Rechtspopulisten im Südwesten: Rechter wird Richter
In Baden-Württemberg ist ein AfD-Mann für den Verfassungsgerichtshof gewählt worden. Er erhielt nicht nur Stimmen aus der eigenen Fraktion.
Gärtner erhielt am Mittwoch im dritten Wahlgang 37 Jastimmen. 32 Abgeordnete stimmten mit Nein, 77 enthielten sich. Eine Stimme entfiel auf einen anderen Namen, ein Stimmzettel war ungültig. Damit ist Gärtner zum stellvertretenden Mitglied ohne Befähigung zum Richteramt gewählt. Im Landtag hat die AfD 17 Abgeordnete, es haben also mindestens 20 Abgeordnete anderer Fraktionen für Gärtner gestimmt.
Anfang Juli war er noch in zwei Wahlgängen klar durchgefallen. Die AfD-Fraktion hat jedoch Anspruch darauf, diesen Posten beim Gericht zu besetzen, und hätte ihren Kandidaten bei jeder Landtagssitzung erneut zur Wahl stellen können.
Politisch ist Gärtner ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Der 66-Jährige stammt, wie er in einem Brief an die Landtagsfraktionen schreibt, aus Dresden, war 18 Jahre Berufssoldat und hat als Berater in der Pharmabranche gearbeitet. 2019 war er Kandidat der AfD für den Kreistag in Heilbronn. Seit der neuen Legislatur arbeitet er im Parlamentsbüro der AfD-Hinterbänklerin Carola Wolle.
Schon mal passiert
Der baden-württembergische Landtag hatte bereits 2016 zum ersten Mal eine AfD-Kandidatin zur Laienrichterin gewählt: Rosa-Maria Reiter, die Ehefrau des AfD-Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz, dem erst kürzlich wegen rassistischer Äußerungen der Beamtenstatus aberkannt wurde. Reiters Amtszeit endete 2018.
Insgesamt musste der Landtag diesmal sechs Posten im Verfassungsgerichtshof neu besetzen. Die vier Kandidatinnen und Kandidaten der Grünen und der CDU-Bewerber waren bereits bestätigt worden, keiner hatte ein annähernd schlechtes Ergebnis wie Gärtner.
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über die Auslegung der Landesverfassung, über Anfechtungen von Wahlprüfungsentscheidungen und Volksabstimmungen und über Streitigkeiten bei Volksbegehren. Er besteht aus neun Richtern, davon drei Berufsrichtern, drei Richtern mit Befähigung zum Richteramt und drei Laien. Der Landtag wählt die Mitglieder und ihre jeweiligen Stellvertreter für neun Jahre. Die Stellvertreter sind bisher nur höchst selten an Entscheidungen des Gerichtshofs beteiligt gewesen.
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