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Rechter verliert vor GerichtIdentitären-Kader bleibt entwaffnet

Ein Gericht erachtet den rechten Aktivisten Nils Altmieks als zu „unzuverlässig“ für einen Waffenschein. Identitäre sind nach Christchurch im Visier.

Alles nur friedlicher Protest? Gerichte und der Verfassungsschutz haben bei den Identitären Zweifel Foto: dpa

BERLIN taz | Seit Jahren gehört Nils Altmieks zu den führenden Aktiven der deutschen Identitären. Prominent wird er auf der Homepage der Rechtsextremen geführt: als Familienvater, Bauingenieur – und Bundesvorstand. Seit Jahren auch konnte Altmieks relativ ungestört seiner Politik nachgehen. Nun aber gibt es einen Dämpfer.

Am Donnerstag entschied das bayrische Verwaltungsgericht Ansbach, dass Altmieks, der in der Nähe Erlangens wohnt, zu Recht seine Waffenbesitzkarte entzogen wurde. Seit 2012 hatte er diese für Jagden genutzt. Schon im Mai 2017 hatte Bayern Altmieks den Schein weggenommen – mit Verweis auf sein Identitären-Engagement. Die Gruppe werde vom Verfassungsschutz beobachtet, sie stehe einer völkischen Ideologie und biologistischem Denken nahe, argumentierte der Freistaat. Mitentzogen wurde eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis.

Altmieks ging dagegen vor. Der Protest der Identitären sei gewaltfrei und verstoße nicht gegen die Verfassung, behauptete er.

Das Gericht wies die Klage nun ab. Der Verfassungsschutz sehe „hinreichend gewichtige Anhaltspunkte“ für eine Verfassungsfeindlichkeit der Identitären. Als langjähriger Bundesvorsitzender beeinflusse er die Geschicke der Gruppe „maßgeblich“. Auch habe Altmieks bereits selbst „die Grenze des Strafrechts überschritten“: Er hatte einen Strafbefehl erhalten, weil er eine Veranstaltung des früheren Grünen-Chefs Cem Özdemir störte. Und: Altmieks sei bei der 2009 verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ aktiv gewesen, die Jugendliche in Zeltlagern rechtsextrem drillte. Diese Zeit habe Altmieks lediglich „bagatellisiert“.

All dies widerspreche einer „Zuverlässigkeit“, die für Waffenscheine nötig sei, so das Gericht. Altmieks kann gegen die Entscheidung noch Berufung einlegen.

Verbindungen zu Christchurch-Attentäter

Schon zuletzt gerieten die Identitären ins Visier, weil sie ideologische Schnittpunkte mit dem Christchurch-Attentäter in Neuseeland aufwiesen. Der Attentäter hatte zudem zuvor Geldspenden an den Österreich-Chef der Identitären und an den französischen Ableger der Gruppierung überwiesen. Zu den deutschen Identitären gebe es bisher keine Hinweise auf Verbindungen zu dem Attentäter, hatte das Bundesinnenministerium zuletzt erklärt. Dennoch hatten einzelne Politiker ein härteres Vorgehen gegen die Identitären gefordert, bis hin zur Prüfung eines Verbotes.

Bayern hatte zudem zuletzt angekündigt, Rechtsextremen konsequent Waffenscheine zu entziehen. Dies bezog sich insbesondere auf Reichsbürger. Bis Jahresende 2018 wurden in diesem Milieu laut Innenministerium 379 waffenrechtliche Erlaubnisse und 670 Waffen eingezogen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach von einer „bundesweiten Vorreiterrolle“ bei der Entwaffnung der Szene.

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