Rechter Aufmarsch in Berlin blockiert: Nicht in unserem Namen
Der rechte „Frauenmarsch zum Kanzleramt“ am Samstag bestand zumeist aus Männern. 1500 Gegendemonstranten stellten sich ihnen erfolgreich entgegen.
Nicht nur hier am nördlichen Rand der Kreuzung Friedrichstraße/Rudi-Dutschke-Straße steht am Samstagnachmittag eine Menschenblockade, auch nach Westen und Osten hin ist die Kreuzung dicht. Rund 1500 Gegendemonstranten sind unterwegs, sagt die Polizei, das Berliner Bündnis gegen Rechts spricht von 3000 Menschen.
Südlich der Kreuzung stehen die, die eigentlich über die Friedrichstraße laufen wollen: der rechte „Frauenmarsch“ zum Kanzleramt, laut Polizei 500 Teilnehmer groß. Vordergründig richtet sich diese Veranstaltung gegen Gewalt an Frauen – in ihren Reden und auf ihren Transparenten machen die Teilnehmenden keinen Hehl daraus, dass sie sich für diese nur dann interessieren, wenn es sich bei den Tätern um Migranten handelt.
Schon als die Teilnehmer sich um 15 Uhr am Auftaktort am Kreuzberger Mehringplatz versammeln, ist klar: Der Name „Frauenmarsch“ passt nicht so ganz. Ein Großteil der Anwesenden ist männlich, darunter AfD-Abgeordnete aus verschiedenen Bundesländern ebenso wie Brandenburger Neonazis. Als die Demonstration loszieht, werden die Frauen in den vorderen Teil des Zugs gescheucht. Mit dabei ist Anmelderin Leyla Bilge, AfD-Politikerin mit kurdischen Wurzeln und eine Art Vorzeige-Migrantin der rechtspopulistischen Partei.
Pegida-Frontmann Lutz Bachmann marschiert mit
Nicht wenige Teilnehmer machen einen eher skurrilen Eindruck: Ein Mann hat sich eine Art Kutte angezogen und ein Kopftuch umgelegt, auf seinem Schild fordert er die „Schönheit einer selbstbewussten Frau“ dürfe nicht „mit einem hässlichen Tuch verschleiert werden“. Mittendrin die Prominenz der Bewegung: Pegida-Frontmann Lutz Bachmann ist gekommen, auch der thüringische AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke soll am Rande der Auftaktkundgebung gesichtet worden sein.
Gerade mal 700 Meter weit kommt die rechte Demonstration, dann ist noch vor 16 Uhr Schluss. Die Blockaden stehen, und die Polizei unternimmt zunächst auch keine Anstalten, sie zu räumen. Für die beim „Frauenmarsch“ eingesetzten Kommunikationsteams der Berliner Polizei, die mit 900 Beamten vor Ort ist, beginnt nun eine anstrengende Zeit: Die Stimmung unter den rechten Demonstranten wird zunehmend aggressiver, sie beschimpfen die Polizisten, weil diese in ihren Augen nicht genug tun, um die Route freizubekommen. „Wasserwerfer, Wasserwerfer“, fordert die Menge im Chor. „Mit Eiskugeln müsste man dieses Pack von der Straße schießen“, sagt eine ungefähr 50-jährige Frau hinter dem Fronttransparent und schiebt sich die Brille zurecht.
Von ernsthaften Räumungsversuchen ist nichts zu sehen
Weiter nördlich macht die Polizei inzwischen ihre obligatorischen drei Durchsagen. Zwar lassen es sich Einheiten der Polizei nicht nehmen, sich immer wieder einen Weg quer durch die Blockade zu bahnen und dabei auch kräftig nach allen Seiten auszuteilen, es gibt auch einige Festnahmen – doch von ernsthaften Räumungsversuchen ist hier nichts zu sehen.
Vielleicht will man am touristischen Checkpoint Charlie keine allzu unschönen Bilder produzieren, vielleicht reichen die Kräfte der Polizei auch zahlenmäßig schlicht nicht aus, um den rechten Aufmarsch tatsächlich auf der ganzen langen Route bis zum Kanzleramt gegen die zahlreichen Gegendemonstranten durchzusetzen. Klar ist jedenfalls: Um kurz nach 18 Uhr erklärt die Veranstalterin Leyla Bilge den Aufmarsch per Megafon für aufgelöst. Sie fordert die verbliebenen Teilnehmer auf, sich nun „in kleinen Gruppen“ zum Kanzleramt aufzumachen.
Rund 350 Menschen versammeln sich dort laut Polizeiangaben später am Abend zu einer Abschlusskundgebung. Für die Gegendemonstranten ist es nichtsdestotrotz ein Sieg: Rechte Aufmärsche in Kreuzberg funktionieren auch 2018 nicht.
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