Red Bulls eigener Transfermarkt: Globales Fußball-Imperium

Gestern Brasilien, heute Salzburg, morgen Leipzig, danach wieder zurück. Die Spieler in der Brause-Welt werden munter hin- und hergeschoben.

Strippenzieher im Red-Bull-Imperium: Ralf Rangnick Bild: dpa

Als RasenBallsport Leipzig Ende Mai die Lizenz für die Bundesligen erhielt, schien der Weg für ein zweites Hoffenheim bereitet. Sofort schwirrten Namen von potenziellen Millionentransfers durch die Medien, mit denen der ambitionierte Aufsteiger den Durchmarsch ins Fußball-Oberhaus anpeilen würde: Marcos Lopes, 18 Jahre jung, portugiesischer Kapitän der U21 von Manchester City. Lukasz Teodorczyk, 23, polnischer Torschützenkönig von Lech Posen. Daniel Amartey, 19, ghanaisches Abwehrtalent von Djurgardens IF Stockholm.

Sogar die Namen der aus der Bundesliga bekannten WM-Teilnehmer Josip Drmic und Eric-Maxim Choupo-Moting sollen im Notizbuch von Sportdirektor Ralf Rangnick gestanden haben.

Wenn RB Leipzig am Sonntag seine Mannschaft präsentiert, wird keiner von ihnen vorgestellt. Alle gingen sie woandershin – und am Ende hat Leipzig nur eigene Ressourcen abgeschöpft. Denn Red Bull baut sich durch sein globales Fußball-Imperium einen eigenen Transfermarkt auf. Neben Leipzig hat der Konzern noch Profimannschaften in Salzburg und New York, eine Akademie in Jarinu, nördlich von São Paulo, und eine Ausbildungsmannschaft im Salzburger Stadtteil Liefering. Der Austausch zwischen den Standorten gehört zum System.

Und so sehen dann Leipzigs Transfers aus: Stefan Hierländer kommt aus Salzburg. Torhüter Thomas Dähne aus Liefering. Im Gegenzug soll Leipzigs Fabian Bredlow, U19-Nationaltorhüter, in Liefering als Stammtorhüter Erfahrung sammeln. Seinen Platz in der A-Jugend, die in die Bundesliga aufgestiegen ist, nimmt Alexander Schlager ein, der wiederum bislang in Salzburg spielte. Die Verantwortlichen betonen, dass die Spieler bereits zur Red-Bull-Familie gehören, die Philosophie kennen.

Schneller Ersatz

Das half im Winter, als sich Leipzigs Rechtsverteidiger Christian Müller in einem Testspiel im Trainingslager schwer am Knie verletzte. Rangnick hatte für diese Position keinen Transfer geplant, doch bereits am nächsten Tag konnte er einen Ersatz präsentieren. Georg Teigl, zuvor Ersatzspieler in Salzburg, schloss die entstandene Lücke.

Auf die Spitze trieb Red Bull die internen Wechselspiele, als RB Leipzig den österreichischen Jungnationalspieler Marcel Sabitzer von Rapid Wien verpflichtete. Denn den verlieh Leipzig sogleich nach Salzburg. Den direkten Weg durfte Sabitzer nicht gehen, weil seine Ausstiegsklausel nur einen Wechsel ins Ausland erlaubte. Also nahm er den kürzesten Umweg über Leipzig.

Sportdirektor Ralf Rangnick, der für Salzburg und Leipzig verantwortlich ist, liebt die Synergien: „Wir brauchen keine zwei verschiedenen Scouting-Abteilungen, weil wir für beide Vereine den gleichen Typ Spieler suchen. Wenn wir einen Spieler entdecken, dann geht es nur noch darum, dass ich entscheiden muss, ist es eher einer für Salzburg oder eher einer für Leipzig.“

Den Sprung geschafft

Der Posterboy des global denkenden Imperiums ist André Ramalho. Der 22-jährige Verteidiger hat den Sprung geschafft – von der idyllischen Akademie in Jarinu über das beschauliche Liefering in die österreichische Großstadt Salzburg. Und über den Europapokal in die pulsierenden Städte und Stadien der Fußballwelt. „Wir versuchen, gute Spieler zu entwickeln und sicherzugehen, dass sie überall spielen können, jederzeit“, sagt Nachwuchsleiter Carlos Andrade von Red Bull Brasil. Egal also, ob in Leipzig oder Liefering, Salzburg oder São Paulo.

Zuletzt wurden etwa auch Felipe Pires und Lucas Venuto getestet. Die beiden 18-jährigen Brasilianer durften ein halbes Jahr in Leipzig spielen, schossen die A-Jugend zum Aufstieg in die Bundesliga. „Das war eine große Erfahrung und Belohnung“, erzählen die beiden aus São Paulo stammenden Jugendlichen. Das Beispiel von André Ramalho kennen sie gut. Den Sommer verbrachten beide in der Heimat, seit Ende Juni sind sie zurück in Europa. In Liefering sollen sie beim österreichischen Zweitligisten den Einstieg in den Männerfußball schaffen. Gelingt der, könnten sie später nach Salzburg oder Leipzig gehen – Möglichkeiten, die das Brauseimperium bietet.

Interessant ist, ob dieses Grenzen kennt. Sollten etwa Liefering und Salzburg aufeinandertreffen, müsste geprüft werden, wie es mit dem Einfluss von Red Bull aussieht. Auch deshalb verzichtet Liefering auf den Aufstieg in die Erste Liga Österreichs und tritt im Pokal nicht an. Allerdings könnte es in naher Zukunft passieren, dass Leipzig und Salzburg zu Gegnern im Europapokal werden. Die Statuten der Uefa verbieten eigentlich die Teilnahme zweier Vereine eines Besitzers. Zu offensichtlich ist die Möglichkeit der Wettbewerbsverzerrung. Eigentlich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.