Rechtsextreme darf weiter Kinder betreuen: Braune Erzieherin kehrt zurück
Im August beurlaubte Lüneburg eine Erzieherin wegen ihrer rechtsextremen Ansichten. Nun hat diese sich schriftlich distanziert – und darf wieder in die Kita.
HAMBURG taz | Eine rechtsextreme Erzieherin darf doch weiter in einer städtischen Kindertagesstätte in Lüneburg arbeiten. "Wir sehen keine Möglichkeit, arbeitsrechtliche Schritte einzuleiten", sagte ein Sprecher der niedersächsischen Hansestadt.
Vor knapp drei Wochen hatte die Stadt Birkhild T. bis auf weiteres beurlaubt, nachdem die taz wegen ihres rechtsextremen Engagements nachgefragt hatte. Die Leiterin der Tagesstätte hatte damals entsetzt reagiert. Nun rudert die Stadt Lüneburg zurück. Birkhild T. werde "wieder in ihrem angestammten Beruf arbeiten", sagte ein Stadtsprecher. Sie habe schriftlich versichert, kein Mitglied einer rechtsextremen Vereinigung zu sein.
Eine Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Vereinigung war in den vergangenen Jahren in ähnlichen Fällen vor Arbeitsgerichten auch nicht gleich ein zulässiger Kündigungsgrund. Oft folgten aber langwierige Rechtsstreitigkeiten.
Allerdings beruhte die Nachfrage der taz nicht auf einer vermeintlichen Mitgliedschaft T.s in der NPD - sondern auf ihrer festen Verwurzelung im rechtsextremen Milieu. T. lebt mit ihrer Familie im mecklenburg-vorpommerischen Lübtheen, eine Autostunde von Lüneburg entfernt. Hier führt ihr Ehemann das Wahlkreisbüro des NPD-Fraktionschefs Udo Pastörs. Sie selbst half bei der Auftaktveranstaltung der NPD zur Landtagswahl 2006. Ihre Kinder schickte sie bis zu deren Verbot zur neonazistischen "Heimattreuen Deutschen Jugend", auch auf ihrem Grundstück fanden Lager der Szene statt. Eine Aussteigerin erzählte, dass T. eine NPD-nahe Frauengruppe geleitet habe.
"Es ist unerträglich, das eine aktive Rechtsextremistin Kinder in staatlichen Einrichtungen erziehen darf", sagt Sven Kindler, Grünen-Bundestagsabgeordneter aus Niedersachsen. "Die Frau, ihr Mann und ihre Familie sind tief in dieser Szene verankert."
Die Auseinandersetzung um T. nutzte Lüneburg, um von allen städtischen Erzieherinnen eine Erklärung einzuholen, "nicht Mitglied einer extremistischen Gruppierung zu sein". Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) hat zudem Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) gebeten, Regelungen nach dem Vorbild Mecklenburg-Vorpommerns anzustreben. Dort müssen Kita-MitarbeiterInnen seit Anfang August erklären, keinen Gruppierungen anzugehören, die der freiheitlich-demokratischen Grundordnung widersprechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren