Referenden im Osten der Ukraine: Separatisten bleiben bei Abstimmung

Russlands Präsident hatte sich für die Verschiebung der Referenden in der Ostukraine ausgesprochen. Die Separatisten wollen trotzdem am 11. Mai abstimmen.

Pro-russische Bürger in Donezk beten für die toten Separatisten. Bild: dpa

MOSKAU/BERLIN afp/dpa | Die Separatisten in der Ostukraine wollen nach eigenen Angaben trotz des Appells von Russlands Präsident Wladimir Putin am Sonntag Referenden über die Abspaltung abhalten. „Das Referendum wird am 11. Mai stattfinden“, sagte der Anführer der pro-russischen Rebellen in Donezk, Denis Puschilin, am Donnerstag vor Reportern. Eine Sprecherin der Rebellen in Slawjansk bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, auch dort werde an dem Referendum am Sonntag festgehalten.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die Separatisten am Vortag aufgefordert, die Referenden zu verschieben, bis sich die Lage vor Ort beruhigt habe. Der Vorstoß ist positiv, aber auch mit Skepsis aufgenommen worden.

Die USA bezeichneten Putins Aufforderung als „hilfreichen Schritt“, verlangten aber zugleich eine „konstruktive Rolle“ bei der Beruhigung der Lage. Die Sprecherin im US-Außenamt, Jen Psaki, sagte am Mittwoch: „Wir müssen mehr von Präsident Putin sehen, als lediglich eine Verschiebung (des Referendums) zu fordern.“ Als Beispiel nannte sie eine stärkere Unterstützung des demokratischen Prozesses in der Ukraine. Der stellvertretende Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, forderte, das Referendum solle nicht verschoben, sondern abgesagt werden. Es sei „ungesetzlich“. Washington wünsche eine „konstruktive Rolle“ der Russen bei der Deeskalierung der Lage in der Ukraine.

Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments und sozialdemokratischer Spitzenkandidat bei der Europawahl, begrüßte Putins Äußerung. „Wir sollten jedes auch noch so kleine Signal der Entspannung nutzen“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Gleichzeitig forderte er Putin auf, diesem Signal nun auch Taten folgen zu lassen.

Auch der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, bewerte Putins Aufforderung positiv. „Es gibt ein tatsächliches Entmutigungssignal gegenüber den Separatisten. Und es gibt ein deutliches Signal, dass eine Verhandlungslösung auch von russischer Seite befürwortet wird“, sagte Erler am Mittwochabend im ZDF.

Jazenjuk relativiert Vorstoß

Jedoch relativierte der ukrainische Übergangsministerpräsident Arseni Jazenjuk Putins Vorstoß: „Dazu, dass Russland bittet, irgendein Referendum vom 11. (Mai) zu verlegen: Dazu muss man wissen, dass am 11. in der Ukraine kein Referendum geplant war.“ Also im übertragenen Sinn: Putins Worte seien wertlos. Für die ukrainische Regierung existierten keine Pläne für ein Referendum an diesem Tag, sagte er nach Angaben der Agentur Interfax.

Dagegen begrüßte Pjotr Poroschenko, der als aussichtsreichster Bewerber bei der Präsidentwahl in der Ukraine gilt, die Äußerungen Putins. Er sagte dem ZDF auf die Frage nach der Lage in der Ukraine: „Sie verbessert sich nach der Erklärung von Präsident Putin in Moskau sehr. Ich glaube, das ist eine großartige Nachricht für die Stabilisierung der Situation in der Ostukraine.“

Nach einem Treffen in Moskau mit OSZE-Präsident Didier Burkhalter hatte Putin eine Verschiebung des umstrittenen Unabhängigkeitsreferendums gefordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel will nach russischen Angaben die moskautreuen Kräfte in der Ostukraine an Gesprächen über eine Friedenslösung beteiligen. Putin sagte der Agentur Interfax zufolge, er unterstütze einen Vorschlag Merkels zu einem „Runden Tisch“ aller Konfliktparteien, also auch mit den pro-russischen Separatisten. Eine solche Initiative war bislang nicht bekannt. Die Regierung in Kiew lehnt Gespräche mit den „Terroristen“ bisher ab.

Putin unterstreicht Truppenabzug

Putin fügte nach Angaben der Agentur hinzu, es befänden sich keine russischen Truppen mehr an der ukrainischen Grenze. Die Soldaten und Ausrüstung seien auf die Truppenübungsplätze zurückgezogen worden. Die Nato kann einen russischen Truppenabzug aus dem Grenzgebiet zur Ukraine nicht bestätigen. Dafür lägen bislang keine Anzeichen vor, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch bei einem Besuch in Polens Hauptstadt Warschau.

Die russischen Separatisten im Osten der Ukraine, die dort zahlreiche Behördengebäude besetzt halten, wollen als eigene Volksrepubliken fortbestehen, manche streben auch den Anschluss an Russland an. Wie die USA kündigte auch die Bundesregierung an, ein Referendum nicht anzuerkennen.

Merkel ließ nach einem Gespräch mit Poroschenko in Berlin mitteilen, sie habe sich mit Blick auf die am 25. Mai geplante Präsidentenwahl für „Gesprächsbereitschaft und Dialogfähigkeit“ ausgesprochen. „Dabei sollte die OSZE eine starke Rolle spielen“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Von Merkel ist bekannt, dass sie im Ukraine-Konflikt für einen „Dialog in Runden Tischen“ ist, an dem alle friedlich agierenden Kräfte teilnehmen sollen.

In der Ostukraine kommt es seit Tagen zu heftigen Kämpfen zwischen Separatisten und Regierungstruppen mit zahlreichen Toten, viele sprechen von bürgerkriegsähnlichen Zuständen.

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