Neonazi-Anschlag von Salzhemmendorf: „Viel Vergnügen beim Verrecken“

Nach dem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft plädiert die Staatsanwältin auf versuchten Mord. Der Anwalt der Nebenkläger wird von Neonazis bedroht.

„Erhängt wird das Pack“, schrieb Haupttäter L. bei Whatsapp Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER taz | Im Neonazi-Prozess um den Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim im niedersächsischen Salzhemmendorf hat die Staatsanwaltschaft mehrjährige Haftstrafen gefordert. Weil er einen Molotowcocktail aus zwei Metern Entfernung in das Kinderzimmer der aus Simbabwe stammenden vierköpfigen Flüchtlingsfamilie D. schleuderte, soll Haupttäter Dennis L. acht Jahre ins Gefängnis. Für seinen Komplizen, den freiwilligen Feuerwehrmannn Sascha D., forderte Staatsanwältin Katharina Sprave sieben Jahre Haft. Vier Jahre und zwei Monate sitzen soll die 24-jährige Saskia B.: Sie hat gestanden, die Männer zum Tatort chauffiert zu haben.

Die beiden 31 und und 25 Jahre alten Arbeiter hätten sich des versuchten Mordes in vier Fällen und der Brandstiftung schuldig gemacht, so die Anklägerin. „Nur durch glückliche Fügung“ sei niemand getötet worden, machte Sprave klar. Zwar durchschlug die mit einem gefährlichen Gemisch aus Benzin, Heizöl und Sägespänen gefüllte Flasche am 28. August 2015 die doppelte Isolierglasscheibe des Kinderzimmers und landete direkt unter dem Bett eines elfjährigen Jungen, der schlief in dieser Nacht allerdings im Zimmer seiner Mutter – im Prozess hat Margeret D. klar gemacht, dass sie dies nur ein Mal im Monat erlaube.

Gleich drei Mordmerkmale weise die Tat auf, argumentierte Staatsanwältin Struve: Aus Heimtücke sei der Anschlag mitten in der Nacht verübt worden, wenn alles schlafe. Mit dem gemeinsam hergestellten Molotowcocktail sei ein „gemeingefährliches Mittel“ eingesetzt worden.

Außerdem sei mit „verachtenswerten, sittlich auf tiefster Stufe stehenden Fremdenfeindlichkeit“ ein „niederer Beweggrund“ Auslöser des Attentats gewesen: „Nix Zyklon B! Erhängt wird das Pack“, schrieb Haupttäter L. bei Whatsapp. Dass der Feuerwehrmann Sascha B., der nach der Tat half, den selbst gelegten Brand zu löschen, den Hitlergruß gern auf offener Straße zeigte, war in dem Ort bei Hameln Dorfgespräch. Saskia B. sei dagegen nur „eine Randfigur“ gewesen, sagte Struve – wenn auch eine mit „wesentlichem Tatanteil“.

Als Nebenklage-Vertreter machte der Berliner Anwalt Lukas Theune dagegen klar, dass er lebenslange Haft für alle drei Angeklagten fordern will: „Aus meiner Sicht wollten sie alle 40 Bewohner des Flüchtlingsheims töten.“ Auch Saskia B. sei rechtsextrem, habe schon ihrem zweijährigen Kind den Nazi-Gruß „Sieg Heil“ beigebracht, sagte der Anwalt – und verwies auf die nach wie vor aktiven Unterstützer der drei: „Die Zyklon-B-Kapseln liegen schon bereit“ hieß es in einer Mail, die Anwalt Theune erst Anfang dieser Woche erhielt: „Viel Vergnügen beim Verrecken, du rotes Ungeziefer.“

Das Urteil wird am 17. März verkündet.

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