Reaktionen zum Krieg in der Ukraine: „Dunkler Tag für Europa“
Westliche Regierungen verurteilen den Angriff auf die Ukraine. Der UN-Generalsekretär fordert ein Ende der Attacken. Die EU kündigt „härteste Sanktionen“ an.
Die EU wird nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratschef Charles Michel umgehend ein neues Sanktionspaket gegen Russland beschließen. Dieses werde „massive und schwerwiegende Folgen“ für das Land haben, teilten Michel und von der Leyen am Donnerstag gemeinsam mit. Ein für den Abend geplanter Krisengipfel solle darüber beraten. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell sprach von dem härtesten Sanktionspaket, das die EU je erwogen habe.
Auch die britische Regierung will noch am Donnerstag neue Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine schnüren. „Dies wird das größte und schwerste Paket an Wirtschaftssanktionen sein, das Russland je gesehen hat“, sagt Außenstaatssekretär James Cleverly in der BBC. „Es wird eine beispiellose Reihe von Strafmaßnahmen, mit denen wir heute beginnen werden. Aber wir werden in den kommenden Tagen auch weitere Sanktionen ankündigen.“
Die baltischen Staaten fordern derweil, dass Russland vom Zahlungssystem Swift abgeschnitten wird. Außerdem müsse die Ukraine mit Waffen und Munition versorgt werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister von Estland, Lettland und Litauen.
Biden: „Die Welt wird Russland zur Rechenschaft ziehen“
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat ein sofortiges Ende der russischen Angriffe auf die Ukraine verlangt. „Frankreich verurteilt entschieden die Entscheidung Russlands, Krieg gegen die Ukraine zu führen“, erklärte Macron am Donnerstag im Onlinedienst Twitter. Er rief Moskau auf, „seine Militäroperationen sofort zu beenden“.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief Putin auf, die Angriffe einzustellen und dem Frieden eine Chance zu geben. US-Präsident Joe Biden kündigte eine „gemeinsame und entschiedene Reaktion auf die ungerechtfertigte Attacke des russischen Militärs“ an. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg berief ein Treffen der Verteidigungsallianz ein. „Die Nato-Verbündeten werden zusammenkommen, um die Folgen der aggressiven Handlungen Russlands zu erörtern“, erklärte er in Brüssel. „Die Nato wird alles tun, was nötig ist, um alle Verbündeten zu schützen und zu verteidigen.“
US-Präsident Joe Biden verurteilt in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimyr Selenski den „unprovozierten und ungerechtfertigten Angriff“ durch Russland. Die G7 und die US-Verbündeten würden ernsthafte Sanktionen gegen Russland verhängen. Die USA würden weiterhin die Ukraine und die dortige Bevölkerung unterstützen.
„Die Welt wird Russland zur Rechenschaft ziehen“, sagt Biden. „Präsident Putin hat sich vorsätzlich für eine Krieg entschieden, der katastrophale Todesfälle und menschliches Leid bringen wird. Russland alleine ist für den Tod und die Zerstörung, die dieser Angriff bringen wird, verantwortlich.“
Israel verurteilt russische Invasion
Auch Israel hat den russischen Einmarsch in die Ukraine scharf kritisiert. „Der russische Angriff auf die Ukraine ist eine ernste Verletzung der internationalen Ordnung“, erklärte Außenminister Jair Lapid am Donnerstag. Der ukrainischen Bevölkerung sagte Lapid humanitäre Unterstützung zu. Er betonte weiter, dass Israel „tiefe, beständige und gute Beziehungen“ sowohl zu Russland und der Ukraine pflege. In beiden Ländern lebten „hunderttausende Juden“, deren Sicherheit in den israelischen Erwägungen an oberster Stelle stehe.
Als „schweren Schlag für den Frieden und die Stabilität in der Region“ kritisierte auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die russische Invasion in der Ukraine. „Wir lehnen Russlands Militäreinsatz ab“, sagte Erdogan in einer vom Fernsehen übertragenen Rede.
Zuvor hatte bereits das Außenministerium in Ankara den russischen Angriff auf das Nachbarland als „inakzeptabel“ gebrandmarkt und Moskau aufgefordert, die „ungerechtfertigte und unrechtmäßige“ Invasion zu stoppen.
Der britische Premierminister Boris Johnson zeigt sich „entsetzt über die schrecklichen Ereignisse in der Ukraine“. Er habe mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj über die nächsten Schritte gesprochen, schreibt er auf Twitter. „Präsident Putin hat sich für den Weg des Blutvergießens und der Zerstörung entschieden.“
Auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez hat den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt. „Die spanische Regierung verurteilt die russische Aggression gegen die Ukraine und erklärt sich mit der ukrainischen Regierung und dem ukrainischen Volk solidarisch“, schrieb der sozialistische Politiker am Donnerstag auf Twitter.
Bundesregierung erklärt sich solidarisch mit der Ukraine
Bundeskanzler Olaf Scholz telefonierte am Morgen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimyr Selenskj. In dem Telefonat sicherte er Selenski „die volle Solidarität Deutschlands in dieser schweren Stunde“ zu, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit anschließend mitteilte.
In seiner Erklärung forderte Scholz: „Russland muss diese Militäraktion sofort einstellen.“ Er kündigte für Donnerstag eine enge Abstimmung innerhalb der G7, der Nato und der EU an. Der Bundeskanzler sprach von einem „rücksichtslosen Akt“ von Russlands Präsident Wladimir Putin.
Außenministerin Annalena Baerbock hat nach dem russischen Angriff auf die Ukraine harte zusätzliche Sanktionen gegen Russland angekündigt. „Wir werden das volle Paket mit massivsten Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen“, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag in Berlin nach einer Sitzung des Krisenstabes im Auswärtigen Amt. Dazu werde sich Deutschland international mit der Europäischen Union, der Nato sowie den stärksten Wirtschaftsmächten im G7-Format abstimmen.
Baerbock, die sich in ihrem Statement im Auswärtigen Amt direkt an die Bürger wandte, kündigte an, die Bundesregierung werde die deutsche Sicherheit und die Bündnispartner stärken. Was dies genau bedeutet, ließ die Ministerin zunächst offen. Man sei fassungslos, aber nicht hilflos, sagte Baerbock. Man habe sich auf die Ereignisse vorbereitet und werde nun gemeinsam mit Partnern und Alliierten vorgehen. Dabei werde man sich „jeden Meter mit unseren Freundinnen und Freunden in der Ukraine abstimmen“.
Zugleich stellte die Ministerin die Deutschen darauf ein, dass der Krieg in der Ukraine auch auf die Bundesrepublik Auswirkungen haben werde. „Dieser Krieg in unserer direkten Nachbarschaft wird auch für uns in Deutschland Folgen haben“, sagte Baerbock. Sie wies auf steigende Preise und fallende Aktienmärkte hin. „Wir haben uns diese Situation nicht ausgesucht. Wir können, aber wir wollen auch nicht ihr aus dem Weg gehen.“ Die europäische Friedensordnung der vergangenen Jahrzehnte sei die Grundlage für das Leben in Wohlstand und in Frieden. „Wenn wir jetzt nicht entschlossen dafür eintreten, werden wir einen noch höheren Preis bezahlen.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zeigt sich entsetzt über den russischen Angriff auf die Ukraine. „Nun ist das Unfassbare geschehen. Russland greift die Ukraine an“, sagte der Vizekanzler. „Wir haben einen Landkrieg in Europa, von dem wir dachten, er sei nur noch in Geschichtsbüchern zu finden. Es ist ein schamloser Bruch des Völkerrechts, wir verurteilen ihn auf das Schärfste.“
Habeck (Grüne) kündigte weitere Sanktionen gegen Russland an. Dazu werde es ein konzertiertes Vorgehen der USA und der europäischen Staaten geben, sagte Habeck am Donnerstag im ZDF-“Morgenmagazin. „Wir werden sehr schnell sehen, dass wir Wirtschaftssanktionen gemeinsam verhängen.“
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat eine harte Reaktion des Westens gegen Russland angekündigt. Der Angriff auf die Ukraine sei „ein Alptraum“, twittert der FDP-Politiker. „Putin hat sich als Lügner entlarvt.“ Gemeinsam mit den Partnern aus EU, Nato und G7 sei man solidarisch mit der Ukraine. „Der Kreml wird harte #Sanktionen erfahren“, schreibt Lindner.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“