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Rede vor Österreichs ParlamentSelenski im Ersten Bezirk

Friedensak­ti­vis­t:in­nen und FPÖ-Abgeordnete pochen auf Neutralität – demonstrieren in Wien aber gegen den ukrainischen Staatsbesuch.

Abgeordnete der FPÖ verlassen vor einer Video-Ansprache Selenskis demonstrativ den Saal Foto: Robert Jäger/dpa

„Wir verlieren Menschenleben und die Gesundheit unserer Menschen durch Explosionen, von Minen und Geschossen, die von den russischen Terroristen zurückgelassen wurden. Wir verlieren diese Menschenleben auch dadurch, weil wir in diesen Gebieten keine rechtzeitige Krankenversorgung leisten können.“ Wolodimir Selenski legte seine Rede vor dem österreichischen Parlament nicht martialisch an, sondern mit humanitärem Schwerpunkt.

In schwarzem Overall erschien der ukrainische Präsident Donnerstagvormittag auf einer Videoleinwand im Plenarsaal des Nationalrates in Wien. Auch inhaltlich war die kaum zwölfminütige Ansprache auf Österreich zugeschnitten. Ein Land, das großen Wert auf seine Neutralität legt, politisch aber klar auf der Seite des Opfers der russischen Aggression steht.

Mehrheitlich zumindest. Denn die gesamte Fraktion der FPÖ, angeführt von Parteichef Herbert Kickl, verließ vor der Rede das Plenum. Auf ihren Pulten hinterließen die Abgeordneten Täfelchen mit der Aufschrift „Platz für Neutralität“ und „Platz für Frieden“. Die Rechtspartei hatte ein Jahr lang den Auftritt Selenskis verhindert. Sie tritt auch bei jeder Gelegenheit gegen EU-Sanktionen gegen Russland auf und fordert einen Verhandlungsfrieden. Ein Freundschafts- und Kooperationsvertrag verbindet sie mit der Putin-Partei Einiges Russland.

„Wenn man in einem Jahr 30 prorussische Anträge hier einbringt,“ so kritisierte SPÖ-Fraktionsführer Jörg Leichtfried, „ist das weder ein Signal für Frieden noch ein Signal für Neutralität.“

Mit Minen und Geschossen verseucht

Für sofortige Verhandlungen trat auch das von der antiimperialistischen Koordination angeführte Soziale Bündnis für Frieden und Neutralität auf, das um die hundert Personen vor dem Parlament versammelte. „Krieg stoppen. Für eine neutrale Ukraine. Frieden mit Russland“, stand auf dem größten Transparent. #

Neben österreichischen und einer ukrainischen Flagge mit der anklagenden Aufschrift „Nie wieder Faschismus“ war auch die Fahne der Russischen Föderation zu sehen. Der Protest richtete sich gegen Österreichs einseitige Parteinahme für eine Kriegspartei, wie einer der Veranstalter erklärte.

Selenski bedankte sich bei Österreich für die humanitäre Unterstützung, speziell bei den Städten Wien, Graz und Linz, in deren Krankenhäusern das Leben von Ukrainern mit schweren Verbrennungen gerettet worden sei. 174.000 Quadratkilometer – mehr als die doppelte Fläche Österreichs – seien in der Ukraine durch Minen und nicht detonierte Geschosse kontaminiert, schilderte der Präsident.

„Es gibt auch Stolperdraht, Sprengfallen, die eigens zurückgelassen wurden in Häusern normaler Menschen. Eine Handgranate wurde mit einem Plastikbecher getarnt.“ In den zurückeroberten Gebieten hätten russische Soldaten auch in Waschmaschinen, Küchenschränken und Klavieren Granaten versteckt.

Auch Selenski will Frieden

Frieden wünscht sich auch Selenski, der auf seinen Zehnpunkteplan vom vergangenen Herbst verwies. Die Ukraine habe sich nie für fremde Gebiete interessiert. „Wir möchten Freiheit und Glück für unsere Kinder.“ In Einklang mit der UNO-Charta heiße es „diese wahnsinnige Aggression zu stoppen und die Ukraine von dem russischen Bösen zu befreien.“

Außer in Ungarn, wo der Putin-Freund Viktor Orbán regiert, und Bulgarien, wo prorussische Kräfte eine Einladung verhindern, hat Selenski jetzt in allen Parlamenten der EU eine Rede gehalten.

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7 Kommentare

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  • FPÖ - wie zu erwarten. Dass nur 18 der 40 SPÖ- Abgeordneten nicht anwesend waren, sollte im Artikel nicht fehlen. Auch sehr bedenklich!

  • Die Querfront marschiert. Ob bei dieser offensichtlichen Parteinahme für Putin bei einigen Fundamentalpazifisten nicht langsam der Groschen fällt?

  • Eine wichtige, und tatsächlich sehr irritierende Information zum Auftritt im österreichischen Parlament kommt hier nicht vor:



    auch die SPÖ war mit weniger als der Hälfte ihrer Abgeordneten bei der Rede anwesend. Selbst die Bundesvorsitzende und aussenpolitische Sprecherin Rendi-Wagner war nicht da - krankheitsbedingt, wie sie irgendwann wissen ließ. Dieser Führungsfehler der SPÖ wiegt vermutlich noch viel schwerer als die ohnehin klare Position der rechtsradikalen und mit Putin in einem (womöglich noch gültigen) Partnerschaftervertrag verbandelten FPÖ

  • Klasse finde ich auch, dass die FPÖ sich mit ihrem ganzen Reden und Tun seit Kriegsausbruch völlig ins Aus jeder vernünftigen Debatte manöviert und gewissermaßen selbst ins Abseits "kick(l)t".

  • Tolle Rede von Selenskjy, immer wieder bewundernswert, wie er den richtigen Ton trifft (nicht immer - man denke an die Teleauftritte in Israel und Griechenland -, aber meistens schon).

  • Neutralität hilft dem Agressor.

    • @Ciro:

      Naja, wenn man sie so versteht wie die FPÖ, stimmt das natürlich, aber die ist ja in Wahrheit gar nicht neutral. Allgemein gesprochen ist das Statement aber zu einseitig. Es ist immer wichtig, dass es neutrale Akteure gibt, das zeigt sich gerade in diesem Konflikt ganz dramatisch.



      Und selbst wenn man politische Neutralität in diesem Fall ablehnen will, weil das grundlos angegriffene Land Unterstützung braucht, ist Neutralität als Haltung bei der Beurteilung des Konflikts und der handelnden Kriegsparteien sehr sehr wichtig und hier in Europa leider oft Mangelware. Einseitige Parteinahme oder gar Begeisterung für "die Ukraine" ist ja keine Lösung und auch kein rational vertretbarer Standpunkt, man muss die ukrainischen Akteure genauso kritisch sehen wie die russischen, unterstützen kann man sie ja trotzdem. Das geht oft in dem allgemeinen Gehype unter.