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Reaktionen auf CSU-Deutschgebot„Privat bleibt privat“

Ausländer sollen zu Hause Deutsch sprechen, heißt es in einem Entwurf für einen Leitantrag der CSU. In der Union distanziert man sich vorsichtig.

Parteichef Horst Seehofer kündigte an, die umstrittene Passage noch einmal im Detail zu prüfen. Bild: dpa

STUTTGART/BERLIN dpa | Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl hält nichts von der Forderung der Schwesterpartei CSU, wonach Zuwanderer auch zu Hause Deutsch sprechen sollen. „Mein Verständnis von christdemokratischer Politik ist, dass wir uns zu dem, was in den vier Wänden einer Familie passiert, in äußerster Zurückhaltung üben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Privat bleibt privat.“ Zugleich machte Strobl klar, dass seiner Meinung nach jedes Kind, das in die Grundschule kommt, ausreichend deutsche Sprachkenntnisse haben müsse. „Hier müssen die Eltern ihrer Verantwortung gerecht werden.“

In einem Entwurf für einen Leitantrag zum CSU-Parteitag am Wochenende heißt es: „Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen.“ Der CSU-Vorstand will an diesem Montag über die Leitanträge beraten.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der Passauer Neuen Presse (Montag): „In dem Antrag der CSU geht es erkennbar nicht um die Einführung einer Rechtspflicht, zu Hause Deutsch zu sprechen, das entscheidet ohnehin jede Familie individuell. Sondern um die Betonung der Bedeutung von Sprachkenntnissen für eine erfolgreiche Integration, insbesondere von Kindern.“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn sagte der Zeitung: „Von staatlicher Sprachkontrolle zu Hause halte ich nichts. Es schadet nicht, wenn Kinder zweisprachig aufwachsen.“ Parteichef Horst Seehofer kündigte im Münchner Merkur (Montag) an, die umstrittene Passage noch einmal im Detail zu prüfen.

Bitte geschlossen präsentieren

Unionsfraktionschef Volker Kauder hat die CDU aufgefordert, sich auf ihrem Bundesparteitag in Köln geschlossen und zukunftsorientiert zu präsentieren. „Wir brauchen zwei starke Signale: Erstens: Die CDU steht geschlossen hinter Angela Merkel und ihrem Kurs. Zweitens: Wir kümmern uns um Innovation und Wachstum“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Deutschland müsse als Wirtschaftsstandort gestärkt werden, und davon müssten alle Bürger profitieren.

Der Parteitag findet am Dienstag und Mittwoch in Köln statt. Merkel soll am Dienstag zum achten Mal in Folge zur CDU-Chefin gewählt werden. Auf die Frage, wie lange die Bundeskanzlerin ihre Ämter seiner Ansicht noch ausüben wolle, antwortete Kauder: „Ich erlebe täglich eine kraftvolle Bundeskanzlerin, die mit großer Dynamik ihre Aufgaben erfüllt und weit in die Zukunft blickt.“

Größtes Streitthema vor dem Parteitag in Köln ist der Abbau der kalten Progression. Die Parteispitze lehnt Forderungen zahlreicher CDU-Verbände ab, noch in dieser Legislaturperiode eine Steuerbremse einzuführen, um den Effekt der kalten Progression abzumildern. Sie entsteht, wenn Lohnzuwächse nur die Inflationsrate ausgleichen, die Arbeitnehmer aber in einen höheren Einkommensteuertarif rutschen und ihre Kaufkraft so sinkt.

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11 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Hochdeutsch sprechen die Bayern, die Schwaben, die Badener usw. ja bereits schon, da dies hochdeutsche Dialekte sind. Nur Schriftdeutsch sprechen diese seltener, aber das tut in Deutschland ohnehin niemand zu 100-Prozent im Alltag.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Nicht nur im privaten Raum, auch in der Öffentlichkeit darf ich in der Sprache kommunizieren in der ich will bzw. in der es sich halt gerade so ergibt bzw. die eben gerade erforderlich ist. Das verbriefen Grundgesetz, internationale Menschenrechte sowie diverse binationale Verträge. Nur bei den öffentlichen Behörden muss ich die Amtsprache Deutsch (ggf. noch die anerkannten Minderheitensprachen) anwenden.

  • Dass Zuwanderer zuhause nur deutsch sprechen sollen, ist genauso absurd wie die Forderung, dass die Bayern zuhause nur hochdeutsch - und eben kein bayrisch - sprechen sollen.

     

    Als Grundlage der Menschenrechte gilt die „Goldene Regel“ von Konfuzius (500 Jahre vor unserer Zeitrechnung): „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg' auch keinem andern zu!“

  • Schon klar! War alles gar nicht so gemeint und man hatte natürlich nur das Wohl der "Ausländer" im Sinn. Die CSU rudert jetzt erstmal zurück, um später mit viel mehr Anlauf vorpreschen zu können. Bei der Gelegenheit werden dann vermutlich auch gleich fremdsprachige Sendungen auf bayrischem Hoheitsgebiet verboten. Dahoam is dahoam!

  • „Ich erlebe täglich eine kraftvolle Bundeskanzlerin, die mit großer Dynamik ihre Aufgaben erfüllt und weit in die Zukunft blickt.“

     

    Ich übersetze mal den Politikersprech:

     

    Es könnte in letzter Zeit der Eindruck entstanden sein, dass Angela Merkel verzagt wirkt, langsam und entscheidungsschwach ist und nur von Tag zu Tag denkt, deshalb behaupten wir vorsorglich einfach mal das Gegenteil... hoffentlich hilfts...

  • Das größte Streitthema ist also der Abbau der kalten Progression? Fast reif für einen Lachanfall. Das tehma ist allen Parteien so wichtig, dass sie seit Jarhzehnten keine Abhilfe schaffen, weil ihnen sonst das schöne Thema abhanden kommt.

     

    Und stattdessen ist das Deutschgebot in Familien jetzt auch schon offiziell vom Tisch? Schade. Mich hätte interessiert, was die CSU Kindern geboten hätte, die ihre Eltern verpetzen. Dürfen die Kinder eignetlich nach Ansicht der Bayern noch die Muttersprache ihrer Eltern lernen? Wird denn die Zahl der heiß begehrten Deutschkurse für Ausländer in Bayern mal aufgestockt?

     

    Oder sind mal wieder die sogenannten Ausländer nur eine Negativschlagzeile wert und keine ehrliche und ernsthafte Politik mit den dafür erforderlichen Geldmitteln?

  • hmmmmmmmm, dass verstehe ich nicht - wie kann jemand der kein Deutsch sondern Bayerisch spricht so eine Forderung aufstellen? Ich hab da 10 Jahre gelebt und immer nur die Hälfte verstanden.

    • @Togijak:

      Ging mir während meiner (zum Glück nicht allzu langen) Zeit auf der Schwäbischen Alb aber auch so. Und die Schwaben sind sogar noch stolz darauf: "Wir können alles, außer Hochdeutsch"...

      • 4G
        4845 (Profil gelöscht)
        @Der_Peter:

        Genau. I be stolz drauf. I ka schwäbisch, ich ka schriftdeitsch, i ka polnisch und i ka englisch no dr zua. Ond i schwätz dia Sproch noch dr mir grad isch. Ond wenn du mir bled komsch, dann eisch reacht!

      • @Der_Peter:

        a komm jez stell de ned so oa!

        • 4G
          4845 (Profil gelöscht)
          @Grisch:

          Ha der Sempl isch halt et grad a Käpsale, weil 'r halt bloß noch dr Schrift ka...