Razzia in Saint-Denis: Die Jagd auf den Terror-Drahtzieher

Die Polizei hatte Hinweise, dass sich der gesuchte Anschlags-Koordinator Abaaoud in einer Pariser Wohung aufhält. Beim Polizeieinsatz gab es zwei Tote.

Spezialeinheiten vor verschlossenen Geschäften

Die Razzia in Saint-Denis dauerte sieben Stunden lang. Foto: reuters

SAINT-DENIS dpa | Bei einem siebenstündigen Polizeieinsatz gegen Komplizen der Attentäter von Paris sind zwei Verdächtige ums Leben gekommen. Eine Frau sprengte sich in die Luft, als Spezialkräfte eine Wohnung in Saint-Denis nördlich von Paris stürmten. Ein weiterer Mann sei von Schüssen und Granaten tödlich verletzt worden, sagte Staatsanwalt François Molins am Mittwoch. Die Polizei hatte demnach Hinweise, dass sich der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge von Paris, Abdelhamid Abaaoud, sich in der Wohnung aufhalten könnte.

Sieben Personen wurden festgenommen, darunter ein Mann, der die Wohnung als Unterkunft zur Verfügung gestellt hatte, sowie eine seiner Bekannten. Die Identität der mutmaßlichen Terroristen war zunächst noch nicht geklärt.

Fünf Mitglieder einer Spezialeinheit wurden bei dem Einsatz leicht verletzt, wie die Polizei mitteilte.

Der Zugriff hatte gegen 4.30 Uhr begonnen dauerte rund sieben Stunden. Zwischenzeitlich waren Explosionen zu hören, außerdem fielen viele Schüsse.

Ununterbrochener Schusswechsel

Währenddessen saßen nach Einschätzung 15 000 bis 20 000 Anwohner in ihren Wohnungen fest, wie der Beigeordnete Bürgermeister Stéphane Peu der Zeitung Le Parisien sagte. Er berichtete von einem fast ununterbrochenen Schusswechsel, der eineinviertel Stunde gedauert habe. Etwa 15 Menschen, darunter Kinder, seien aus dem gestürmten Gebäude in Sicherheit gebracht worden. „Es gibt keine Verletzten unter den Bewohnern“, sagte Peu.

Der Zugriff richtete sich gegen den Islamisten Abaaoud, der als Drahtzieher der Anschläge vom Freitag mit 129 Todesopfern gesucht wird. Der 28-Jährige ist der meistgesuchte Islamist Belgiens. Er hat marokkanische Wurzeln und lebte früher in der Brüsseler Islamistenhochburg Molenbeek, zuletzt soll er sich in Syrien aufgehalten und für den IS gekämpft haben. Ob Abaaoud der Polizei ins Netz ging, war zunächst aber unklar.

Die Polizei fahndet außerdem international nach dem 26-jährigen Franzosen Salah Abdeslam, den die französischen Ermittler für einen der Attentäter halten. Außerdem könnte nach Informationen aus Ermittlerkreisen möglicherweise noch ein weiterer Terrorist entkommen sein.

Die Nachrichtenagentur AFP berichtete, dass die Polizei auch den angeblichen Mieter der gestürmten Wohnung festgenommen hat. Der Mann gab im Gespräch mit Journalisten an, zwei Personen beherbergt zu haben, die aus Belgien gekommen seien. Noch während der Anti-Terror-Aktion rief Präsident François Hollande das Sicherheitskabinett zu Beratungen zusammen.

Luftangriffe auf Al-Rakka

Auch in Syrien geht Frankreich weiter massiv gegen die Terrormiliz Islamischer Staat vor, die sich in einer nicht verifizierten Mitteilung zu dem Anschlag am Freitag mit 129 Todesopfern bekannt hatte.

Bei Luftangriffen französischer Jets und Flugzeugen anderer Nationen auf die nordsyrische IS-Hochburg Al-Rakka wurden in den vergangenen drei Tagen mindestens 33 Extremisten getötet. Zudem gebe es Informationen über weitere Opfer, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Frankreichs Luftwaffe hatte nach der Terrorserie in Paris in den vergangenen Tagen massive Luftangriffe auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Al-Rakka und im Umland der Stadt geflogen. Dutzende Familien hochrangiger IS-Anführer seien wegen der Angriffe aus Al-Rakka gebracht worden, erklärte die Beobachtungsstelle weiter.

In Zusammenarbeit mit den USA will die Türkei nun auch die rund 100 verbleibenden Kilometer der Grenze zum Nachbarland Syrien schließen, wie US-Außenminister John Kerry auf CNN sagte. Es geht um einen Abschnitt im Nordwesten, der auf syrischer Seite unter Kontrolle der IS-Terrormiliz steht. Die Extremisten nutzen ihn als Nachschubroute.

Zwei Flugzeuge der französischen Fluggesellschaft Air France wurden nach anonymen Drohungen auf Flügen von den USA nach Paris umgeleitet. Eine Maschine sei in Los Angeles gestartet und auf dem Weg nach Paris auf einen Flughafen in Salt Lake City im US-Staat Utah gelotst worden, teilte der Flughafen mit. Eine zweite Maschine mit 298 Menschen an Bord war von Washington nach Paris aufgebrochen, musste aber im kanadischen Halifax wieder landen. Beide Maschinen landeten sicher, die Passagiere konnten die Flugzeuge unverletzt verlassen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.