Reaktionen auf Fackelmarsch in Sachsen: „In Art und Auftritt faschistoid“

Zahlreiche Po­li­ti­ke­r:in­nen zeigen Solidarität mit Sachsens Gesundheitsministerin Köpping (SPD). Vor ihrem Haus waren rechtsextreme Coronaleugner aufgezogen.

Die Ministerin mit einer Schutzmaske

Vorn Rechtsextremen bedroht: Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) Foto: dpa

GRIMMA/BERLIN epd | Der Fackelaufmarsch mutmaßlich rechtsextremer Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) hat parteiübergreifend Empörung ausgelöst. Der scheidende SPD-Chef Norbert Walter-Borjans nannte den Aufmarsch vom Freitagabend im Kurznachrichtendienst Twitter „in Art und Auftritt faschistoid“. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach in der „Bild am Sonntag“ von „organisierter Einschüchterung einer staatlichen Repräsentantin“, die ihn an „dunkelste Kapitel“ deutscher Geschichte erinnere.

Bei Grimma, südöstlich von Leipzig, waren am Freitagabend rund 30 Personen mit Fackeln vor das Haus von Köpping gezogen. Nach den Worten einer Polizeisprecherin riefen die Teilnehmer, pfiffen und führten Plakate mit sich. Auf Twitter bezogen sich die „Freien Sachsen“ auf die Aktion. Die „Freien Sachsen“ werden vom Verfassungsschutz als rechtsextremistische und verfassungsfeindliche Bestrebung eingestuft.

Bei Eintreffen der Polizei seien die Teilnehmer geflüchtet. Laut Polizei war die Ministerin während des Fackelaufmarsches zu Hause. Die Polizei konnte einen Teil der Flüchtigen stellen und 15 Fahrzeuge stoppen. Insgesamt 25 Identitäten seien festgestellt worden, sagte eine Sprecherin.

Ermittelt werde wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung. Eventuelle weitere rechtliche Verstöße würden geprüft, der Polizeiliche Staatsschutz sei eingeschaltet.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas twitterte, der Aufmarsch vor dem Privathaus von Köpping habe „nichts mit Meinungsfreiheit zu tun“: „Das war ein Einschüchterungsversuch, den wir nicht zulassen dürfen.“ Die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) sprach auf Twitter von einem „absoluten Tabubruch“.

SPD-Chefin Saskia Esken bekundete volle Solidarität mit ihrer sächsischen Parteigenossin: „Auch wenn die paar Hansel da versuchen, Angst und Schrecken zu verbreiten: die Vernunftbegabten und Verantwortungsbereiten sind die große Mehrheit, und die steht an Deiner Seite!“, twitterte Esken.

Auch Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) versicherte seiner Kabinettskollegin auf Twitter volle Unterstützung und Solidarität. Vor seinem Wohnhaus in Ostsachsen hatte es in der Vergangenheit ähnliche Vorfälle gegeben. Linken-Innenexperte André Hahn beklagte im Deutschlandfunk, im Freistaat seien viel zu lange Aktivitäten von Corona-Leugnern, sogenannten Querdenkern und Impfgegnern bagatellisiert worden.

Kritik richtete sich auch gegen den sächsischen Innenminister Roland Wöller (CDU). Er müsse endlich aufwachen und seine Kolleginnen und Kollegen schützen, verlangte etwa die sächsische Linke. Die Jungliberalen im Freistaat forderten seine Entlassung.

Sachsen hatte laut Robert Koch-Institut am Sonntag erneut mit 1.227 Fällen je 100.000 Einwohnern die höchste Sieben-Tage-Inzidenz aller Bundesländer. Auch die drei Landkreise mit den höchsten Inzidenzwerten lagen in Sachsen, an der Spitze Mittelsachsen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 2.208,5.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.