Rechtsextremer Anschlag auf Synagoge: Höchststrafe für Halle-Attentäter

Der Rechtsextreme, der nahe der Synagoge in Halle zwei Menschen erschoss, muss lebenslang ins Gefängnis. Die Richterin sprach von einem „feigen Anschlag“.

Der angeklagte Stephan B. sitzt zu Beginn des 19. Prozesstages im Landgericht hinter einem Absperrband

Der angeklagte Stephan B. wurde zu lebenslanger Haft verurteilt Foto: Ronny Hartmann/dpa

MAGDEBURG afp/dpa | Im Prozess um den rechtsextremen Anschlag auf die Synagoge in Halle an der Saale hat das Oberlandesgericht Naumburg die Höchststrafe verhängt. Der Angeklagte Stephan B. wurde am Montag in Magdeburg zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Das Urteil erging unter anderem wegen zweifachen Mordes, vielfachen Mordversuchs und Volksverhetzung. Das Gericht stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren unwahrscheinlich macht. Gegen das Urteil kann Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Es sei ein “feiger Anschlag“ gewesen, sagte die vorsitzende Richterin Ursula Mertens bei der Urteilsverkündung am Montag. Der Angeklagte habe an vielen Stellen seine Taten und Motive relativiert. Der Mann reagierte mit ausdruckslosem Gesicht auf den Urteilsspruch und begann sich Notizen zu machen.

Am 9. Oktober 2019 hatte der heute 28-jährige Deutsche Stephan Balliet versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Er warf Brand- und Sprengsätze und schoss auf die Zugangstür, gelangte aber nicht auf das Gelände. Vor der Synagoge ermordete er dann die 40 Jahre alte Passantin Jana L. und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss den 20-jährigen Kevin S.

Auf seiner Flucht schoss der Mann auf Polizist:innen, fuhr mit dem Fluchtwagen einen Mann an und schoss in einem Dorf bei Halle einen Mann und eine Frau an, nachdem sie ihm ihr Auto nicht geben wollten. In einer Werkstatt erpresste der damals 27-Jährige dann ein Taxi, das die Polizei mit Hilfe des Taxifahrers orten konnte. Anschließend nahmen Polizisten ihn fest. Der Sachsen-Anhalter hat die Tat gestanden.

Mit dem Urteil folgten Mertens und die vier weiteren Richter der Forderung von Bundesanwaltschaft und Nebenklage. Der Prozess gilt als größtes Strafverfahren in der Geschichte Sachsen-Anhalts. Aus Sicherheits- und Platzgründen hatte das OLG die Verhandlung in den größten Gerichtssaal des Landes in Magdeburg verlegt.

An 25 Prozesstagen befragte das Gericht dort insgesamt 79 Zeugen und 15 Sachverständige. 45 Überlebende und Hinterbliebene hatten sich der Nebenklage angeschlossen, sie wurden von 23 Anwält:innen vertreten. Allein die Schlussvorträge der Überlebenden hatten drei Prozesstage gedauert, viele hatten dabei oder zuvor im Zeugenstand selbst das Wort ergriffen. Fast alle hatten von schweren psychischen Folgen der Tat berichtet.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

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