Rechtsextremes Netzwerk bei der Polizei: Daten aus dem Dienstcomputer
Im Dezember wurden rechtsradikale Umtriebe bei der Frankfurter Polizei bekannt. Nun gibt es Hinweise auf einen möglichen neuen Fall.
Das niedersächsische Innenministerium teilte dagegen am Freitagnachmittag mit, der beschuldigte Beamte arbeite zwar seit dem 1.4.2017 in Niedersachsen, das Ermittlungsverfahren gegen ihn beziehe sich jedoch auf Vorwürfe aus seiner Dienstzeit in Hessen. Die offenkundigen Widersprüche ließen sich bis Freitagnachmittag nicht aufklären.
Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Nancy Faeser, die über die Medien von dem Vorgang erfuhr, sagte dazu der taz: „Offenbar hat Innenminister Peter Beuth von der CDU seinen Verantwortungsbereich nicht im Griff.“ Die Linkenfraktion beantragte eine Sondersitzung des Innenausschusses.
Die Süddeutsche Zeitung hatte zuvor berichtet, im Strafverfahren gegen zwei zwei mutmaßlich Gewalttäter aus der Neonaziszene vor dem Landgericht Halle von den Ermittlungen erfahren zu haben. Die beiden Angeklagten werden beschuldigt, im Mai 2017 mit Ihrem Auto in Halle wehrlose Menschen gejagt und zwei Wanderer schwer verletzt zu haben. Ihre T-Shirts trugen den Schriftzug „Aryens“ (Arier) und die rassistische Parole „Support Your Race!“
Aus den Chatprotokollen der Tatverdächtigen, so die SZ, ergebe sich, dass sie ein befreundneter Polizeibeamter aus Hessen mit Daten aus dem Polizeicomputer beliefert habe. „Das Netzwerk rechtsradikaler Polizisten im hessischen Polizeidienst ist offenbar größer als bekannt,“ folgert die SZ. Die mögliche Verbindung der Angeklagten zu dem Polizeibeamten hat nach einem Bericht der Städtischen Zeitung (Paywall) aus Halle der Berliner Rechtsanwalt Sebastian Scharmer in das Verfahren eingebracht, als Nebenkläger.
Erst im Dezember 2018 war bekannt geworden, dass fünf BeamtInnen der Frankfurter Polizei über das Internet Hitlerbilder, Hakenkreuze und fremdenfeindliche Parolen ausgetauscht hatten. Auf diese rechte Chatgruppe waren die Fahnder über Ermittlungen zu einem Drohbrief gegen die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz gestoßen. „Verpiss dich solange du hier noch lebend rauskommst, Du Schwein!“ stand in dem Brief, der mit „NSU2.0“ unterschrieben war.
Die Anwältin hatte im Münchner NSU-Prozess eine Familie eines NSU-Opfers vertreten. Die Absender des Briefes kannten offenbar persönliche Daten der Anwältin, die öffentlich nicht bekannt waren. Diese Daten, so fanden Ermittler heraus, waren von einem Computer abgerufen worden, zu dem die fünf PolizeibeamtInnen Zugang hatten. Ob es einen Zusammenhang zwischen Datenabruf und Drohbrief gibt, wird derzeit ermittelt. Die BeamtInnen sind suspendiert.
Viele Unklarheiten
Zu den neuen Vorwürfen sagte der Sprecher des hessischen LKA der taz: „Uns ist der Vorgang nur insofern bekannt, dass wir im Mai 2017 im Auftrag der Staatsanwaltschaft Halle die Wohnung eines ehemaligen hessischen Polizeibeamten im hessischen Linsengericht durchsucht haben.“ Er fügte hinzu: „Über Ergebnisse ist uns nichts bekannt.“ Das niedersächsische Innenministerium teilte dagegen mit, die Staatsanwaltschaft im hessischen Darmstadt führe die Ermittlungen.
In jedem Fall kann man nach der Darstellung des hessischen LKA davon ausgehen, das die hessische Polizei zu keinem Zeitpunkt Interesse an den Ergebnissen der Duchsuchung bei ihrem ehemaligen Kollegen angemeldet hat, auch nicht, nachdem in dieser Behörde eigens eine Arbeitsgruppe zur Aufklärung rechtsextremer Umtriebe in der hessischen Polizei eingesetzt worden war. Ob und gegebenenfalls warum sie nichts von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Darmstadt gewusst hat, blieb zunächst unklar.
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