piwik no script img

Rechtsextreme bei der FeuerwehrFeuerwehrmann und Brandstifter

Nach dem Brandanschlag in Salzhemmendorf steht ein rechtsextremer Feuerwehrmann vor Gericht. Einer seiner Kumpane trägt die Uniform noch heute.

Feuerwehrmann und Rechtsextremist Sascha D. vorm Landgericht Hannover Foto: Julian Stratenschulte/ dpa

HANNOVER taz |Nach dem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim im niedersächsischen Salzhemmendorf gab sich Bürgermeister Clemens Pommerening selbstgewiss: „Es gibt hier im Ort keine rechte Szene.“ Auch Ortsbrandmeister Thomas Hölscher war sich sicher: Wenn einer seiner Feuerwehrleute „mit dem erhobenen rechten Arm durchs Dorf gelaufen wäre, hätte ich das mitbekommen“. Hat er aber nicht.

Sechs Monate nach dem Anschlag vom 28. August macht seit Mittwoch ein Prozess vor dem Landgericht Hannover klar, dass in dem gut 9.000 Einwohner zählenden Salzhemmendorf (Landkreis Hameln-Pyrmont) sehr wohl eine rechtsextreme Szene existiert – und von offizieller Seite noch immer ignoriert wird.

Hitlergruß auf offener Straße

Vor Gericht stehen Saskia B., Sascha D. und Dennis L., angeklagt wegen versuchten Mordes aus fremdenfeindlicher Gesinnung. Dass der 25-jährige Sascha D. den Hitlergruß auf offener Straße gezeigt habe, sei „Dorfgespräch“ gewesen“, sagte der Zeuge Florian R. vor Gericht. Aus der Freiwilligen Feuerwehr geworfen wurde D. trotzdem nicht.

In der Tatnacht beteiligte er sich an der Herstellung eines mit Benzin und Heizöl gefüllten Molotowcocktails, den der Hauptverdächtige Dennis L. dann in die Erdgeschosswohnung einer Flüchtlingsunterkunft schleuderte – nur durch Zufall schliefen in dem Zimmer gerade keine Kinder und es blieb es bei Sachschäden. Vor dem Brandanschlag holte D. noch seinen Feuerwehr-Alarmmelder zu Hause ab. Und half danach, das Feuer zu löschen, das er selbst gelegt hatte.

Saufen in der Garage

Ein enger Freund der Brandstifter ist bis heute Feuerwehrmann. Nur als Jugendwart musste der 22 Jahre alte Robert S. zurücktreten – weil die Medien Druck machten, nicht etwa die örtliche Politik, wie er vor Gericht betonte. Zuvor war bekannt geworden, dass S. auf Facebook mit Rechtsextremisten befreundet war, wo ihm auch die NPD „gefällt“.

Vor Gericht wurde deutlich, wie sehr auch S. von Fremdenhass beherrscht ist. Mit D. und L. traf er sich zum Saufen in der Garage. Eine gemeinsame Whatsapp-Gruppe benannte er in „Garage Hakenkreuz“ um. „Ich bin der neue Adolf! Nix Zyklon B. Erhängt wird das Pack“, schrieb Haupttäter L. darin. „Sieg Heil und fette Beute!“, antwortete Robert S. Mit dem Satz „Hängt dem Hitler den Nobelpreis um“ zitierte er auch die Neonazi-Band „Oidoxie“, in deren Videos von der Erschießung von Schwarzen und Juden fantasiert wird.

Immerhin: Nach dem Auftritt vor dem Landgericht macht sich jetzt auch Salzhemmendorfs Bürgermeister Gedanken, ob S. für seine Feuerwehr noch tragbar ist. „Wir werden“, sagte Pommerening zur taz, „darauf reagieren.“ Über einen etwaigen Rauswurf soll am Wochenende entschieden werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Das Lied "Hakenkreuz", welches die zitierte Textstelle enthält, stammt von der Band "Radikahl", "Oidoxie" hat lediglich "gecovert".

  • Schade, dass Herr Pommerening zum "reagieren" erst getragen werden musste... . Allerdings sollte auch ihm klar sein, dass ein "etwaiger" Rauswurf ungefähr so mutig ist, wie zu Hause auf dem Klo ganz laut: "Ich bin dagegen!" zu rufen!