Rechtsextreme in Sachsen: Der Spuk ist noch nicht vorbei
Die NPD ist in Sachsen aus dem Landtag geflogen. Innenminister Markus Ulbig befürchtet nun eine Radikalisierung in der rechten Szene.
DRESDEN dpa | Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) erwartet nach dem verpassten Wiedereinzug der rechtsextremen NPD in den Landtag Verwerfungen in der rechten Szene. Schon vorher vorhandene Spannungen dürften nun offen zutage treten, sagte er. „Mit diesem Wahlergebnis wird es mit Sicherheit so sein, dass die vermeintlich Gemäßigten als gescheitert gelten und mit den eher Radikalen in offene Machtkämpfe treten werden.“
Dabei würden die Radikaleren Führungsansprüche stellen. „Und es wird Verwerfungen mit der neonationalsozialistischen Szene und – zumindest ist das zu befürchten – Radikalisierungstendenzen geben“, sagte Ulbig. Das Ausscheiden aus dem Landtag sei ein schwerer Schlag für die NPD. „Jetzt fehlt ihnen das Headquarter. Dass von hier aus auch Landtags- und Bundestagswahlkämpfe andernorts organisiert, gesteuert und finanziert wurden, wissen wir alle. Zwischen 1,4 und 2,5 Millionen Euro pro Jahr (...) werden ihr nun fehlen“ – Steuergeld, das für „verfassungsfeindliche Sachen“ verwendet worden sei.
Dennoch sei das Problem NPD in Sachsen längst nicht gelöst. Ulbig: „Auf der kommunalen Ebene gibt es zirka 100 Mandatsträger, das dürfen wir nicht vergessen.“ Das in Karlsruhe anhängige Verbotsverfahren sei deshalb weiterhin richtig und wichtig.
Ulbig warnte davor, das mit 4,95 Prozent knappe NPD-Ausscheiden mit dem Erfolg der häufig als rechtspopulistisch kritisierten AfD in einen Topf zu werfen und Sachsen als „rechten Rand Deutschlands“ zu stilisieren. „5 + 10 = rechtsextrem – diejenigen, die diese Formel auf den Weg gebracht haben, machen es sich zu leicht.“ Der Minister verwies darauf, dass die NPD seit ihrem ersten Einzug in den Landtag 2004 mehr als die Hälfte der Stimmen verloren habe.
Es bleibe abzuwarten, was aus der Alternative für Deutschland (AfD) werde, sagte Ulbig. „Natürlich gibt es dort Leute, die rechts, wahrscheinlich sogar rechtsextremistisch unterwegs gewesen sind. Man muss aber auch sehen: 26.000 Wähler sind von SPD, Grünen und der Linken gekommen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden