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Recht auf ReparaturAus Alt mach Neu

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Es ist wieder Konsummonat! Viel zu viele Menschen werden zum Neukauf gezwungen, weil Reparaturen schlicht unmöglich sind. Das muss sich ändern!

Da geht noch was: Repair-Cafe in Nordrhein-Westfalen Foto: Volker Herold/imago

V iel zu oft bleibt Ver­brau­che­r:in­nen keine Alternative: Das Gerät ist defekt, wahrscheinlich muss nur ein kleines Teil ausgetauscht werden, aber weit und breit gibt es keine Möglichkeit, es reparieren zu lassen – also bleibt nur noch der Neukauf. So entstehen unglaubliche Mengen Müll, werden wertvolle Ressourcen verschwendet und Ver­brau­che­r:in­nen um sehr viel Geld gebracht. Viele Leute lehnen diese Wegwerfgesellschaft, deren Teil sie unfreiwillig sind, entschieden ab.

Nun kümmert sich die Europäische Union endlich um das Problem. Das Straßburger Parlament hat sich am Dienstag für ein „Recht auf Reparatur“ ausgesprochen. Das ist schön – aber noch völlig unverbindlich. Die übrigen EU-Gremien müssen sich jetzt auf gemeinsame Vorgaben einigen. Das wollen sie bis zu den Europawahlen im kommenden Frühjahr abschließen. Schaffen sie es nicht, wird das Vorhaben in die kommende Legislaturperiode verschoben – und damit möglicherweise auf Eis gelegt.

Schon deshalb sollte die deutsche Regierung diesem Prozess nicht tatenlos zusehen, sondern selbst zügig tätig werden. Das hat sich die Ampelregierung in ihrem Koalitionsvertrag auch vorgenommen. Dort ist die Rede davon, dass der Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturanleitungen sichergestellt werden soll, die Lebensdauer und Reparierbarkeit eines Produkts sollen zu einem „erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft“ werden. Ein schönes Versprechen: Ver­brau­che­r:in­nen sollen vor dem Kauf erfahren, wie lange sie Ersatzteile für ein Produkt finden und es repariert bekommen.

Passiert ist aber nach fast zwei Jahren Ampelregierung nichts. Die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat bislang nicht geliefert. Das ist offenbar auch der FDP geschuldet, die solche Vorgaben nicht gut findet, weil sie unbequem für die Hersteller sind. Aber das darf nicht dazu führen, dass Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zulasten von Ver­brau­che­r:in­nen und Umwelt auf die lange Bank geschoben werden.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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13 Kommentare

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  • Sollte man bedenken, bevor man sich fûr DYSON oder SODASTREAM entscheidet: Keine Ersatzteile, keine Reparaturen !!!

    • @Rene Goeckel:

      Na ja, das ist bei den bekannten deutschen Firmen leider auch nicht anders.



      Im vergangen Oktober war das Lager der Waschtrommel meiner Miele - Waschmaschine kaputt, ein Teil von nur wenigen Euro Kosten.



      Ich rufe also den Miele - Kundendienst , ganz bewusst keinen Quacksalber, und der Monteur eröffnete mir, dass der Lagertausch so kompliziert sei, dass dies nur in der Miele Spezialwerkstatt möglich sei. Diese Werkstatt hat Miele aber schon vor Jahren aus Kostengründen aufgegeben, ich musste mir eine neue Maschine kaufen.

      Ähnliches bei WMF: Bei meinem etwa 4 Jahre alten Stabmixer war der Aufsatz zum Sahneschlagen kaputtgegangen. Ich also auf die Internet-Seite von WMF, und da wird mir nur der komplette Satz ALLER Zubehörteile dieser Maschine angeboten. Ich also schweren Herzens auf "in den Warenkorb", und was sehen meine entsetzten Augen? Es kommt die Meldung: "Diese Ware ist leider nicht mehr verfügbar".



      Na ja, der Stabmixer von WMF geht ja noch, aber da ich mir ein Gerät einer anderen Marke zum Sahneschlagen kaufen musste habe ich jetzt für viele Funktionen zwei Maschinen, so lange bis eine davon unreparierbar kaputtgeht. - Ein Trauerspiel.

  • Teilweise dürfte es auch daran liegen, dass Qualität nicht mehr von Verbraucher/innen honoriert, d.h. bezahlt wird. Somit bauen die Hersteller bspw. lieber billige Plastikteile ein statt Metall.

    • @Ciro:

      Nein, Kernschrott wird auch von sogenannten Markenherstellern zu horrenden Preisen angeboten, die stellen billigen Kram her, der dank Marketing teuer verkauft wird. Einfaches Beispiel aktuelle Stabmixer von Braun und WMF im Vergleich zu ESGE, die Preise etwa gleich, die ersten beiden, kollabieren wenn sie ein bischen Leistung bringen müssen und lassen sich nur mit viel Geschick reparieren, der ESGE hält und liese sich, wenn er denn mal kaputt ginge gut reparieren, weil der fast 50 Jahre alte nahezu genau so aufgebaut ist wie der neue, also solide und reparierbar.

  • Die Relation Neukauf zu Reparatur spielt auch eine Rolle. Reparatur ist oft gleich teuer oder sogar teurer als ein Neukauf.

    • @nutzer:

      Ja, sie haben recht, oft ist die Reparatur teuer als Neukauf, das ist aber sehr oft der Fall, weil die Geräte bewusst "unreparierbar" gebaut wurden:



      Gehäuse verklebt, und nicht verschraubt, wenn verschraubt, dann Spezialschrauben, die sich mit handelsüblichen Schraubendrehern nicht öffnen lassen;



      Oder das ganz berühmte Beispiel: Früher waren die Akkus von Mobiltelefonen einfach tauschbar, jetzt sind sie fest verbaut.

      • @Heinz Kuntze:

        naja, die Arbeitsstunde des Reparateurs ist zwangsläufig teurer als billig bezahlte, am Fließband arbeitende Arbeitskräfte in Asien.



        Der Reparateur muß ja auch von was leben.

  • Abseits von Apple, die Reparaturen absichtlich behindern/unterbinden, gibt es für viele Geräte heute Reparaturmöglichkeiten. Undokumentiert, ohne Herstellerfreigabe und abhängig von den Fähigkeiten der Reparierenden. Das Problem ist neben der nicht vorhandene Dokumentation die Arbeitszeit. Wenn Fehlersuche und Fix 1-2 Stunden dauern, muss ein Unternehmen dafür 200€+ aufrufen, auch wenn ein 20ct Bauteil das Problem war.

    (Fremde) Zeit ist der teuerste Rohstoff. Wer statt TV gucken sich aber selbst in der Freizeit etwas repariert, kann sehr viel Geld sparen.

  • In D ist ein funktionsunfähiges Elektrogerät automatisch Abfall. Oder gilt eine Reparatur jetzt als Abfallvermeidung?



    Es ist ja nicht erlaubt ein defektes Gerät weiter zu verkaufen, zu reparieren und wieder zu verkaufen. Und das ist ja so gewollt.



    Als Reminiszenz an die Hersteller.



    Zum Schaden des Handwerks und der Umwelt

    • @Bolzkopf:

      Wer sagt dass denn, bzw. in welcher Verordnung sollte das geregelt sein?



      Ich kann doch reparierte bzw. generalüberholte Geräte bei Händlern und von privat kaufen und auch defekte Geräte zur Eigenreparatur kaufen, wie auch verkaufen.

      • @Axel Schäfer:

        Kreislaufwirtschaftsgesetz §3



        Elektrogerätegesetz §3

        Diese Regelung soll angeblich vermeinden, dass Elektroschrott unter dem Deckmäntelchen der Reparierbarkeit in großem Stil verschoben wird.



        Tatsächlich aber macht es gewerbliche Reparaturen unmöglich.



        Ausgenommen der Kunde gibt das Gerät zu Reparatur ab und holt es auch wieder ab.



        D.h. ein defektes Gerät ankaufen, reparieren und verkaufen ist verboten.



        (Also auch das Prinzip "Austauschgerät Alt gegen Alt")

  • Für engagierte Bastler und Handwerker vielleicht eine Lösung, wenn aber Fehlersuche, Ersatzteil und Einbau fast so viel kosten wie eine neue Maschine entscheide ich mich doch für die neue Maschine mit einer besseren Energieklasse.

    • @Lars Sommer:

      Das mag vor der Energiewende gestimmt haben. Aber heute sind keine weltbewegenden Sprünge bei der Effizienzsteigerung mehr zu erwarten.

      Hinzu kommt, dass gerade bei "weißer Ware" bereits für die Herstellung mehr Energie aufgewendet wird wie für die spätere Lebensdauer.