Reform beim Österreichischen Rundfunk: Wer darf wem reinreden?

Der ORF will nicht nur Personal einsparen, sondern auch die Senderstruktur verändern. Die Redaktionen befürchten politische Einflussnahme.

Der Generaldirektor des Österreichischen Rundfunks Alexander Wrabetz

Die Reformpläne von Generaldirektor Alexander Wrabetz sorgen in den Redaktionen für Alarmstimmung Foto: dpa

WIEN taz | Im ORF-Zentrum am Wiener Küniglberg herrscht derzeit Unfriede. Die Strukturreformpläne von Generaldirektor Alexander Wrabetz sorgen in den Redaktionen für Alarmstimmung. Wichtigste Neuerung ist die Einführung von Channel-Managern für die Fernsehkanäle ORF1 und ORF2. Diese Channel-Manager sollen wohl Bindeglied zwischen Generaldirektor und einzelnen Chefredaktionen werden. Welche Kompetenzen sie dabei genau haben, ist unklar, und genau daher rührt der Unmut. Redakteurinnen und Redakteure fürchten um die Unabhängigkeit der Berichterstattung. Für Unruhe sorgt zudem ein Sparpaket, das die Redaktionen in den nächsten vier Jahren empfindlich ausdünnen wird.

Betriebsrat Gerhard Moser findet die Reform „kostspielig, unnütz und nicht nachvollziehbar“. Redakteurssprecher Dieter Bornemann hat „den Eindruck, der Generaldirektor hat vor seiner Wiederwahl den Parteien verschiedene Versprechungen gemacht und versucht jetzt die neue Struktur um bestimmte Personen aufzubauen“.

Vergangenen August war Wrabetz vom größtenteils politisch besetzten ORF-Stiftungsrat zum zweiten Mal wiedergewählt worden. Zwar werden die Posten für die Channel-Manager erst im April ausgeschrieben, jedoch ist längst geläufig, wer diese kriegen soll: In alter Tradition werden sie zwischen den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP aufgeteilt. Der erklärte Sozialdemokrat Roland Brunhofer, Ex-ORF-Landesdirektor Salzburg, ist für die Leitung von ORF2 vorgesehen, für ORF1 die Bürgerliche Lisa Totzauer. SPÖ-Mann Brunhofer ist dadurch aufgefallen, dass er kritische Interviews in der Nachrichtensendung „Zeit im Bild (ZiB) 2“ als „politische Verhöre“ bezeichnet hat. Der TV-Information wirft er vor, an der „Zersetzung der Demokratie“ beteiligt zu sein.

Redakteurssprecher Bornemann ist verärgert: „Es ist absurd, dass 50 Jahre nach dem ORF-Volksbegehren, das den Rundfunk vom Parteienproporz befreit hat, die Kanäle wieder den Parteien übergeben werden sollen.“ Die Chefredaktionen, so fürchten die Redakteure, werden dem Generaldirektor direkt unterstellt sein.

Laut Generaldirektion ist alles ganz anders: Die Redaktionen würden dank der dezentralen Channel-Struktur noch unabhängiger und pluralistischer aufgestellt sein als bisher. Die Weisungsfreiheit der jeweiligen Chefredakteure gegenüber den Channel-Managern gelte auch gegenüber der Geschäftsführung, so die offizielle Stellungnahme. Die neue Struktur ist eine Empfehlung der Boston Consulting Group, die Wrabetz 2014 – „für extrem viel Geld“, so Betriebsrat Moser – geholt hatte, um das Unternehmen an internationale Vorbilder anzupassen.

300 Arbeitsplätze bedroht

Zur Unruhe in den Redaktionen trägt auch ein Sparpaket bei, das bis 2021 bis zu 300 Arbeitsplätze durch Nichtnachbesetzung einsparen soll. Betriebsrat Moser nennt das einen „Rachefeldzug der ÖVP gegen das Unternehmen ORF, weil sie ihren Kandidaten nicht durchgebracht hat.“ Dieter Bornemann macht für den Sparzwang auch umstrittene Neuerungen wie das aufwendige Frühstücksfernsehen verantwortlich.

Der Redakteursrat hat am heutigen Mittwoch einen Termin bei Wrabetz. Man werde ihm sagen, so Bornemann, „er ist laut ORF-Gesetz und Redakteursstatut verpflichtet, die betroffenen Redaktionen zu informieren und einzubinden.“

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