Kindertagesstätte in Lüneburg: Kinder sind rechte Erzieherin los
Die Stadt Lüneburg hat sich von der Pädagogin Birkhild T. getrennt, die mit der rechten Szene verstrickt ist. Einen Triumph erkennen die Eltern nicht.
HAMBURG taz | Birkhild T. wird nicht mehr in die Kindertagesstätte am Marienplatz in Lüneburg zurückkehren. Nach zwei Jahren, zehn Monaten und sieben Tagen Auseinandersetzung konnte die Stadt das Arbeitsverhältnis mit der Erzieherin, die enge Beziehung in die rechte Szene hat, beenden.
Ein Auflösungsvertrag wurde vereinbart. „Wir sind sehr froh, über diese Entwicklung“, sagt der Sprecher der Initiative „Eltern gegen rechts“.
Am Mittwoch bestätigte der Sprecher der Stadt Lüneburg, Daniel Steinmeier, dass das Arbeitsverhältnis im Einvernehmen aufgelöst wurde. „Frau T. hat den Vertrag unterschrieben“, sagt Steinmeier. Die genauen Vereinbarungen wollte er nicht kommentieren. Nicht unüblich, da die Vertragspartner bei solchen Verträgen oft Verschwiegenheit vereinbaren. T. soll aber eine Abfindung bekommen, heißt es.
Seit beinahe drei Jahren belastete der Konflikt Eltern, Kinder und Erzieherinnen in der Kita am Marienplatz. Am 11. August 2010 hatte ein Bericht der taz über T., die mit ihrer Familie nahe Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern lebt, die Auseinandersetzung ausgelöst. T. ist mit dem NPD-Kommunalpolitiker Andreas T. verheiratet, ließ einige ihrer eigenen Kinder zu Kinderfesten der Partei gehen und schickte sie zur „Heimattreuen Deutschen Jugend“, die später wegen „Heranbildung einer neonazistischen Elite“ verboten wurde.
Aus dem Umfeld der NPD arbeiten häufiger Frauen und Männer in pflegerischen oder auch in pädagogischen Berufen. Vier Beispiele:
In Schleswig-Holstein musste eine Lehrerin gehen, die bei der NPD aktiv war und Schüler und Schülerinnen in die Jugendorganisation der Partei zog.
In Hamburg wurde eine Lehrerin versetzt, da sie für die "Heimattreue Deutsche Jugend" aktiv war.
In Niedersachsen wurde einer angehenden Heilerziehungspflegerin wegen ihrer Nähe zur rechten Szene nahegelegt, aufzuhören.
In Mecklenburg-Vorpommern musste ein Erzieher, der Hauptbetreiber des verbotenen rechtsextremen Internetportals Thiazi.net war, gehen.
Kontakt zur rechten Szene
Die Eltern machten deutlich, wie unpassend sie eine Betreuung ihrer Kinder durch T. finden und die Stadt kündigte an, die Beschäftigung zu beenden. T. meldete sich krank.
Die Eltern hofften damals noch, dass sich der Konflikt schnell lösen werde. Doch es kam anders. Nicht mal einen Monat nach den ersten Berichten über T.s rechte Verstrickungen forderte ein Stadtrat die Eltern bei einer Informationsveranstaltung der Stadt auf, der Erzieherin eine Chance zu geben. Die Eltern schlossen sich zu einer Initiative zusammen und drohten Oberbürgermeister Ulrich Mägde (SPD) an, ihre Kinder aus der Kita zu nehmen, sollte T. weiter dort arbeiten. Mägde versprach den Elternvertretern daraufhin, dass die Erzieherin nicht zurückkommen werde. Die Stadt plane, sie in die Tagespflege zu versetzen.
Im Juni 2011 aber entschied das Arbeitsgericht Lüneburg, dass T. wieder in der Kita arbeiten dürfe. Nach mehreren Gesprächen bestreikten die Eltern von 66 Kindern die Einrichtung am 31. Oktober 2012. Sie fühlten sich von der Stadt alleingelassen, sagte eine Mutter, dessen Tochter in die Kita am Marienplatz geht. Man wisse doch nicht, was sie mit den Kindern mache und wie sie mit Kindern mit Migrationshintergrund umgehe.
Sorgen der Eltern
Im März dieses Jahres trafen sich dann T., ihr Anwalt und Vertreter der Stadt zu einem erneuten Gespräch – und die Eltern sahen ihre Sorgen bestätigt. T. räumte nur ein, was unbestreitbar war. Etwa, dass sie ihre Kinder zu Treffen der NPD mitgenommen hatte. Und sie versuchte, zu relativieren, erinnert sich der Sprecher der Elterninitiative. Beispielsweise sei ihr Mann sei nur aus finanziellen Gründen bei der NPD.
Die Eltern hielten T. dagegen vor, ihr Mann sei Wahlkreismitarbeiter des zweitwichtigsten Mannes in der NPD, Udo Pastörs. Pastörs ist NPD-Bundesvize und Fraktionsvorsitzender in Schwerin. Im April drohten dann Eltern von 51 Kindern erneut mit der Kündigung. Mehr noch: Sie kündigten an, einen Verein zu gründen, um die Kinderbetreuung selbst zu organisieren. Räume und Personal waren schnell gefunden.
„Das unsere Kinder nicht weiter von ihr betreut werden, erleichtert uns, das war unser Ziel“, sagt der Sprecher der Initiative. „Ein Triumphgefühl haben wir nicht.“ Sie seien nur wirklich froh, dass diese belastende Auseinandersetzung nun endlich zu Ende sei. „Ich glaube, wir haben auch ein Signal gesetzt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen