Rechte Übergriffe in Magdeburg: Anschlag mit virtueller Ansage
Der Magdeburger Grünen-Politiker Sören Herbst wurde im Netz bedroht. Wenige Stunden später gab es Angriffe auf Wohnhaus und Büroräume.
Am Montag hatte O. bei Facebook gepostet: „Ich habe gerade gehört von meinen Jungs das Sören Herbst mich öffentlich zum Staatsfeind Nr. 1 erklärt hat“. Der Hintergrund: Herbst griff auf seiner Facebook-Seite auf, dass am vergangenen Wochenende an die 30 rechte Hooligans drei Männer aus Syrien gezielt angegriffen hatten. „Der Boden dafür wurde in den Vortagen von rechten Hools mit Kommentaren in Bezug auf Geflüchtete in einer Magdeburger Unterkunft bereitet: ‚Wir sehen uns Sonntag‘, ‚Heim plattmachen‘, ‚Typen plattschlagen“ schrieb Herbst, der bei seiner Fraktion Sprecher für Flüchtlings- und Migrationspolitik ist. Die Zitate stammen von O.s Facebook-Seite (taz berichtete).
Nun schreibt O. auf Facebook: „Sören mein kleiner Schatz, was ich dir auch persönlich schon schrieb, falls irgendwelche Ratten in der Zukunft irgendwas (...) in meine Richtung drücken, steh ich vor dir und mache dich alleine verantwortlich“. Öffentlich würde er nichts schreiben, aber, so O. weiter: „mein Kleener, ich handele! Wenn dann hast du ne Dauerkarte im Krankenhaus mein Schatz und auch da komme ich dich oft besuchen“, droht der Profikampfsportler.
Bei der Polizei hat Herbst wegen den Angriffen Anzeige erstattet. Die Täter sind noch unbekannt, der Hintergrund und die Begriffswahl legen ihre Ausrichtung nahe. „Bedrohungen und Angriffe auf Büros sind ja leider schon lange Normalität“, sagt Herbst. „Sie gehören zum Tagesgeschäft“. Die Internet-Drohung scheint aber zur Tat ermutigt zu haben. „Einige scheinen zu glauben, einen Freibrief zu haben“ sagt der gebürtige Magdeburger.
Doch nicht alleine die Kombination aus dem Posting in sozialen Netzwerken und dem zeitnahem Angriff macht für Herbst die neue Bedrohungssituation aus. „Mir machen die Morddrohungen Sorgen“, sagt er – und auch, dass die Bedrohung bis an die eigene Familie gerückt ist. Einschüchtern will sich der 35-Jährige dennoch nicht lassen. Es gab auch schon Unterstützung für ihn: Die Bezeichnung „Volksverräter“ könne derzeit als Kompliment verstanden werden, schreibt Luisa Ru auf Herbsts Facebook-Seite und führt aus: „Ich bin sehr gerne Volksverräterin und Gutmensch. Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie Volksverräter für die Völkischen“.
Im Laufe des Tages wurden in Magdeburg weitere Bedrohungen von Personen aus Initiativen und Vereinen, die sich gegen rechts engagieren, bekannt. Auch hier prangt an Wohnungseingängen: „Volksverräter“, auch hier wurden Galgen dazugeschmiert, etwa bei Robert Fietzke, Jugendkoordinator der Linksjugend [‘solid], wie dieser auf Twitter zeigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung