Rechtsextreme Gefährder: BKA zweifelt Zahlen an

Das BKA plant, sich mehr dem Thema Rechtsextremismus zu widmen. Die Behörde will Zahlen prüfen und legt ein Konzept mit dem Verfassungsschutz vor.

Menschen mit Reichskriegsflaggen demonstrieren

Rechtsextremen protestieren gegen mediale Vorverurteilung nach dem Mord an Walter Lübcke Foto: Swen Pförtner/dpa

BERLIN taz | Das Bundeskriminalamt (BKA) zweifelt die Anzahl rechtsextremer Gefährder an. Derzeit sind bei der Behörde 43 rechtsextreme Gefährder registriert, das sind zehn mehr als noch zu Jahresbeginn. Doch diese Zahlen sind aus Sicht des BKA wohl zu niedrig.

„Wir müssen diese Zahl genau überprüfen“, sagt BKA-Chef Holger Münch am Montag in Berlin. Die Diskrepanz zu den 12.700 gewaltbereiten Rechtsextremisten, von denen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ausgeht, sei augenfällig. Münch will die Anzahl der rechten Gefährder nun in den Ländern in sogenannten Fallkonferenzen überprüfen.

Die Zahlen kommen aus den Länderpolizeien und werden beim BKA zusammengeführt. In den Ländern findet auch die Einstufung statt. Als Gefährder werden politische Extremisten geführt, denen die Polizei eine schwere Gewalttat bis hin zu Terroranschlägen zutraut. Es gibt also einen Ermessensspielraum.

Augenfällig ist der Unterschied auch zu der Anzahl der eingestuften Islamisten. Beim BKA sind 690 islamistische Gefährder registriert. Der Verfassungsschutz geht von 11.500 Salafisten aus, die aber nicht alle als gewaltbereit gelten. Im Gegensatz zum Rechtsextremismus stand der Islamismus in den vergangenen Jahren besonders im Fokus der Sicherheitsbehörden – und auch der öffentlichen Debatte.

„Die Lage ist ernst“

Dass das Frühwarnsystem in Sachen Rechtsextremismus nicht gut funktioniert, hatte zuletzt auch der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke gezeigt. Der mutmaßliche Mörder, vor Jahren bei Polizei und Verfassungsschutz registriert, war von deren Radar verschwunden. Der Mann, der am vergangenen Mittwoch aus antisemitischen und rechtsextremistischen Motiven die Synagoge in Halle angegriffen und zwei Menschen getötet hatte, war den Sicherheitsbehörden komplett unbekannt.

BKA und Verfassungsschutz haben dem Innenministerium nun ein abgestimmtes Konzept zur besseren Bekämpfung des Rechtsextremismus vorgelegt. „Rechte Straftaten gefährden unsere Demokratie“, sagte der BKA-Chef. „Die Lage ist ernst.“ Zu den Maßnahmen gehören eine stärkere Beobachtung im Internet, weitere Vereinsverbote und eine verstärkte Analyse der Neuen Rechten.

Das BfV will unter anderem eine Zentralstelle „Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst“ aufbauen, das BKA eine „Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität“ einrichten. Münch fordert, Provider zu verpflichten, strafrechtlich relevante Inhalte nicht nur zu löschen, sondern auch dem BKA zu melden. Auch BfV-Präsident Thomas Haldenwang will neue Befugnisse, darunter Onlinedurchsuchungen. Der Verfassungsschutz hat 300 neue Stellen beantragt, das BKA 440.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.