vorzuwerfen ist ihm, dass er daran nichts ändern will.

Das zeigen seine Pläne für die Änderungen bei der Bafin. Er reagiert mit kleinteiligen Managementmaßnahmen, wo eine grundlegende Richtungsänderung nötig wäre. Dazu gehören würden etwa ein effektives Strafrecht für Unternehmen, wie es in den USA existiert, und eine schlagkräftige Bilanzpolizei. In den USA können Unternehmen mit kriminellen Ma­na­ge­r:in­nen zerschlagen werden, das ist eine scharfe Waffe.

Wie desolat die Lage hierzulande ist, zeigt der Bundestags-Untersuchungsausschuss zu Wirecard auf eindrucksvolle Weise. Die Abgeordneten haben nicht nur die fragwürdigen Verbindungen von Wirecard in die Regierung, sondern auch die Unfähigkeit der Bafin in ihrer ganzen Fatalität aufgedeckt – vom Handel der Mit­ar­bei­te­r:in­nen mit Wirecard-Aktien bis zu einer nicht funktionierenden Hotline für Whistle­blower:innen.

Trotzdem räumt Scholz immer noch nicht richtig auf. Das beschädigt etwas, das der Minister eigentlich stärken will: den Finanzstandort Deutschland. Auch wenn Aktiengesellschaften es gut finden, von Kon­trol­leu­r:in­nen mit Samthandschuhen angefasst zu werden: Auch sie haben kein Interesse daran, dass kriminelle Ma­na­ge­r:in­nen freie Bahn haben. Das schadet im Zweifelsfall gerade denen, die sich an alle Regeln halten. Zu lasche Kontrollen ziehen Ga­no­v:in­nen an, schrecken redliche Unternehmen aber ab.

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