Rede von Hisbollah-Chef Nasrallah: Kein Krieg bis Jerusalem
Der Hisbollah-Chef droht sonst gern, seine Miliz werde Israel ausradieren. Jetzt hält er sich zurück – und lädt die Verantwortung auf andere ab.
I n seiner zweiten Rede nach Beginn des Krieges hat der Hisbollah-Chef klargemacht, dass er den Krieg so weit wie möglich an den Grenzen halten und nicht ausweiten möchte. Seine Rede anlässlich des jährlichen Tages der Märtyrer nutze er für eine Art Update über die Gefechte gegen Israel und zur Aufzählung der bisherigen Angriffe der vom Iran geführten Milizen in der sogenannten „Achse des Widerstands“.
Nachdem er am Samstag zunächst über Märtyrer generell gesprochen hatte, lenkte er die Aufmerksamkeit auf die Kämpfe der Hamas in Gaza, auf pro-palästinensische Proteste im Westen und Aktionen anderer Akteure: Die Houtis im Jemen, Milizen im Irak und Syrien unter Assad.
Nasrallah musste herausarbeiten, warum die Milizen bereits genug im bewaffneten Kampf für den „Widerstand“ tun, um ihre Anhängerschaft nicht zu verlieren. Gleichzeitig hielt er sich mit Drohungen zurück. Und das ist überraschend, droht Nasrallah doch sonst damit, Israel von der Landkarte zu wischen und Jerusalem einzunehmen. Aus seiner Rede kann gelesen werden: Wir wollen nicht den größtmöglichen Schaden anrichten, sondern Macht einer geeinten Front demonstrieren. Wir wollen Hamas unterstützen, aber nicht ablenken. Denn der Hauptkrieg, so Nasrallah, sei in Gaza.
Wichtig an der Rede war, dass Nasrallah sagte, das unmittelbare Ziel sei nicht der bewaffnete Kampf gegen die USA, sondern ein Ende der Aggressionen in Gaza. „Diejenigen, die diese Aggression stoppen können, sind diejenigen, die sie anführen. Es sind die Amerikaner.“ Auch wenn Nasrallah es abstreitet, dass der Iran finale Entscheidungen für die schiitische Miliz trifft: Das deutet darauf hin, dass der Iran seine Milizen zwar kämpfen lässt, aber derzeit kein gesteigertes Interesse an einem ausgeweiteten Krieg über seine Proxies gegen die USA an Seite Israels hat.
Das heißt nicht, dass es keine Eskalation geben kann, Nasrallah hielt die Tür dafür offen. Aber laut dieser Aussagen spielt er den Ball stark in die Hände Israels und der USA, auch für diplomatische Lösungen und für einen Waffenstillstand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin