Rechtsextremisten planen Ausreise: 27 Neonazis wollen in den Krieg
Mehrere Rechtsextreme wollen sich an den Kämpfen in der Ukraine beteiligen. Gestoppt wurden aber auch ein Tierschützer und ein russischer Reservist.
Das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD) spricht aktuell von inzwischen 27 Rechtsextremisten, zu denen Hinweise auf Reisebewegungen oder Reiseabsichten in die Ukraine vorlägen. Zuerst hatte die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet. Nach taz-Informationen planten aber nur drei von ihnen tatsächlich, sich an den Kämpfen zu beteiligen. Der Rest gab vor, sich humanitär oder journalistisch engagieren zu wollen, so das Innenministerium. 12 der Rechtsextremisten sei auch bereits wieder aus der Ukraine zurückgekehrt.
Auch Pässe werden entzogen
Die rechtsextreme Szene ist über den Krieg in der Ukraine zerstritten. Ein Teil hält weiterhin zu Russland und sieht die Nato für den Krieg verantwortlich. Ein anderer Teil, darunter die Neonazi-Partei „Der III. Weg“, stellt sich auf Seiten der Ukraine wegen des dortigen nationalistischen Asow-Batalloins – das indes nur einen marginalen Teil der Streitkräfte ausmacht. In Telegramkanälen wurde wiederholt über Ausreisen in die Ukraine diskutiert.
Bei den Zahlen des Innenministeriums bleibt offen, wie viele Rechtsextremisten womöglich unbemerkt in das Kampfgebiet einreisten. Faeser hatte zuletzt erklärt, Ausreisen von Extremisten „sehr stark im Blick“ zu haben und „verhindern“ zu wollen.
Werden Verfassungsschutz oder Polizei solche Pläne bekannt, kann die Bundespolizei Fahndungsnotierungen verhängen oder Gefährderansprachen führen. Geben es die rechtlichen Möglichkeiten her, können auch Reisepässe eingezogen werden. Laut Innenministerium seien bisher Ausreisen „im einstelligen Bereich“ verhindert worden.
Und das nicht nur rechtsaußen. So zählen die Sicherheitsbehörden nach taz-Informationen bisher insgesamt 22 Extremisten verschiedener politischer Coleur, die sich aktiv am Krieg beteiligen wollten. Gestoppt wurde etwa ein militanter, mehrfach vorbestrafter Tierschützer, der für die Ukraine kämpfen wollte. Oder ein Deutschrusse, der über Reservistenpapiere der russischen Armee verfügte und sich über Moskau Streitkräften anschließen wollte. Beide Männer sollen auch militärisches Equipment im Gepäck gehabt haben.
Deutschukrainern dagegen, die in der Ukraine als Freiwillige in den staatlichen Streitkräften oder Freiwilligenkorps mitkämpfen wollen, gewährt die Bundespolizei die Ausreise. Das ist nach deutschem Strafrecht auch erlaubt – soforn die Betroffenen sich offiziellen Streitkräften anschließen, als Kombattanten erkennbar sind und sich nicht an Kriegsverbrechen beteiligen.
Waffen könnten auch hierzulande in Umlauf geraten
Verfassungsschutzchef Haldenwang spricht bei den Ausreisen von bisher noch überschaubaren Zahlen, man dürfe das „nicht überschätzen“. In Sicherheitskreisen wird jedoch gewarnt, dass Kampfbeteiligungen von deutschen Extremisten auch deren Verrohung und einen geübten Umgang mit Waffen bedeuten könne. Zudem könnten Waffen über diesen Weg auch hierzulande in der Szene in Umlauf geraten.
Die Linken-Innenexpertin Martina Renner hatte deshalb die Sicherheitsbehörden schon früh aufgefordert, „alles zu unternehmen“, um die Ausreisen von Rechtsextremen zu verhindern und einen Plan für mögliche Rückkehrer vorzubereiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Sicherheitsleck in der JVA Burg
Sensibler Lageplan kursierte unter Gefangenen