Rechtsextremer Terror in Deutschland: Das Netz des Einzeltäters
Stephan B. handelte allein und baute seine Waffe selbst. Trotzdem sind Täter wie er vernetzt: mit einem internationalen Publikum und deren Ideologien.
S tephan B. mag bislang weder Sicherheitsbehörden noch BeobachterInnen der Neonazi-Szene aufgefallen sein. Der Anschlag, bei dem er am Mittwoch auf Juden und MigrantInnen zielte und zwei Menschen tötete, kann leider dennoch nicht überraschen. Lange vor dem Mord an dem Politiker Walter Lübcke und vor den Taten des NSU gab es rechten Terror in Deutschland. Seit Jahrzehnten werden jüdische Einrichtungen angegriffen. Insgesamt 196 Opfer rechter Gewalt hat die Amadeu-Antonio-Stiftung seit 1990 gezählt.
Für seine Tat in Halle formulierte Stephan B. Texte, seine Morde übertrug er live im Internet, auf einer Gaming-Plattform. Sein Publikum adressierte er auf Englisch.
Das erinnert nicht zufällig an die rechten Terrortaten in Christchurch Anfang des Jahres, im Münchner Einkaufszentrum 2016 und von Anders Breivik 2011. Ein neuer Neonazismus, der sich zunehmend international und virtuell inspiriert und vernetzt. Wie aber lässt sich ein Täter aufhalten, der zuvor nie in Erscheinung getreten ist und sich seine Waffen selbst gebaut hat? Nicht mit den üblichen Mitteln der Sicherheitsapparate.
Stephan B. mag vielleicht als Einzeltäter gehandelt haben, aber er war nicht allein. Neben ihm stehen Neonazis, Stammtisch-Nationalistinnen und TastaturhetzerInnen – sein Publikum. Die AfD und auch die rechtsextreme Identitäre Bewegung verurteilten die Tat. Das ist zynisch: Ihr Rassismus, ihr Antifeminismus, ihr Frauen- und Judenhass bereiten den Nährboden für die Morde von Stephan B.
Er führte aus, was im alltäglichen Ressentiment angelegt und in der extremen Rechten programmatisch zugespitzt ist. Von der Wutrede über die vermeintliche „Macht der Rothschilds“, eine verbreitete antisemitische Chiffre für eine jüdische Weltverschwörung, machte er den nächsten Schritt.
Die Gefahr ist die rechte Ideologie selbst. Deshalb muss hier die Prävention ansetzen. Dass die Bundesregierung Geld für Projekte gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus eher kürzt statt aufstockt, ist da das falsche Signal.
Auf die Tat in Halle muss mit mehr Aufklärungsarbeit reagiert werden, mit Solidarität und Engagement gegen Neonazis vor Ort. Und mit einem Bekenntnis zum Antifaschismus, den die AfD zu einem Schimpfwort machen will, wobei er eine Selbstverständlichkeit sein muss.
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