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DIE VERFASSUNGSRICHTER MILDERN ENDLICH REPRESSION GEGEN KIFFER ABRauschfreie Fahrt

„Die Jugend ist für die Aufhebung des Cannabisverbotes“ (Christian Ströbele) und macht sich auf Seiten wie „Bekifft-Ficken.de“ (FDP-Jugend Schleswig-Holstein) für ihr Anliegen stark. Bekifft Autofahren dagegen ist nicht so gut – auch wenn eine kürzlich in Buchform veröffentlichte Studie der Uni Würzburg ergeben hat, dass der akute Konsum von Cannabis allein das Fahrverhalten nicht verändert. Bislang konnte bei Personen, die mit Cannabisprodukten erwischt wurden, jedenfalls der Führerschein entzogen und eine selbst zu bezahlende medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden. Dabei war es egal, wo die unbekifften Kiffer angetroffen wurden. Eine Regelung, die gleichbedeutend damit ist, einem Menschen den Führerschein abzunehmen, weil er im Kofferraum eine Kiste Bier transportiert.

Gelegentliches Haschrauchen sei kein Grund, einem Verkehrsteilnehmer den Führerschein zu entziehen, urteilte nun – passend zur Love Parade – das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und gab einem Mann Recht, bei dem die Polizei fünf Gramm Hasch gefunden, aber keinerlei Hinweis auf Fahren unter Drogeneinfluss festgestellt hatte.

Ein Schritt in die richtige Richtung, der die absurden Widersprüche in der Drogenrechtsprechung zumindest teilweise einebnet und die Repression abmildert, die vom Strafrecht ins Verkehrsrecht gewandert war. Weitere Schritte müssen folgen. Es bleibt ein Skandal, dass die seit Jahren angekündigte Festlegung bundesweiter Einheitsmengen von Cannabis, unter denen Verfahren eingestellt werden, immer noch aussteht; es ist außerdem nicht einzusehen, dass immer noch Steuergelder dafür verschleudert werden, immer mehr Verfahren bei kleinsten Mengen von Hasch zu eröffnen, wenn die Verfahren ohnehin größtenteils wieder eingestellt werden.

Gefährlicher als Cannabis besitzende Autofahrer scheinen ohnehin eher „liebestolle Rehe“ zu sein, die zur Zeit hormonberauscht und unbedacht am hellichten Tag gern stark befahrene Straßen überqueren, wie der „Deutsche Jagdschutzverband“ am Freitag bekannt gab. DETLEF KUHLBRODT

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